Suche nicht die Suende
gegangen waren, hatte sie ihn nur umarmen und an seiner Schulter weinen wollen. Weil er ihr den Ring zurückgebracht hatte.
»Ich kann nicht begreifen, dass ich ihn weggeben konnte«, wisperte sie.
Alex zuckte die Schultern. Offensichtlich musste er nicht fragen, wovon sie sprach. »Du hast geglaubt, dass du den Mann heiraten wirst, Gwen.«
In seiner Stimme schwang kein Urteil mit. Und Elma und die Zwillinge hatten das Gleiche gesagt. Aber vielleicht war das der schlimmste Teil: Sie hatte es als richtig empfunden, Thomas den Ring zu geben.
Wie bereitwillig hatte sie sich selbst betrogen! Sie hatte nicht einmal den Mut besessen, ihre eigene Heuchelei zu erkennen. Es drehte ihr den Magen um, wenn sie jetzt daran dachte. Es war wie in diesem Kinderspiel, in dem man sich um sich selbst drehte, weiter und weiter und weiter, bis man es endlich schaffte, sich selbst zu überzeugen, dass der Himmel und die Erde die Plätze getauscht hatten und der Horizont so nah war, dass man ihn beinahe berühren könnte. Doch wenn man stehen blieb, holte die Welt einen wieder ein und alles glitt an seinen Platz zurück, schwer und unverändert. Nichts Neues. Und dieses Schwindelgefühl tief in einem drin war halb aus Staunen, halb aus Angst geboren:
Wie habe ich davon überzeugt sein können, sei es auch nur für einen Augenblick, dass die Dinge anders gewesen sind? Ich kannte doch die ganze Zeit über die Wahrheit.
Ihre Bestellung wurde gebracht und lenkte sie von ihren Gedanken ab. Der Bierschaum stellte Gwen vor ein kleines Problem. Sie beschloss, ihn zu durchpflügen, und kam schließlich darauf, ihn sich von der Nase zu tupfen.
Alex lächelte leicht.
»Oui?«
»Oui«,
sagte sie, weil ihr das Lächeln und die Tatsache gefielen, dass er sie nicht neckte. Obwohl es abscheulich schmeckte.
»Ich habe das Gefühl, dass du auf einer größeren Mission bist, hier in Paris.« Er sprach langsam.
Höflich lächelte sie ihn an. »Ich habe vor, ein paar neue Dinge auszuprobieren, wenn es das ist, was du meinst. Das Leben ist zu kurz, um es damit zu verbringen, sich bloß zu
benehmen
, meinst du nicht?« Mit einem Lachen fügte sie hinzu: »Aber vielleicht hast du das nie versucht, Alex. Vielleicht solltest du mein Beispiel sein.«
Er stützte den Ellbogen auf den Tisch und das Kinn in die Hand. »Ich würde dir raten, dich nach jemand anderem umzusehen, denn an meinem Beispiel wäre nichts Gutes.«
»Vielleicht will ich ja gar nicht dorthin, wo man gut sein muss.«
Sein Lächeln wirkte nachdenklich. »Aber der einzige Ort, an dem ich Verwendung für dich hätte, wäre das Bett.«
Sie erstarrte. Er meinte doch gewiss nicht …
»Oh, du hast es schon richtig verstanden«, sagte er. »Ich meine das auf eine rein sexuelle Art. Und daran ist ganz und gar nichts Brüderliches.«
Das Wort wirkte wie ein körperlicher Schlag. Hastig stellte Gwen ihr Glas ab, bevor sie es fallen ließ, dann blickte sie sich panisch um. Niemand schien es mitgehört zu haben.
Sein Lachen lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn. »Du hast es nicht in dir, das zu tun, Gwen.«
Der Klang ihres Namens durchfloss sie wie ein Funkenstrom. Er hatte eine schöne Stimme, tief und glatt.
Gwen
. Sie hatte nie bemerkt, wie hübsch ihr Name klingen konnte. »Was – was meinst du?« Großer Gott! Was würden seine Schwestern sagen, wären sie in der Lage, diese Unterhaltung zu hören? Alex – interessiert an ihr auf eine rein sexuelle Weise! »Ich habe es nicht in mir,
was
zu tun?«
»Zu rebellieren.«
»Du irrst dich. Ich habe vor, nur noch für mich selbst zu leben.«
Er legte den Kopf schief. »Ich streite nicht über deine Motive«, sagte er. »Aber nur noch für dich zu leben, das heißt doch auch, dass du damit aufhörst, dich zu sorgen, was andere von dir erwarten.«
»Ja, ich weiß. Aber vielleicht möchte ich beurteilt werden.« Gestern Abend war Elma ganz erfüllt von den Neuigkeiten über irgendeinen Duke gewesen, der kürzlich geschieden worden war – eine Tatsache, die weniger bestürzend war, wenn man erfuhr, dass er siebzig Jahre alt war. Aber sein Alter hatte Elma nicht davon abgehalten, sich einen großartigen Plan zurechtzulegen: Gwens Ansehen wiederherzustellen, indem sie sie zu einer Duchess machte. Das hohe Alter würde den Mann vermutlich auch nicht davon abhalten, ihr den Hof zu machen. Elma hatte ihr versichert, dass seine von und zu Uralt-und-Tattrig-Gnaden verzweifelt dringend Geld brauchte. »Vielleicht würde mir ein ruinierter Ruf
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