Suehne
verdrehte die Augen und stöhnte sicherheitshalber auch noch laut. »Du scheinst nicht ganz überzeugt zu sein, Nadja?« Die Russin wird ihm noch seinen ganzen Holzkopf abhobeln, dachte Bäckström.
»Ich habe eher den Eindruck, dass Akofeli überrumpelt und von hinten erdrosselt wurde«, meinte Nadja. »Außerdem kann Seppo Lauren Danielsson gar nicht ermordet haben, schließlich besitzt er ein Alibi. Während der Mord begangen wird, ist er in Computerspiele vertieft. Seppo Lauren hat also ein sogenanntes Alibi. Das ist Latein und bedeutet >anderswo<, das heißt, Seppo Lauren sitzt vor seinem Computer in seiner Wohnung ganz oben im Haus. Er befindet sich also nicht in Danielssons Wohnung im ersten Stock im selben Haus.«
»Ein sogenanntes Alibi, auf das ich nicht sonderlich viel gebe«, meinte Alm. »Woher wollen wir wissen, dass er wirklich dort saß? Wir wissen doch nur, dass irgendjemand an seinem Computer gesessen hat, und nicht, dass es auch wirklich Lauren war.«
»Wer hätte es sonst sein sollen?«, wollte Nadja wissen. Kollege Alm muss ein vollkommener Idiot sein, und das ist selbst in diesem Haus relativ selten, dachte sie.
»Jeder x-Beliebige, den er kennt«, meinte Alm. »Er hat die Tat geplant, ein Freund verschafft ihm sein Alibi, nicht auszuschließen, dass ihm Akofeli geholfen hat. Schließlich räumt Lauren sogar ein, Akofeli zu kennen.«
»Er hat mit ihm einmal gesprochen, als Akofeli seine Zeitungen austrug«, fiel ihm Nadja ins Wort.
»Das behauptet er, ja«, sagte Alm. »Wenn wir den finden, der an Laurens Computer saß, dann haben wir auch dieses Problem gelöst.«
»Ich werde jetzt einen ernsthaften Versuch unternehmen«, sagte Nadja Högberg und atmete tief durch, um Kraft zu sammeln.
»Ich bin ganz Ohr«, sagte Bäckström. Jetzt fällt der Specht über ihn her, dachte er.
»Der Einzige, der an Seppos Computer gesessen haben kann, ist er selbst. Es ist vollkommen ausgeschlossen, dass außer ihm jemand anders dort gesessen hat.« »Weshalb glaubst du das, Nadja?«, fragte Bäckström.
»Weil Seppo einzigartig ist«, antwortete Nadja. »Vermutlich gibt es nur einen Menschen wie ihn.«
Was soll das jetzt wieder?, dachte Bäckström. Der Bursche ist doch geistig zurückgeblieben.
»In der fraglichen Nacht hat er Sudokus gelöst, ihr wisst schon, solche japanischen Zahlenrätsel, wie es sie in den Zeitungen gibt, mit dem Unterschied, dass die seinigen am Computer dreidimensional waren, also ungefähr wie dieser Zauberwürfel. Aus der Einloggliste weiß ich, welche Probleme er gelöst hat und wie er dabei vorgegangen ist. Er löst sie auf eine Art und in einer solchen Geschwindigkeit, dass er über eine einzigartige Intelligenz verfügen muss. Vermutlich gibt es nur einen einzigen Seppo auf der ganzen Welt.«
»Aber der arme Junge ist doch ein Dummkopf«, meinte Alm.
»Nein«, erwiderte Nadja. »Ich bin zwar keine Ärztin, aber ich vermute, dass er an einer bestimmten Variante des Autismus leidet, die sich dadurch auszeichnet, dass er mit der Sprache sehr sparsam umgeht. Wir finden, dass er wie ein Kind spricht, aber eigentlich sagt er einfach nur das Nötigste. Ungefähr so, wie kleine Kinder sprechen, ehe ihnen ihre Eltern eine Menge unnötiger Wörter beibringen und sie an Ironie, Sarkasmus und ganz normale Lügen gewöhnen.«
»Der Knabe ist also ein Genie?« Was behauptet sie denn da schon wieder?, dachte Bäckström.
»Ganz sicher ist er ein Mathegenie«, erwiderte Nadja. »Sozial gehandicapt? Gewiss, wenn wir unsere Maßstäbe anlegen. Als er Danielsson zum ersten Mal eins aufs Maul gegeben hat, verteidigt er sich damit, Danielsson habe seine Mutter gestoßen. Beim zweiten Mal ist er erzürnt, weil seine Mutter nicht mit ihm sprechen will. Das lässt sich doch wohl kaum besser ausdrücken? Als er Danielsson nach dem ersten Mal in den Fahrstuhl hilft, sagt er, Danielsson hätte den Lift genommen und sei nach Hause gefahren. Er sagt nicht, Danielsson hätte auf den Knopf gedrückt und sei in den ersten Stock gefahren, wo er wohnt, um dann seine Wohnung zu betreten und die Tür hinter sich zu schließen. All das, was normale Menschen gesagt hätten, ohne eigentlich Genaueres zu wissen. Lies dein eigenes Verhörprotokoll, Lars«, sagte Nadja.
»Bist du dir ganz sicher, Nadja, bei dem, was du da behauptest?«, fragte Annika Carlsson.
»Hundertprozentig«, sagte Nadja. »Heute morgen habe ich ihm ein dreidimensionales Sudoku gemailt, an dem ich selbst jetzt schon seit drei Wochen
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