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Süden und das grüne Haar des Todes

Süden und das grüne Haar des Todes

Titel: Süden und das grüne Haar des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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an und knallte ihn hin. »Du kannst mich nicht einschüchtern! Du kannst mir gar nichts! Und der Fettsack da drüben auch nicht! Was will der hier?«
    Die Bluse hing ihr aus der Hose, und ich war mir nicht sicher, ob sie Drogen geschluckt hatte .
    »Ich möchte Sie bitten, mich zu siezen«, sagte ich .
    Sie starrte mich an, und ihre Augen wirkten trotz ihrer Aufgeregtheit ruhig, konzentriert .
    »Stimmt das, dass das Mädchen Frau Halmar kennt?« Gabelsberger bemühte sich um ein Lächeln, das an Tanjas Blick zerschellte wie die Titanic am Eisberg .
    »Das weiß ich nicht«, sagte ich. »Sie hat es behauptet.«
    »Jetzt pass auf!«, rief sie, und ich konnte mich nicht dagegen wehren, dass mir ihr bayerischer Unterton gefiel .
    »Ich hab angerufen, weil ich die alte Schachtel in der Zeitung gesehen hab, und weil die mir Leid getan hat und weil ich was beitragen wollt, dass jemand sie findet, dass die nicht in der Nacht erfriert …«
    »Wann haben Sie sie denn zum letzten Mal gesehen?«, sagte ich.
    »Ich red jetzt!«, blaffte sie. Dann ließ sie sich gegen die Wand fallen, verzog angeekelt den Mund und steckte mit einer heftigen Bewegung beide Hände in die Hosentaschen. Wieder musste ich an ihre Mutter denken. »Die ist zu mir in die Werkstatt gekommen, die hat mit mir geredet, keine Ahnung, was die von mir wollt, aber sie war da, sie hat mit mir geredet, und das macht sonst keiner! Ist auch egal! Ich wollt bloß, dass sich jemand um die kümmert, und das wars! Ich will jetzt raus hier aus diesem Nazibunker!«
    »In welcher Werkstatt hat Babette Halmar Sie besucht, Tanja?«, sagte ich.
    »Entweder …«, sagte sie und beugte sich vor und sah mich böse an. »Entweder Sie sagen Tanja und du zu mir, oder Sie sagen Frau Vogelsang. Kapiert, das? Ich mag das nicht!«
    »Ja«, sagte ich. »In welcher Werkstatt hat dich Frau Halmar besucht, Tanja?«
    »Verarsch mich bloß nicht! Lass das bloß sein! Das haben schon ganz andre nicht geschafft! Kapiert, das?«
    Ich schwieg. Hinter mir hörte ich Gabelsberger schnaufen.
    »Bei den Mungos«, sagte Tanja. »Bei den Behinderten. Ich hab da gejobbt, die haben mich dazu verknackt. Da war das. Sie ist gekommen und hat gesagt, sie hätt in der Zeitung über mich gelesen, und sie würd gern mit mir reden .
    Ich hab gedacht, was will die alte Schachtel? Ist die irgendwie pervers? Sie war aber in Ordnung, war sie. Sie hat mir Schoks gebracht, ohne Schoks geh ich ein! Schau nicht so blöd!«
    Erschrocken drehte Gabelsberger den Kopf zu mir.
    »Sie hat dir Schokolade mitgebracht«, sagte ich .
    Sie redete einfach weiter. »Ich hab sie gefragt, was sie von mir will, sie hat gesagt, sie will nur mit mir reden. Und dann hat sie mich gefragt, wie es daheim läuft, mit meiner Mutter, mit meinem Alten, ich hab gesagt, es läuft. Und dann hat sie mich gefragt, warum ich das mach, das, was in der Zeitung steht über mich. Ich hab gesagt, muss sein, macht Spaß. Da hat sie nichts mehr gesagt. Das fand ich irgendwie cool. Sie hat nicht versucht mich anzumachen, verstehst du das? Sie hat überhaupt nichts gesagt dazu, nach dem Motto: Du musst dich bessern, Kleine, du musst an deine Zukunft denken, und diesen ganzen mega-blöden Scheiß. Hat sie nicht getan.«
    Sie kratzte sich im Nacken und ließ sich auf den Stuhl fallen. Jedes Mal, wenn sie aus Versehen Gabelsberger ansah, schüttelte sie den Kopf .
    »Hat sie dir gesagt, wie sie heißt?«, sagte ich .
    »Hast du mich schon gefragt!«, blaffte Tanja. »Logisch hat sie gesagt, wie sie heißt! Denkst du, wir unterhalten uns und halten unsere Namen geheim? Bist du behindert? Ich weiß einen guten Job für dich!«
    »Du sollst mich nicht duzen«, sagte ich .
    »Reg dich ab!« Sie schaute mich an, als hätte ich einen Bretterzaun vor dem Kopf.
    »Wie sie heißt?« Ihre Stimme klang fast schrill. »Ruth. Sie heißt Ruth! Wie denn sonst?«
    Ohne mir eine Reaktion anmerken zu lassen, setzte ich mich an den Tisch. »Und welchen Familiennamen hat sie genannt, Tanja?«
    »Was brauch ich denn einen Familiennamen? Ruth.« Sie streckte mir die Hand hin. »Und ich bin Tanja. Kapiert, das?«
    »Sie hat keinen Familiennamen genannt?«, sagte ich.
    »Nein!«, rief sie und ließ die Hand auf den Resopaltisch plumpsen.
    »Hast du den Namen in der Zeitung gelesen?«, sagte ich .
    »Was für einen Namen, Meister?« Als wäre sie erschöpft, legte sie den Kopf auf den Tisch, mit der rechten Wange nach unten, und sah mich mit einem mitleidigen Ausdruck an. »Ich hab

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