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sein. Ein paar Sekunden konnten ja wohl keinen so großen Unterschied machen.
Vor ihm verengte sich die Strecke und endete dann. Sie war leer. Doch noch bevor er wieder hervorkriechen konnte, erfüllte eine Art Brummen die Luft mit einer Staubwolke, und anschließend erzitterte der Berg von einem mehrfachen Knall, als wären Bomben detoniert. Er schlug die Hände an den Helm, konnte jedoch die Ohren nicht schützen, presste den Kopf auf die Sohle, ohne sich darum zu kümmern, dass spitze Steine ihm das Gesicht zerkratzten. Und dann war es vorbei.
Dort, wo er gelegen hatte, waren keine Steine niedergegangen. Doch durch den Staub konnte er nichts mehr sehen, auch mit der Kopfleuchte nicht. Langsam schlängelte er sich rückwärts hinaus, auf Ellbogen und den Hüften, und zwängte sich die letzten Meter hindurch bis zum Querschlag. Dort konnte er sich zumindest hinknien. Aber er bekam kaum Luft, zerrte an seinem Halstuch, versuchte die obersten Overallknöpfe zu öffnen.
Eine Hand schob sich über seine Schulter vor, löste die Staubmaske. Er schluckte gierig die staubgefüllte Luft in tiefen Zügen, musste sich aber bald vorbeugen und einen Brei aus schwarzem Schleim erbrechen. Noch nie war er in seinem erwachsenen Leben so erleichtert gewesen, er konnte sich zumindest nicht daran erinnern. Tränen stiegen ihm in die Augen. Er hätte den Bergmann umarmen können, der da auf ihn gewartet hatte. Aber er konnte nicht erkennen, um wen es sich handelte. Der Mann hatte den Helm tief in die Stirn gezogen und eine neue Staubmaske vor dem Gesicht, genauso eine, wie er sie jetzt auch Knut reichte.
Der Mann zeigte die Strecke entlang. Sie machten sich auf den Weg, vorgebeugt, langsam. Große Kohle- und Steinbrocken lagen auf der Sohle, und Knut fiel mehrere Male hin und stieß sich die Knie wund. Beim Aufenthaltsraum war die Luft so voller Staub, dass Knut zunächst den alten Bretterverschlag gar nicht sah. Doch dann endlich entdeckte er ihn. Ein in sich zusammengefallener Haufen aus Brettern und Steinen, das war alles, was nach der Lawine noch übrig geblieben war.
Der Mann machte Knut Zeichen, dass er stehen bleiben solle, er selbst ging weiter, um den Weg zum Schacht 7 hin zu untersuchen. Nach einer Weile kam er zurück, schüttelte den Kopf und gab Knut mit Zeichen zu verstehen, dass die Schachtstrecke von der Steinlawine versperrt war.
Knuts einzige Frage: »Was machen wir jetzt?« Er hatte ein Sausen in den Ohren und konnte durch die Maske kaum seine eigene Stimme hören. »Warten wir, bis sie uns von der anderen Seite ausgegraben haben? Denn die wissen ja, dass wir hier sind.«
Doch der Kumpel schüttelte nur den Kopf. Er zeigte mit einem riesigen Arbeitshandschuh hinter sich, in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Knut hatte gar nicht die Zeit zu protestieren, da hatte der Mann sich bereits umgedreht und war losgegangen, eine breite, zusammengekrümmte Gestalt mit wiegendem Schritt, von einer Seite zur anderen schaukelnd. Knut hatte keine andere Wahl, er musste dem Unbekannten folgen. Aber wieso sollten sie weiter in den Berg hinein gehen? Es würde nicht lange dauern, bis sie das Ende der Strecke erreicht hatten.
Der Mann hatte es plötzlich eilig. Ab und zu blieb er stehen und lauschte, dann ging er aber gleich wieder in raschem Tempo weiter. Knut gab sich alle Mühe, Schritt zu halten, er stöhnte laut. Der Rücken tat ihm weh, aber jedes Mal, wenn er sich ein wenig strecken wollte, schlug er mit dem Helm gegen den First. Kohle und Steine fielen ihm in den Nacken, zwischen Kragen und Hals. Er atmete immer schwerer, da auch die neue Maske mit der Zeit dicht von Staub bedeckt war. Auch der Bergmann vor ihm ging jetzt langsamer. Er konnte den weißen Helm ein Stück vor sich in der Schachtstrecke von einer Seite zur anderen schaukeln sehen, der Abstand wurde nicht mehr größer.
Jäh wurde Knut aus seinem schlafwandlerischen Zustand aufgeschreckt. Der weiße Helm … Die beiden Bergleute, die ihn in den Schacht hineinbegleitet hatten, hatten gelbe Helme getragen. Wer ging da vor ihm?
Der Alarm in Schacht 7 ging mit langgezogenen Heultönen los. Bergleute und Rettungsmannschaften eilten den Hauptstollen hinunter, ohne darauf zu warten, dass der Grubenjeep sie abholte.
»Was zum Teufel ist denn los? Hier gibt es doch keine Lawinengefahr.«
»Der Gasstand. Er liegt mitten in der Gefahrenzone. Wir müssen raus über Tage.«
»Und der Polizist?«
»Wir können ihn erst hinterher holen.« Der Bergmann
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