Succubus on Top
bloß Zuschauerin. «Du musst nach Hause. Sofort. Andernfalls lasse ich dich rauswerfen.»
Natürlich hatte ich keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte. Und im Augenblick war ich fast selbst entsetzt darüber, dass ich es auf eine solche Machtprobe ankommen ließ. Mein Herz raste. Wir standen dicht voreinander und setzten unsere jeweiligen Willenskräfte gegeneinander ein. Er war einen halben Kopf größer als ich und kräftiger gebaut, aber Gewaltanwendung seinerseits stand nicht zu befürchten. Allerdings war sein körperliches Erscheinungsbild ebenso einschüchternd und Angst erregend wie der psychische Druck, der von ihm ausging. Trotzdem hielt ich die Stellung und zeigte mich herrisch und entschlossen.
Schließlich gab er nach und löste den Blickkontakt. Er zuckte mit den Schultern und grinste die Zuschauer dümmlich an, als ob er ihnen gerade einen Witz erzählt hätte. «Natürlich. Wie du willst. Mir egal, ich kann sowieso einen freien Tag gut brauchen.»
Wieder sah er sich um, blasiert und trotzig, als ob er den Sieg errungen hätte. Nach einem weiteren Blick über die Menge stolzierte er lachend hinaus.
Danach wagte niemand zu sprechen oder zu atmen. Ich richtete mich auf, als ob auch für mich nichts weiter gewesen wäre, schritt zielstrebig davon und sagte im Vorübergehen zu Beth: «Gehst du jetzt bitte an den Infoschalter?»
Ich ging nach oben ins Café und ließ mir einen Mocha machen. Mit zittrigen Händen nahm ich ihn entgegen, drehte mich um und sah Seth vor mir stehen. Heute trug er ein Ratt-T-Shirt.
«Thetis», sagte er leise.
Er folgte mir zu einem der Fenster hinüber. Draußen auf der Queen Anne wimmelte es von Autos und Passanten. Ich sah sie, ohne sie zu sehen. Seth stellte sich hinter mich, seine Gegenwart war beruhigend und tröstlich. Er wartete darauf, mich aufzufangen, obwohl ich mich gerade im Augenblick noch weigerte zu fallen. Deswegen, so begriff ich, wollte ich bei ihm sein, sexuelle Missgeschicke hin oder her.
«Vermutlich hast du alles mitbekommen.»
«Ja», erwiderte er. «Das hast du gut gelöst.»
«Ich wollte es überhaupt nicht lösen.»
«Jemand musste es tun.» Er berührte mich sanft am Arm. «Du kannst manchmal ganz schön temperamentvoll sein.»
Nach wie vor benommen schüttelte ich den Kopf. «Ich wollte auch nicht temperamentvoll sein.»
«Georgina. Sieh mich an!»
Ich drehte mich um und tat es. Diese wunderbaren Augen waren sanft und voller Liebe, trotzdem steckte auch Stärke darin.
«Du hast das Richtige getan.» Er ließ die Hände auf meinen Armen ruhen und streichelte mir mit den Daumen über die bloße Haut. «Du hast das Richtige getan.»
«Er ist mein Freund.»
«Das ist gleichgültig.»
«Was stimmt mit ihm nicht, Seth? Was ist bloß in ihn gefahren?»
«Ist das nicht offensichtlich?»
«Für mich nicht.»
Er lächelte wehmütig. «Dasselbe, weswegen du gestern Nacht eine Tüte mit Taco-Bell-Futter in dich hineingeschlungen hast.»
«Was? Gras kann nicht Ursache dafür sein. Für sein Benehmen, meine ich damit. Nicht dieses Taco-Bell-Futter.»
«Nein», stimmte er zu. «Gras nicht, aber er war offensichtlich auf was anderem.»
Nachdenklich wandte ich mich wieder der Aussicht zu. Ich rief mir Dougs ununterbrochene Vitalität ins Gedächtnis zurück, diese fieberglänzenden Augen. Ja, das passte, und es war traurig. Ich hatte nie erlebt, dass er mit etwas Härterem als Alkohol oder Marihuana herumprobiert hätte. Trotzdem… in letzter Zeit war etwas mehr an seiner Ausgelassenheit. Eine Droge konnte einen nicht zum Meister im Tetris machen oder ein ganzes Album voller guter Songs in weniger als einem Monat hervorbringen lassen.
«Dann weiß ich nicht, was es sein könnte. Ich habe früher fast alles ausprobiert», gab ich verlegen zu. Unsterblichkeit erlaubte Experimentieren ohne die gefährlichen Konsequenzen, denen sich Sterbliche ausgesetzt sahen. «Aber ich habe nicht genug ausprobiert, um wirklich alles identifizieren zu können. Was meinst du? Amphetamine?»
«Ich weiß es auch nicht, wirklich.»
Ich rieb mir die Schläfen und spürte den ersten Anflug von gemeinen Kopfschmerzen. Im Moment wollte ich nichts lieber, als nach Hause zu gehen und auf dem Sofa rumzuhängen, Seth auf der einen, Aubrey auf der anderen Seite, dazu einen Teller mit Brownies auf dem Schoß. Leider unmöglich.
«Ich muss wieder da runter. Uns fehlen jetzt zwei Leute. Ich werde wieder mal bis zum Schließen bleiben.»
«Soll ich nach der Arbeit zu dir
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