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Süden und das grüne Haar des Todes

Süden und das grüne Haar des Todes

Titel: Süden und das grüne Haar des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Ufer der Isar unsere Einsamkeiten verglichen wie die Quartettkarten unserer Kindheit.
    So viele Exzesse der Erstarrung und der Selbsterniedrigung und der Lächerlichkeit lagen hinter uns und waren vorbeigegangen und hatten uns in die gewöhnliche Nüchternheit unserer alltäglichen Gewohnheiten entlassen, dass ich neben Martin Heuer durch die Straßen Ismanings gehen konnte, ohne beim Gedanken an seinen unmöglichen Auftritt im Haus Nickel oder bei der Beobachtung seines abgehackten Gangs und seiner regenversiegelten Miene etwas Endgültiges, für den nächsten oder übernächsten Tag Bedrohliches zu erwarten .
    Wenn wir wegen des Windes mit den Schirmen aneinander stießen, reagierten wir beide nicht. Ich kannte jede Strophe seiner Stummheit wie das Meer das Geheul eines grantigen Fisches. Und ich hoffte, bei den Befragungen, die uns an diesem Samstagnachmittag noch bevorstanden, würde er wieder vollkommen anwesend sein.
    Aber das war er nicht.
    Und er war es nicht mehr bis zum Ende der Suche nach Babette Halmar und darüber hinaus. Und ich glaubte einfach weiter daran. Als wäre ich ein Fundamentalist der Liebe.
     
    Die meisten Läden hatten schon geschlossen, und dort, wo wir noch jemanden antrafen, erfuhren wir nichts über die alte Frau aus dem grünen Haus. Zeitweise hätten wir den Eindruck gewinnen können, Babette Halmar lebe überhaupt nicht in der Vierzehntausendeinwohnerstadt .
    Niemand kannte ihren Namen, die meisten Passanten und die Bewohner der neu gebauten, in frischen Farben gestrichenen Reihen- oder der schlichten, ordentlich herausgeputzten Zweifamilienhäuser erklärten, sie seien erst vor wenigen Jahren hergezogen und den ganzen Tag auswärts beschäftigt.
    Nachdem wir zwei Stunden lang im strömenden Regen unterwegs gewesen waren, kehrten wir im »Gasthof Soller« gegenüber dem S-Bahnhof ein, einer altbayerischen Wirtschaft mit angegliedertem Hotelbetrieb. Frustriert von unseren erfolglosen Recherchen, beschlossen wir ein altes Spiel aufzufrischen, mit dem wir in unserer Anfangszeit als Kommissare die Vernehmungstechnik neu erfinden wollten, wovon unsere Vorgesetzten natürlich nichts erfahren durften.
    Es war ein simples und ein wenig kindisches Spiel .
    Als ich Sonja einmal davon erzählte, sah sie mich mit dem gleichen Ausdruck von Fassungslosigkeit an, wie sie Martin ansah, wenn er seinem Hobby nachging, dem Luftgitarrespielen.
    Von unserer Ismaninger Neuaufnahme der Inszenierung würde ich ihr kein Wort sagen.
    Während Martin im Windfang der Gaststätte verschwand, ging ich auf dem Bahnhofsplatz in einen griechischen Imbissladen und wäre beinah von einem wie aus dem Nichts auftauchenden Traktor überrollt worden, der in hohem Tempo an mir vorüberratterte. Wenn ich richtig gesehen hatte, telefonierte der Fahrer, über das Lenkrad gebeugt, mit einem Handy .
    Beim Anblick der Vorspeisen in der Vitrine bekam ich Hunger. Und ich dachte an das magere Mädchen in der Wasserturmstraße, das sich zwang, Wasser zu trinken, anstatt etwas zu essen, vielleicht um ihren Eltern zu beweisen, dass sie auch noch existierte, sogar am Wochenende.
    »Ihr Espresso, bitte«, sagte der Grieche und reichte mir die Tasse über den Tresen. Ich stellte mich an einen der beiden Stehtische.
    Am zweiten Tisch trank ein Mann Bier und rauchte. »Mir schwemmts den Keller weg, Niko«, sagte er und starrte in den Regen, der gegen die Scheiben schlug .
    »Schlechte Stimmung«, sagte der Grieche. Er trug eine weiße Schürze und Plastikhandschuhe .
    »Was ist mit schlechter Stimmung?«, sagte der Mann .
    »Leute sind unfreundlich, reden nicht, verkriechen sich, sogar meine eigenen Leute.«
    »Sind eben Griechen, die vergriechen sich!« Vielleicht grinste der Mann erst, wenn es dunkel wurde. Mienenlos trank er sein Glas leer. »Gib mir noch eins, Niko!«
    Ich sagte: »Kennt einer von Ihnen Frau Halmar?«
    Der Mann am Stehtisch schüttelte den Kopf. »Wer soll das sein?«
    »Eine ältere Frau aus Ismaning, schlank, blauer Mantel, blauer Hut mit einer silbernen Nadel.« Das hatte uns Konstantin Gabelsberger erzählt.
    »Nie gesehen«, sagte der Mann. Bevor er an den Tisch zurückkehrte, nahm er vor dem Tresen einen Schluck aus dem frischen Glas .
    »Was ist mit der Frau?«, fragte Niko.
    »Sie ist verschwunden«, sagte ich .
    »Polizei?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Ich kenn die Frau nicht«, betonte der Gast. Er drehte mir den Rücken zu und starrte wieder in den Regen .
    »Frau Hambach«, sinnierte der Grieche. Er legte den

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