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Süden und das grüne Haar des Todes

Süden und das grüne Haar des Todes

Titel: Süden und das grüne Haar des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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keinen Namen gelesen! Ich hab das Bild gesehen, das langt! Was ist denn mit dem Scheißnamen? Ruth ist doch ein schöner Name. Hab ich ihr auch gesagt! ›Ruth‹, hab ich gesagt, ›Ruth find ich gut.‹ Da hat sie gelacht. Und sie hat mich echt nachgeäfft, die alte Schachtel. ›Ruth find ich gut. Ruth find ich gut.‹ Ich hab gedacht, ihr Gebiss fällt gleich raus, so rumgelacht hat die. ›Ruth find ich gut.‹ Mega-kindisch, die Alte! Ruth find ich gut.« Ihr Blick fiel auf wieder auf Gabelsberger, und sie schüttelte abschätzig den Kopf .
    Ich sah den Schlüssel unter dem Stein. Und eine Tür ohne Schloss.

9
    N ach ihren Aussagen, die ich für glaubwürdig hielt, waren sich die beiden Zeugen vorher nie begegnet .
    Vermutlich hatte Konstantin Gabelsberger von Tanja gehört, wenngleich er sich in ihrer Gegenwart nicht weiter darüber auslassen wollte. Und ich drängte ihn nicht .
    Warum die Schülerin vor mir aus der Wohnung geflüchtet war, erklärte sie mir einleuchtend: »Ich hab angerufen, das muss reichen, ich red mit Bullen, wann ich will, kapiert, das?«
    »Ja«, sagte ich, und für einen Moment verlor sie ihre innere Überlegenheit. »Willst du was trinken?«
    Auf dem Tisch standen zwei Mineralwasserflaschen und ein Stapel Pappbecher. Tanja schüttelte den Kopf und sah zu dem schmalen, von Staub und Regen verschmierten Fenster hinauf .
    »Und Sie?«
    »Ja, ganz gern«, sagte Gabelsberger .
    Ich schob ihm den gefüllten Becher hin. »Sie haben uns etwas verschwiegen«, sagte ich.
    Verwirrt und beunruhigt brauchte er eine Weile für seine Antwort. Dabei blickte er mehrmals zu dem Mädchen auf der anderen Seite des Tisches, das die Ellbogen aufgestützt hatte und mit den Fäusten seine Wangen so weit nach oben schob, bis seine Augen nur noch Schlitze waren. Das zerknautschte Gesicht schien Gabelsberger zu irritieren, denn er schaute immer wieder hin und unterbrach dabei jedes Mal seinen Satz.
    »Wie meinen Sie das, dass ich was verschwiegen hab?«, sagte er und hielt den weißen Becher mit zitternder Hand .
    »Mehr als das, was ich … Ich kenn die Frau Halmar seit, wie gesagt, fünfzehn Jahren, und ich hab … hab ihr … Das wissen Sie ja, was ich meine, ich mein, ich hab sie gefragt, ob …« Diesmal schaute er das Mädchen länger an, so intensiv und krampfhaft, als studiere er jede Falte ihres verschobenen Gesichts. »Was denn … was denn verschwiegen?«
    »Sie haben sich mit Frau Halmar am Bahnhof getroffen«, sagte ich. »An dem Tag, an dem sie verschwand.«
    »Am Bahnhof?«, sagte er. »Die Babett?«
    »Hä?«, machte Tanja, ohne die Hände wegzunehmen .
    »Am vorletzten Samstag im März«, sagte ich. Er stellte den Becher hin und sagte nichts. Von der Decke, wo eine runde Garderobenlampe mit geriffeltem Glasschirm hing, fiel gelbliches Licht, das den Raum noch abweisender und enger wirken ließ .
    Jetzt bemerkte ich, wie Gabelsberger das Mädchen ansah – wie jemand, der sich Details einprägt oder darüber sinniert, wo er dieses Gesicht schon einmal gesehen haben könnte.
    »Woran denken Sie?«, sagte ich.
    Er hörte nicht auf Tanja zu fixieren, sie verzog keine Miene, wie bei einem Kinderspiel, das derjenige verliert, der als Erster lacht.
    »So ist die Babett auch immer dagesessen«, sagte Gabelsberger mit leiser, knarzender Stimme. »Genauso wie sie . Komisch, oder?«
    »Die Babette«, sagte ich. »Sie haben sie am Bahnhof getroffen, und sie hatte eine grüne Tasche dabei.«
    Er gab einen brummenden Laut von sich und strich sich ungelenk über die Krawatte.
    »Du kannst gehen«, sagte ich zu Tanja und stand auf.
    Überrascht erhob sich Gabelsberger ebenfalls.
    »Sie nicht«, sagte ich.
    »Und wer ist die Babette?«, sagte Tanja und schüttelte beim Anblick von Gabelsberger ein letztes Mal den Kopf.
    »Das ist die Frau, deren Bild du in der Zeitung erkannt hast«, sagte ich.
    »Die heißt Ruth, bist du schwerhörig?«
    Ich begleitete das Mädchen zur Glastür im Treppenhaus, die man nur mit einem Zahlencode öffnen konnte.
    »Du hast mir sehr geholfen, Tanja«, sagte ich.
    »Krieg ich Geld dafür?« Sie warf den Kopf hin und her und schielte auf die Namensschilder an den Türen. »Da gibts eine Sonja Feyerabend! Ihr habt Namen bei den Bullen! Feyerabend! Süden! Und da steht Heuer! Heuer ist Feierabend im Süden!« Sie schickte mir ein Grinsen über den Flur.
    »Unbedingt«, sagte ich.
    Ich tippte die Zahlen in das graue Kästchen und drückte die Tür auf.
    »Krieg ich jetzt Kohle, oder war

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