Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Suche nicht die Suende

Suche nicht die Suende

Titel: Suche nicht die Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
Vom Netzwerk:
bereits sagte, ich bin aus einer Reihe von Gründen nach Paris gekommen. Und einer davon ist, den Viscount darüber in Kenntnis zu setzen, wie groß mein Abscheu über sein Verhalten ist.« Sie machte eine Pause. »Ich hatte diesbezüglich einen Brief verfasst, aber jemand hat ihn mir auf rüde Art abgenommen und mir verboten, ihn abzuschicken.«
    »Es dir verboten?« Alex sah amüsiert aus. »Hörst du immer auf das, was andere dir sagen, darüber, was du tun sollst? Das kommt mir ziemlich
konventionell
vor.«
    »Ich bin ein ganz unerfahrener freier Geist«, entgegnete Gwen mit einem Schulterzucken. »Meine Flügel sind noch dabei, sich auszubreiten. Aber du hast vollkommen recht; ich werde mich bemühen, dich künftig
absolut
zu ignorieren.« Als er lachte, fügte sie hinzu: »Selbst wenn du darauf bestehst, mir weiterhin auf diese brüderliche Weise zu folgen.«
    Er lachte und setzte sich auf. »Brüderlich?
Brüderlich?
Was für Lügen haben meine Schwestern dir denn aufgetischt? Ich glaube, das letzte Mal war ich 1876
brüderlich
, und Belinda hatte sich gerade das Knie aufgeschlagen.« Sein Mundwinkel hob sich. »Brauchen Sie mich, damit ich Ihre Knie in Augenschein nehme, Miss Maudsley?«
    Sie reckte das Kinn. »Meine Knie sind in Ordnung.«
    »Gut zu wissen.« Er legte den Zeigefinger an die Karaffe mit Burgunder, die neben ihrem Glas stand und bewegte die Fingerspitze müßig über das von Kondenswasser beschlagene Glas. »Man kann nur hoffen, dass sie das auch bleiben«, sagte er, »denn ich vermute, du hast sehr hübsche Knie. Aber davonzulaufen kann gefährlich sein. Dabei könnte man hinfallen.«
    Sie beobachtete seine Hände. Seine Finger waren schlank und elegant, hervorragend geeignet für Musikinstrumente; sie hatte sie schon mit anmutiger Gewandtheit über die Tasten eines Klaviers gleiten sehen. Offensichtlich konnten sie genauso leicht einen Mann schlagen, bis ihm das Kinn brach – so flüsterte man es sich zu, wenn weder er noch der unglückliche Mr Reginald Milton anwesend waren. Was Lady Milton anging, Reginalds Mutter, so hielt diese Alex offenbar für die Inkarnation des Teufels. Aber wahrscheinlich würde sogar sie seine Hände bewundern, wenn sie nicht wüsste, zu wem sie gehörten.
    Gwen betrachtete ihre Finger, die sie ineinander verschränkt still auf dem Schoß hielt. Sie waren kurz, die Hände einer Waschfrau, und das im wahrsten Sinne: Ihre Großmutter väterlicherseits war in einem der Häuser der Rolands Küchenmädchen gewesen. Natürlich offenbarte sie diese Tatsache nicht, wenn sie mit Baron und Lady Roland zu Mittag speiste.
    Wenn sie die beiden das nächste Mal traf,
würde
sie es vielleicht erwähnen. »Ich ›laufe nicht davon‹«, stellte sie klar. »Ich bin dreiundzwanzig Jahre alt. Aber ich denke, ich kann sagen, dass ich das Recht habe, einfach zu
gehen
– wann und wohin es mir gefällt.«
    »Eine bewundernswerte Philosophie«, murmelte er. Seine Fingerspitze klopfte gegen die Karaffe. »Du solltest es vielleicht zunächst etwas ruhiger versuchen.«
    Sie runzelte die Stirn. Er sah an ihr vorbei und spannte das Kinn an. Irgendwie schaffte er es damit, den Kellner an ihren Tisch zu beordern, einen schlaksigen Burschen, der sein sandbraunes Haar in der Mitte gescheitelt und nach vorn gebürstet über einem Paar großer, flügelgleicher Ohren trug.
    Alex’ Bitte um
une bock
schien ihn zu entzücken. »Sofort!«, rief er und war wie der Blitz verschwunden.
    Gwen runzelte die Stirn. Ihre Bestellung hatte nicht so viel Begeisterung hervorgerufen.
    »Hast du dich mit Mrs Beecham gestritten?«, fragte Alex leichthin.
    Sie sah ihn verblüfft an. »Was? Natürlich nicht. Wir sind nur gestern Abend in der Oper gewesen, um uns eine Vorstellung anzusehen.« Sie schnitt eine Grimasse. »Es war ziemlich dramatisch.«
    »Ein düsteres Stück?«
    »Oh, ganz und gar nicht. Aber weder sie noch ich konnten etwas mit dem Französisch anfangen – diese Umgangssprache ist schrecklich schwer zu verstehen und sehr verwirrend – und dann ist uns auch noch das Münzgeld für die vielen Trinkgelder ausgegangen. Dabei war das gar nicht unsere Schuld! Die Angestellten im Garderobenraum beharrten darauf, uns auf diese Sitze mit den klapprigen Fußbänken zu platzieren. Wir haben ihnen alle unsere Münzen gegeben. Als die Platzanweiserin herumging, um Programmhefte zu verkaufen, haben wir deshalb versucht, es abzulehnen. Nur dass sie es uns nicht angeboten hatte, eines zu kaufen, sondern es von uns

Weitere Kostenlose Bücher