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Süden und das grüne Haar des Todes

Süden und das grüne Haar des Todes

Titel: Süden und das grüne Haar des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Ich sah ihm, der nie ein Mienentrickser werden würde, die Anstrengung förmlich an .
    »Ich trag mich mit dem Gedanken«, sagte er und klopfte unbewusst mit der flachen Hand auf den Tisch, »Martin Heuer zu suspendieren, und zwar auf Lebenszeit. Ich hab vor, Funkel zu bitten, im Ministerium seine Entlassung zu beantragen.«
    Karl Funkel, dreiundfünfzigjähriger Kriminaloberrat, der seit der Attacke eines Drogendealers auf dem linken Auge blind war, leitete das Dezernat 11 mit seinen fünf Kommissariaten. Zur Zeit der Vermissung von Babette Halmar machte er Urlaub am Gardasee .
    Ich schwieg.
    »Hast du dazu was zu sagen?«
    »Warum willst du das tun?«, sagte ich .
    »Zwei Kollegen haben ihn in einer Bar in der Landwehrstraße gesehen. Er wirkte nicht so, als wär er sehr krank . Er war betrunken. Die Kollegen haben ihn gegrüßt, aber er hat nicht reagiert.«
    »Wann war das?«, sagte ich.
    »Vor zwei Tagen.« Thon rieb sich die Hände, als habe er sie eingecremt. Das Sprechen fiel ihm schwer, und mir schien, er habe lange gezögert, mir seine Absicht mitzuteilen. Vielleicht hätte er es längst getan, wenn ich nicht so beschäftigt gewesen wäre, und vielleicht lag der Grund, weshalb er überfallartig vor meiner Vernehmung der beiden Zeugen hereingeplatzt war, nicht darin, dass er meinen Alleingang wieder einmal missbilligte. Vielleicht ertrug er einfach die Anspannung nicht länger, die Last einer in seinen Augen unvermeidlichen Entscheidung.
    »Ich bin zu ihm in die Wohnung gefahren«, sagte er und stand auf, verharrte einige Augenblicke ratlos hinter seinem Schreibtisch, kam dann um den Tisch herum, lehnte sich dagegen und stieß sich mit den Händen ab .
    Die Entfernung zwischen uns betrug ungefähr einen Meter, und ich roch sein Eau de Cologne und bemerkte zum ersten Mal einen Schleier von Müdigkeit über seinen Augen. »Er war nicht da. Ich hab eine Nachbarin gefragt, sie hat mir erzählt, er hätt nachts eine Frau zu Besuch gehabt und sei mit ihr am Morgen weggegangen. Das war gestern. Ich hab Sonja gefragt, ob sie den Namen von Martins Freundin kennt.«
    Mir gegenüber hatte Sonja kein Wort davon erwähnt .
    »Also bin ich nach Obersendling gefahren, in die Nähe der Siemensallee«, sagte Thon und nestelte an seinem Halstuch. »Du kennst die Adresse, wo Lilo arbeitet.«
    »Ich war nie dort«, sagte ich.
    »Ehrlich?« Er ging zum Fenster, schüttelte den Kopf und wandte sich um. »Wenn das so weitergeht, können wir gleich bei offenen Fenstern arbeiten. Nach vorn raus ist es noch schlimmer.« Thons Büro ging auf die Goethestraße, durch die zwar keine Trambahnen fuhren, auf der aber nur unwesentlich weniger Verkehr herrschte als auf der Bayerstraße. »Sie war da, ich hab mit ihr gesprochen . Sie sagt, sie weiß nicht, wo er steckt. Sie hat zugegeben, in seiner Wohnung gewesen zu sein, er hat behauptet, er habe frei. Ob er ihr krank vorgekommen sei, hab ich sie gefragt. Und weißt du, was sie geantwortet hat?«
    Ich hatte eine Ahnung.
    »Nicht mehr als sonst, hat sie gesagt. Nicht mehr als sonst. Eigentlich komme er ihr immer krank vor, jedes Mal, wenn sie sich treffen. Ich kann ihn nicht mehr halten. Wo ist er?«
    Ich sagte: »Martin ist ein Aushäusigkeitsfanatiker. Ich weiß nicht, wo er ist.«
    »Er ist krank«, sagte Thon. »Er verweigert professionelle Hilfe. Und Fanatiker haben bei uns von vornherein nichts verloren.«
    »Nein«, sagte ich. »Er ist ein großartiger Fahnder, er ist einer der erfahrensten Kommissare des Dezernats, und wir brauchen ihn.«
    »Da hast du Recht!« Zum zweiten Mal zündete sich Thon den Zigarillo an. »Wir brauchen ihn. Aber er ist nicht da . Niemand weiß, wo er ist. Nicht einmal du, sein bester Freund. Und Lilo, diese Freundin, weiß es auch nicht . Langsam kapier ich, warum du bei der Geschichte damals so ausgerastet und auf ihn losgegangen bist, inzwischen bin ich fast soweit, dein Verhalten zu entschuldigen, auch wenn es vom Polizeilichen her natürlich absolut unentschuldbar bleibt.«
    »Ich werde ihn suchen«, sagte ich. »Und er wird einen Monat Urlaub nehmen, sich auskurieren, nichts trinken und erholt zurückkommen. Er schafft das.«
    »Dein Aushäusigkeitsfanatiker? Träum weiter, Romantiker!«
    Er blies mir, vielleicht unabsichtlich, den Rauch ins Gesicht, setzte sich hinter seinen Schreibtisch und knipste die Lampe an.
    Draußen war es dunkel geworden, und der dünne Regen knisterte auf dem Fensterblech.
    »Gib ihm die Chance«, sagte ich .
    Thon antwortete

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