Süden und das grüne Haar des Todes
Schafskäse, den er in schmale Portionen geschnitten hatte, beiseite, und zwei Stücke in eine Plastikschale mit Wasser.
»Halmar«, sagte ich. »Babette Halmar. Sie telefoniert manchmal hier am Bahnhof.«
»Ja!« Nikos Kopf tauchte zwischen den Flaschen und abgepackten Lebensmitteln auf. »Sie kommt oft, trinkt einen Tee und redet mit mir. Ja. Blauer Mantel, ich erinner mich genau. Nette Frau.«
»Haben Sie sie in letzter Zeit gesehen?«
»In letzter Zeit.« Er überlegte, die Hände auf ein Holzbrett gestützt. »Weiß nicht. Ungefähr vor einem Monat. Bin aber nicht sicher.«
»An den Wochentag können Sie sich nicht erinnern?«
»Hm.«
»Worüber sprechen Sie mit ihr?«, sagte ich .
»Nichts Besonderes. Alltag. Sie fragt mich, wie die Geschäfte gehen. Sie kommt oft. Ich wusste nicht, dass sie telefoniert. Hat sie kein Telefon zu Hause?«
»Nein.«
Der Mann am anderen Stehtisch drehte den Kopf zu mir .
»Das ist gescheit«, sagte er. Ich sagte: »Haben Sie auch keins?«
»Ich schon«, sagte er.
»War die alte Dame mal mit einer grünen Reisetasche hier?«, fragte ich den Griechen.
Bevor er antwortete, streifte er die Plastikhandschuhe ab und brachte sie in den hinteren Raum, wo er sie über einen Wasserhahn hängte.
»Glaub schon«, sagte er auf dem Weg zurück zum Tresen.
»Möchten Sie noch einen Espresso?«
»Ja.«
»Ja«, sagte der Grieche und schlug den Chromfilter der Kaffeemaschine gegen den Rand des Mülleimers. »Neulich hatte sie eine grüne Tasche dabei, ganz sicher.«
»Wann war das?«
Er wartete, bis der Kaffee in die kleine Tasse gelaufen war, die er dann mir über den Tresen reichte .
»Danke.«
»Vor einem Monat ungefähr«, sagte der Grieche .
»An einem Samstag?«
»Möglich.«
»Danach war sie nicht mehr bei Ihnen.«
»Nein.«
»Sicher?«
»Glaub schon.«
Ich trank den lauwarmen Espresso und bezahlte .
»Wie heißt die Frau?« Der Mann stellte sein leeres Bierglas auf den Tresen.
»Babette Halmar«, sagte ich. »Sie wohnt Am Englischen Garten 1 in dem grünen Eckhaus.«
»Das kenn ich!« Er zeigte auf das Glas und nickte dem Wirt zu. »Die Frau hab ich schon mal gesehen. Verschwunden ist die? Warum das?«
»Wir wissen es noch nicht.«
Als ich die Tür öffnen wollte, sagte der Grieche: »Da war jemand dabei, glaub ich, das letzte Mal. Sie hat mit jemand gesprochen, da draußen.«
Ich zog meinen kleinen karierten Spiralblock aus der Hemdtasche und machte mir Notizen. »Ein Mann?«
»Ja, so alt wie sie ungefähr. Jetzt fällts mir ein, sie hat ihren Tee getrunken, dann ist ihr Bekannter aufgetaucht.«
»Sie kannten sich«, sagte ich .
»Sie haben sich begrüßt wie Bekannte.«
»Wie?«
»Was?«, sagte der Grieche.
»Wie haben sie sich begrüßt? Mit Handschlag? Mit Küssen?«
Der Grieche goss sich Cola aus der Dose in ein Glas .
»Weiß ich nicht mehr. Aber sie haben sich gekannt, ganz sicher. Sie haben auch miteinander geredet.«
»Hier drin?«
»Draußen. Ich hab nicht lang hingesehen. Die Frau ist dann zur S-Bahn runtergegangen.«
»Das haben Sie gesehen.«
»Sie ist in die Richtung gegangen.«
»Und der Mann?«
»Der ist in die andere Richtung gegangen. Glaub ich. Ich glaub, er ist noch stehen geblieben und hat gewartet.«
»Darauf, dass die Frau noch einmal zurückkommt«, sagte ich.
»Kann sein.«
»Und dann ging er weg.«
»Glaub schon.«
»Ging er gebückt?«, sagte ich. »Hatte er einen Bauch und ein breites Gesicht, graue Haare bis über die Ohren?«
Nach zwei Schlucken stellte Niko das Colaglas ab. »Kann ich Ihnen nicht sagen, kann aber sein. Ja, kann schon möglich sein.«
»Und Frau Halmar hatte eine grüne Reisetasche dabei«, sagte ich.
»Ganz sicher!«
»Möchten Sie auch was essen?«, fragte die Bedienung .
»Nein«, sagte ich.
Ich saß an der Schmalseite eines langen ungedeckten Tisches, den karierten Block und den Kugelschreiber und ein großes Glas Mineralwasser vor mir, mit verschränkten Armen.
Auf das Nicken des Mannes, der mir mit einer filterlosen Zigarette im Mundwinkel und einem fast leeren Bierglas auf der anderen Seite gegenübersaß, reagierte ich nicht .
Stattdessen legte ich den Kopf in den Nacken und schloss die Augen.
»Seit wann kennen Sie Frau Halmar?«, hörte ich den Mann sagen, und ich öffnete die Augen .
Auf einen der freien Stühle hatte sich eine Frau Ende vierzig gesetzt. Wie alle Bedienungen trug sie eine weiße Bluse, eine schwarze Schürze und einen dunklen Rock .
Sie hatte die
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