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Südlich der Grenze, westlich der Sonne

Südlich der Grenze, westlich der Sonne

Titel: Südlich der Grenze, westlich der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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wir uns sahen, betrachtete ich es lange. Und verliebte mich in seinen Anblick.
    »Was schaust du mich denn so an?«, fragte sie.
    »Du bist so hübsch«, sagte ich.
    »Du bist der Erste, der mir das sagt.«
    »Ich bin der Einzige, der es weiß«, sagte ich. »Aber ich weiß es ganz gewiss.«
    Zuerst glaubte sie mir nicht. Doch mit der Zeit tat sie es.
    Wir verabredeten uns stets an ruhigen Orten, wo man sich unterhalten konnte. Mit Yukiko konnte ich offen und ehrlich über alles reden. Wenn ich mit ihr zusammen war, spürte ich auf bedrückende Weise, was mir in den vergangenen zehn Jahren gefehlt hatte. So viel Zeit hatte ich vergeudet. Doch noch war es nicht zu spät. Ich musste etwas von dieser Zeit einholen, solange es noch möglich war. Hielt ich Yukiko in meinen Armen, spürte ich beinahe vergessene Regungen in meiner Brust. War sie nicht bei mir, fühlte ich mich sogleich einsam und verloren. Auf einmal schmerzte mich meine Einsamkeit, und die Stille verdross mich. Nachdem wir drei Monate miteinander ausgegangen waren, machte ich ihr einen Heiratsantrag. Es war eine Woche vor meinem dreißigsten Geburtstag.
    Yukikos Vater war Inhaber eines mittelständischen Bauunternehmens. Er war ein ungewöhnlicher Mann, der nie eine formelle Ausbildung genossen hatte, aber beruflich sehr erfolgreich war. Er hatte eine ganz eigene Philosophie. Mir war sein Vorgehen manchmal zu brachial, aber mit der Zeit lernte ich seinen Scharfblick zu bewundern. Einem Menschen wie ihm war ich nie zuvor begegnet. Er besaß einen Mercedes und ließ sich von einem Chauffeur herumfahren, hatte aber nichts Aufgeblasenes an sich. Als ich bei ihm um die Hand seiner Tochter anhielt, sagte er, wir seien schließlich keine Kinder mehr, und wenn wir uns gern hätten, sollten wir eben heiraten. Dass ich nur ein kleiner Angestellter bei einem unbedeutenden Verlag war, schien ihm gleichgültig zu sein.
    Yukiko hatte noch einen älteren Bruder und eine jüngere Schwester. Der Bruder sollte später die Firma des Vaters übernehmen und war bereits Juniorchef. Er war kein übler Typ, aber kaum mehr als ein blasser Abklatsch seines Vaters. Von den Geschwistern war die jüngere Schwester, die noch studierte, am extrovertiertesten und daran gewöhnt, andere herumzukommandieren. Mir schien sie fast die geeignetere Nachfolgerin für ihren Vater zu sein.
    Wir waren etwa ein halbes Jahr lang verheiratet, als Yukikos Vater mich zu sich bestellte, um zu fragen, ob ich nicht meine Stelle kündigen wolle. Er habe von meiner Frau erfahren, dass mir die Arbeit im Schulbuchverlag nicht besonders gefalle.
    »Zu kündigen würde mir nichts ausmachen«, sagte ich. »Die Frage ist nur, was ich danach machen soll.«
    »Hättest du nicht Lust, bei mir anzufangen? Du müsstest ziemlich schwer arbeiten, aber dafür würdest du gut verdienen«, sagte er.
    »Ich bin als Schulbuchlektor schon nicht sonderlich geeignet, aber in einem Bauunternehmen wäre ich wahrscheinlich völlig fehl am Platz«, gab ich ehrlich zur Antwort. »Ich weiß dein Angebot zu schätzen, aber wenn ich mich als ungeeignet erweise, haben wir am Ende mehr Ärger als Nutzen.«
    »Da könntest du recht haben. So etwas kann man nicht erzwingen«, sagte mein Schwiegervater. Offenbar hatte er diese Antwort bereits erwartet. Wir waren dabei, uns einen Schluck zu genehmigen. Sein Sohn trank keinen Alkohol, weshalb er hin und wieder mit mir vorliebnahm. »Übrigens haben wir ein Gebäude in Aoyama. Es ist noch im Bau, wird aber nächsten Monat fertig. Die Lage ist gut, und das Haus ist auch nicht schlecht. Im Augenblick ist es vielleicht noch ein bisschen ab vom Schuss, aber die Gegend macht sich. Wenn du willst, könntest du dort ein Geschäft aufziehen. Das Haus ist Firmenbesitz, also müsste ich Miete und Kaution von dir verlangen, aber wenn du wirklich Lust hättest, würde ich dir das nötige Kapital leihen.«
    Ich dachte eine Weile über seine Idee nach. Sie war gar nicht so übel.
    Schließlich eröffnete ich im Keller des Gebäudes eine elegante Jazz-Bar. Während meiner Studentenzeit hatte ich länger in einem solchen Lokal gearbeitet und eine Menge nützliches Know-how aufgeschnappt. Ich hatte ziemlich klare Vorstellungen, welche Speisen und Getränke man servieren, welches Publikum man ansprechen, welche Musik man spielen und wie das Interieur beschaffen sein sollte. Die Firma meines Schwiegervaters übernahm die gesamte Innenausstattung. Er kam mit einem hervorragenden Designer und Innenarchitekten und

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