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Süchtig

Titel: Süchtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Richtel
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Aufenthalt in New York an
einer Besprechung teilgenommen, bei der es um den bevorstehenden Börsengang von Vestige ging?«
    Ich erinnerte mich an die Besprechung, bei der ich genau lange genug anwesend gewesen war, um Annie ihre Unterlagen zu geben. Das erklärte ich auch den Beamten, die sich damit zufrieden zu geben schienen.
    »Wie gesagt«, wiederholte der Größere. »Unser herzliches Beileid.«
    »Darf ich fragen …«
    »Wie Sie wissen, sind die Kindles sehr vermögend«, erklärte er. »Die Regierung möchte nur sicherstellen, dass alles in Ordnung ist.«
    »Reine Routine«, setzte sein Partner hinzu.

    Am nächsten Morgen rief ich Kindle Investment Partners an. Glenn Kindle hatte seine Tochter ebenso geliebt wie ich. Ich mochte ihn nicht, und er mochte mich nicht, aber um Annies willen fühlte ich mich verpflichtet, ihn zu warnen. Es war das Mindeste, das ich für den Mann tun konnte, der fast mein Schwiegervater geworden wäre. Vielleicht brachte mir das Frieden.
    Es sollte nicht sein. Der Mensch war noch nicht einmal telefonisch zu erreichen, zumindest nicht in den nächsten sechs Wochen. Das erfuhr ich von der Rezeptionistin bei Kindle Partners, die sich ihres üblichen superprofessionellen Tons befleißigte. Als ich ihr sagte, wer ich war, wurde sie deutlich freundlicher.
    »Oh, Mr Idle, es tut mir so leid. Annie war solch ein außergewöhnlicher Mensch.«
    Diane McNulty, die Rezeptionistin, war ebenfalls auf der Beerdigung gewesen, aber wir hatten keine Gelegenheit
gehabt, miteinander zu reden. Sie erklärte mir, Mr Kindle habe eine Auszeit genommen und sich nach Europa zurückgezogen, um über seinen Kummer hinwegzukommen. Ich dankte ihr für diese Auskunft.
    »Noch eine Frage. Wenn es um einegeschäftliche Angelegenheit im Zusammenhang mit Annie ginge, wäre er dann zu erreichen?«
    Nein, sagte Diane, noch nicht einmal dann, aber ich könne es bei Dave Elliott versuchen.

    Elliotts Büroräume befanden sich in einem Wolkenkratzer mit Ausblick auf die Bay Bridge, die San Francisco von Oakland trennt – die Grenze zwischen denen, die es geschafft haben, und denen, die pendeln müssen. Die Regale hinter seinem Schreibtisch enthielten einige wenige Gesetzesbücher, die aussahen, als seien sie noch nie geöffnet worden. An seinem Schreibtisch lehnte ein Golfschläger.
    »Ich habe um Viertel nach zwei einen Termin«, sagte er.
    Ich warf einen Blick auf die Uhr rechts auf seinem Schreibtisch. Zwei Uhr.
    »Und ich um fünf nach.«
    »Was kann ich für Sie tun?«
    Ich erzählte ihm von dem Besuch der Steuerfahndung, was er ohne erkennbare Regung aufnahm.
    »Danke für den Tipp. Lassen Sie sich an der Rezeption Ihren Parkschein abstempeln.«
    Worte und Ton klangen freundlich, aber ich ärgerte mich trotzdem über ihn. Ich fragte ihn, was die Steuerbehörden von ihm wollten. Stimmte irgendwas mit Vestige nicht? Er erwiderte, es sei vermutlich eine reine
Routineuntersuchung, aber wir wussten beide, dass es mir gar nicht um die Firma ging. Ich war wütend, weil Annie tot war.
    »Rechtsberatung zweihundert Dollar die Stunde«, meinte er lächelnd. »Psychotherapie kostet doppelt so viel.«
    Er sah auf seine Uhr. Dann lieferte er mir eine stark vereinfachende Beschreibung von Kindle Investment Partners, dem Risikokapitalgeschäft und Annie. Angeblich war sie ein aufsteigender Stern in der Welt der Finanz gewesen, was mich einigermaßen überraschte.
    »In unseren Kreisen hieß es, sie würde Kindle Investment Partners ganz nach oben bringen. Ihr Instinkt für Technologie war erstaunlich – Marketing, Technik, was auch immer. Die Start-up-Unternehmen rissen sich um sie, und unsere Konkurrenz fürchtete sie.«
    »Die lächelnde Vollstreckerin.«
    In meinen Ohren klang das falsch.
    »Menschen wie sie erregen Aufmerksamkeit. Selbst nach ihrem Tod.«
    »Waren Sie auch in Annie verliebt?«
    Er lachte.
    »Hören Sie doch auf. Ich spiele nicht in derselben Liga wie Sie.«
    »Was soll das heißen?«
    Er ließ mich den üblen Nachgeschmack, den seine Bemerkung hinterlassen hatte, voll auskosten.
    »Das mit Ihnen und Annie war etwas ganz Besonderes. Ich bin ja nicht blind. Sie waren ihr wichtig, gaben ihrem Leben Struktur, eine romantische Beziehung. Darauf können Sie stolz sein.«
    Ich überlegte, ob ich ihm den Golfschläger in den
Hintern schieben sollte, aber sein versöhnlicher Ton hielt mich davon ab.
    »Hören Sie, Sie finden bestimmt wieder einen ganz besonderen Menschen. Das liegt Ihnen im Blut. Sie haben eine

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