Suche nicht die Suende
klopfen, einen kurzen Morsecode, für dessen Dechiffrierung er einen Arm hergegeben hätte. Ihr üppiger Mund war zu einem dünnen Strich zusammengepresst.
Der Pfarrer begann zu sprechen.
Gwen Miene sah mehr und mehr nach einer Herausforderung aus.
»Nimmst du diese Frau zu deiner dir gesetzmäßig angetrauten Ehefrau«, begann der Geistliche. Ein schrecklich näselndes Herunterleiern. Wie das Summen in einem Bienenkorb.
Sie runzelte die Stirn, als der Geistliche schwieg. Alex beschlich die Ahnung eines Argwohns. »Ja«, sagte er langsam.
Der Geistliche nickte und wandte sich an Gwen. »Nimmst du diesen Mann …«
Sie nickte beständig, solange es dauerte, dass ihr diese Frage gestellt wurde. Als der Geistliche schloss, wandte sie den Blick ab und warf einen Blick durch die Bibliothek, ehe sie Alex ansah.
»Was für eine ganz neue Frage«, sagte sie.
Der Geistliche zuckte sichtbar zusammen. »Wie bitte?«
Alex hatte sich nicht geirrt. Er wusste, was jetzt kommen würde. Gwen stand im Begriff, ihm eine Kostprobe von der Panik zu geben, die sie durchlebt hatte. Eine seltsame Mischung aus Gefühlen stieg in ihm auf – Amüsement und Stolz und Liebe kämpften gegen das Bedauern und die unvermeidliche Ungläubigkeit. Mit einiger Mühe brachte er einen scherzenden Ton zustande. »So weit ist sie bisher noch nie gekommen«, erklärte er dem Pfarrer.
»Nein, noch nie«, sagte Gwen nachdenklich. Alex versuchte es mit einem Lächeln als Antwort, einer stummen Botschaft an sie:
Da siehst du, wie gut ich dich verstehe?
Aber ein kurzer Moment des Zweifels sabotierte seinen Versuch, es leichtzunehmen. Sie schien sich auf die Lippe zu beißen. Das wiederum verstand er nicht. Brauchte sie den Schmerz, um ein Lächeln zu kontrollieren oder um ihren Willen zu stählen? Aber es war doch gar kein Willensakt erforderlich. Begriff sie das nicht? Er würde ihr so viel Zeit lassen, wie sie für ihre Entscheidung brauchte. Er würde sogar für sie schwitzen, wenn es ihr Freude machte.
»Nun, Miss?«, drängte der Geistliche.
»Sag es schon, Gwen«, ließ sich Elma ärgerlich vernehmen. »Dieses Spiel ist nicht amüsant.«
Gwen holte tief Luft. »Nein«, sagte sie. »Es ist nicht amüsant. Nichts davon. Ich nehme diesen Mann
nicht
zu meinem Ehemann.«
Alex atmete aus.
Das war ein wenig mehr als nur Unentschlossenheit.
Wie komisch, dass er gehofft hatte, wenn auch nur kurz, dass sie lediglich zögerte, um ihn zu necken.
Gwen war kein Feigling, sie sah ihm direkt ins Auge. »Ich kann dich nicht heiraten.«
Das hatte er nicht erwartet. Seine Ungläubigkeit war zu groß, und damit fertigzuwerden oder sie in Worte zu fassen.
Das überraschte Schweigen konnte jedoch nicht ewig währen. »Was?«, schrie Elma.
Gwen warf einen Blick auf die versammelte Gästeschar. »Ich bitte euch um Entschuldigung«, sagte sie und musste sich räuspern. Ihre Stimme zitterte nur ganz leicht, als sie weitersprach. »Ich weiß, dies ist für jeden hier eine Enttäuschung.« Sie sah den Rosenstrauß an und bemühte sich, das Band zu lösen, mit dem er an ihrem Handgelenk befestigt war. Nach einem Moment wurde dieser Versuch zu einem heftigen Zerren.
Wie im Traum beobachtete Alex sich selbst: wie er die Hand ausstreckte und das Band über ihre Hand streifte.
Befreit,
dachte er.
Erinnere dich an diesen Moment, Gwen. Von jetzt an bist du Freiwild auf der Jagd.
Sie sah ihn überrascht an, als er die Blumen abnahm. Ohne Zweifel würde er ähnlich erstaunt aussehen. Er konnte nicht glauben, dass er das getan hatte. Sie war noch mutiger, als er geglaubt hatte.
Der Gedanke schlug sich auf seinen nächsten Atemzug nieder. Genau genommen hatte er darauf vertraut, dass sie nicht so mutig sein werde. Liebe zu machen konnte auch Konsequenzen haben – erkannte er mit einem Mal. Er hatte angenommen, mochte Gott ihm das vergeben, dass ihre Angst vor diesen Konsequenzen sie ebenso bei ihm halten würde wie die Liebe, die sie für ihn empfand, die sie für ihn empfinden
musste
.
Aber wenn sie so unerschrocken war, was könnte sie dann nicht alles tun? Sie könnte aus diesem Zimmer gehen und ihn keines Blickes mehr würdigen, gleichgültig, was zwischen ihnen geschehen war.
Alex schaute auf den Rosenstrauß herunter. Sein Verstand schien unerklärlich langsam zu arbeiten. »Wunderschöne Rosen.«
Oh, welch brillante Bemerkung.
»Gloire de Dijon, glaube ich?« Tausend Mal hatte er den Vorteil geschickter Verhandlungsführung nutzen können, weil er schnell
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