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Süden und der glückliche Winkel

Süden und der glückliche Winkel

Titel: Süden und der glückliche Winkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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schüttelte den Kopf, wischte sich mit der Hand über die Stirn. »Heiß hier drin. Ja, er hat mal was erzählt. Er hat behauptet, er hätt da jemand. Hat er behauptet. Glaub ich nicht. Hab ich ihm auch gesagt, ich hab zu ihm gesagt, ob er jetzt Komiker werden will, weil er so was erzählt. Das ist doch ein Witz!«
    »Wann hat er das erzählt?«, sagte ich.
    »Was weiß ich. Vor einem halben Jahr. Ja. Bei der Weihnachtsfeier. Genau. Nein, am nächsten Tag. Einen Tag später. Ja. Wir waren mittags drüben beim Essen, beim Schnellchinesen. Ja.«
    »Und Sie haben ihm nicht geglaubt«, sagte ich. »Warum nicht?«
    »Der Cölestin und eine Freundin, das ist so, als würd der Boris Becker schwul werden. Ich hab zu ihm gesagt, was das soll, und er hat gesagt, es stimmt. Er hätt eine Freundin.« Horch tippte sich an die Schläfe.
    »Hat er gestern von ihr gesprochen?«, sagte ich.
    »Gestern? Wieso gestern?«
    »Weil er von einem Moment auf den anderen weg musste.«
    »Er hat gesagt, er wollt noch was erledigen.«
    »Was erledigen?«, sagte ich.
    »Hat er mir nicht verraten.«
    »Haben Sie ihn nicht gefragt?«
    »Ich hab ihn gefragt«, sagte Horch ungeduldig. »Hab ich. Er hats nicht verraten. Er hat gesagt, er muss was erledigen, was er vergessen hat. Ich muss jetzt raus, sonst krieg ich noch einen Anschiss von den Jungen, darauf kann ich verzichten.«
    »Und seit dem Tag nach der Weihnachtsfeier hat er die unbekannte Frau nicht mehr erwähnt«, sagte ich.
    »Doch«, sagte er. »Doch. Letzte Woche. Am Freitag. An seinem letzten Arbeitstag vor dem Urlaub. Er hat gesagt, er würd nächste Woche seine Freundin treffen.«
    »Und wie haben Sie reagiert?«, fragte Martin.
    »Ich hab gesagt: schöne Grüße!«
    »Hat er einen Namen genannt?«, sagte ich.
    »Was soll er für einen Namen nennen, wenns die Frau nicht gibt?«, sagte Horch und drängte sich zwischen Martin und mir hindurch. »So kommen Sie nicht weiter. Ich weiß nicht, warum er heut Nacht nicht nach Haus gekommen ist. Aber eins weiß ich: Eine Gespielin hat der nicht.«
    Das war auch meine Meinung, auch wenn ich keine Beweise für meine These hatte.
    »Warum sind Sie da so sicher?«, sagte ich.
    Horch schloss die Tür, die er gerade aufgemacht hatte, noch einmal und hielt die Klinke fest.
    »Das bleibt unter uns. Versprochen? Sie müssen mir versprechen, dass wir das unter uns behalten. Ja?«
    »Warum glauben Sie nicht, dass Ihr Kollege eine Geliebte hat, Herr Horch?«, sagte ich mit leiser Stimme.
    »Er hat ein Erektionsproblem, wenn Sies genau wissen wollen.«
    »Er ist impotent?«, sagte Martin.
    »Er hat dieses Problem, das muss genügen. Behalten Sie das bitte für sich, das ist sehr privat! Ja?«
    Merkwürdigerweise bestärkte mich diese Information nicht in meiner Vermutung, Korbinian habe keine Geliebte. Vielmehr brachte ich die Frage nicht mehr aus dem Kopf, wieso ein Ehemann mit Erektionsproblemen keine heimliche Freundin haben sollte. Und vielleicht dachte Olga Korbinian genau das Gleiche.

4
    I n diesem Frühsommer arbeiteten wir fast wortlos an unseren Fällen. Zwar versuchten wir die meiste Zeit des Tages die Fenster geöffnet oder zumindest gekippt zu halten, doch unser Dezernat lag an der von Autos und Straßenbahnen viel befahrenen Bayerstraße gegenüber dem Südeingang des Hauptbahnhofs, sodass die Geräusche jedes Mal schon nach kurzer Zeit unerträglich wurden und wir bald wieder in der stickigen Luft festsaßen.
    Die regelmäßigen Besprechungen, die Volker Thon, der Leiter der Vermisstenstelle, abhielt, dauerten dann höchstens fünfzehn Minuten und nicht wie üblich knapp dreißig, und zum Erstaunen von uns allen trug er kein Seidenhalstuch, nicht einmal ein Sakko. Sein übliches, für einen Kripobeamten ungewöhnlich gestyltes Outfit – Zweihunderteurohose, Seidensocken, Markenhemd, italienische Schuhe – hatte er gegen luftige Kleidung getauscht, gegen ein weißes T-Shirt und eine weiße, weit geschnittene Hose, und in den hellbraunen Slippern war er barfuß. Damit verbreitete er nicht nur nach Einschätzung von Sonja Feyerabend eine gewisse dentistische Aura.
    »Neue Erkenntnisse in der Sache Korbinian?«, fragte er.
    »Wir hören uns morgen Mittag auf dem Viktualienmarkt um«, sagte ich.
    Heute waren wir nach dem Besuch bei Magnus Horch zu spät dran gewesen. In der Hoffnung, auf Personen zu stoßen, die bestimmten Gewohnheiten folgten, wollten wir uns zur gleichen Zeit dort aufhalten wie Korbinian und sein Kollege.
    »Kann sich immer

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