Suchanek, Andreas - Heliosphere 2265 - Band 3: Enthüllungen
Schiff hat den Vektor geändert und dringt soeben in die planetare Ionosphäre ein."
"Diese Dreckskerle wollen den Planeten aus der Atmosphäre beschießen", sagte Ishida aufgebracht.
"Aber das hätten sie mit kinetischen Geschossen aus dem Orbit leichter haben können." Jayden überlegte fieberhaft, was sie tun konnten, um den Raumer aufzuhalten. Das Verhalten der Fremden ergab überhaupt keinen Sinn.
"Sir." Nurakow schüttelte den Kopf. "Die Geschwindigkeit des Raumschiffs ist für einen Atmosphärenflug viel zu hoch."
"Aber was ...?" Jayden wurde eisig kalt, als er begriff. "Die rammen Pearl!"
"Das Schiff emittiert mittlerweile ein Vielfaches der zuvor angemessenen Gammastrahlung", sagte Nurakow leise.
Obwohl die HYPERION noch immer unter Dauerbeschuss lag, starrte Jayden mit aufgerissenen Augen auf die Taktikanzeige. Irgendjemand schaltete die Aufnahme eines Satelliten zu, worauf jedes Gefühl aus seinen Gliedern wich. Der feindliche Raumer flog in einem steilen Vektor durch die Atmosphäre, der jedes Schiff der Space Navy längst auseinandergerissen hätte. Auf seinem Flug feuerte er mit Laserstrahlen auf die Oberfläche und ließ Torpedos herabregnen, deren Explosionen bis in den Orbit zu sehen waren. Die Satellitenaufnahmen zeigten tiefe Krater und glutflüssige Lavafontänen, die aus klaffenden Wunden im Boden an die Oberfläche drängten.
Ein Lichtblitz leuchtete auf. Die Taktikanzeige blinkte grellrot, als die Strahlenwerte in die Höhe schnellten. Gleichzeitig stieg ein gewaltiger Pilz bis hinauf in die Atmosphäre und ein elektromagnetischer Impuls breitete sich aus.
Jayden kam die Meldung seiner I.O. in den Sinn. Dort unten befanden sich Doktor Tauser, Doktor Petrova, zehn Offiziere der Schadenskontrolle, sieben Techniker, fünf Sicherheitskräfte, acht Marines und neun Wissenschaftler. Er hatte keinen Überblick darüber, wer sich wo aufhielt, doch allein der Beschuss und der nachfolgende Absturz des Schiffes mussten tausende Leben gekostet haben. Die Radioaktivität würde sich nun durch die Atmosphäre ausbreiten; es folgte ein nuklearer Winter, es entstanden Stürme, die den Planeten in eine Todeszone verwandelten. Sie mussten die Überlebenden evakuieren.
"Der feindliche Raumer hat uns passiert und fliegt in einer elliptischen Kurve wieder auf uns zu", sagte Nurakow.
"Ich rotiere das Schiff erneut." Lieutenant Task handelte, noch während er sprach.
Als Jayden auf den Chronometer blickte verließ ihn der Mut. Bis zum Eintreffen von Fitzgeralds Entsatz-Flotte verging noch fast eine Stunde. Das konnten sie nicht durchhalten.
"Wir befinden uns in fünfzehn Minuten wieder in Raketenreichweite des Feindes", sagte Akoskin. Er blickte mit gerunzelter Stirn auf seine Konsole.
Bevor Jayden nachhacken konnte, meldete sich Lieutenant McCall. "Sir, ich orte einen Phasenfunk-Port."
"Ich bestätige das Auftauchen einer weiteren Signatur", sagte Nurakow, dessen vollständige Ortung wohl etwas länger gedauert hatte. "Es handelt sich um ein orbitales Verteidigungsfort." Mit einem Mal klang seine Stimme wieder energiegeladen und euphorisch. "Es hat sich - wie alle anderen auch - durch das Signal des Feindes deaktiviert!"
"Zugriff über den Port wäre theoretisch möglich", sagte McCall. "Die Fremden haben die Sicherheitssperren aufgehoben, um die Forts zu deaktivieren. Das könnten wir normalerweise ausnutzen."
Jayden atmete erleichtert auf. "Reaktivieren Sie das Ding und richten Sie es auf den Raumer aus."
"Das geht nicht, Sir." die Kommunikationsoffizierin sackte förmlich über ihrer Konsole zusammen. "Der letzte Torpedo hat unser Phasenfunk-Modul beschädigt, ebenso das Backup-System. Wir können keine Verbindung etablieren."
Neben ihm schlug Ishida wütend mit den geballten Fäusten auf die Armlehnen ihres Konturensessels. "Was ist mit Unterlichtfunk? Gerichtete Laser?"
"Die stehen uns noch zur Verfügung, das Fort besitzt jedoch keine entsprechende Vorrichtung. Man ging wohl davon aus, dass eine Phasenverbindung ausreichend ist."
"Das darf doch nicht wahr sein", sagte Jayden tonlos.
Dort, in direkter Reichweite, schwebte die geballte Feuerkraft von sechshundert Torpedos in der Minute; doch sie war unerreichbar.
"Gefechtsdistanz in fünf Minuten erreicht", sagte Akoskin.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß", murmelte Jayden.
Auf dem Taktik-Screen näherte sich der Raumer.
*
Captain Ivo Coen musste hilflos mit ansehen, wie seine Schiffe den feindlichen Torpedos zum Opfer fielen.
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