Suehne
waren mannigfaltig. Alkohol konsumierte er jedoch nicht. Er war in jeder Hinsicht ein rechtgläubiger Moslem und kein normaler Schwede, der soff und dann allen gegenüber, die sich die Zeit nahmen zuzuhören, plauderte.
Er hatte im Laufe der Jahre über hundert polizeiliche Vernehmungen über sich ergehen lassen. Anfangs waren noch seine Mutter und eine Vertreterin des Jugendamts zugegen gewesen. Nasir hatte geschwiegen.
»Ich heiße Nasir Ibrahim«, hatte Nasir gesagt und seine Personenkennziffer heruntergebetet. »Ich habe dem nichts hinzuzufügen.«
»Du bist genau wie dein großer Bruder Farshad«, hatte einer der vielen Beamten festgestellt. »Lassen wir uns doch genau da beginnen und uns etwas über deinen ältesten Bruder Farshad Ibrahim sprechen. Er ist ja bekannt dafür, anderen Menschen mit Respekt zu begegnen.«
»Ich heiße Nasir Ibrahim, dreiundachtzig null zwei null sechs ... Sie sprechen von meinem ältesten Bruder. Ich erwarte Respekt, wenn Sie von ihm reden.« »Sicher doch«, antwortete der Beamte.
Mehr hatte er nie gesagt, wenn er sich in der Gesellschaft von Polizisten befand. In der Kneipe konnte es schon mal anders sein. In den Akten fanden sich Überwachungsfotos und Gespräche, die mitgehört und mitgeschnitten worden waren. Immer wieder hatten auch Leute widerwillig ausgesagt. Auch, dass Farshad einige Male gezwungen gewesen war, seinen Bruder wie im Alten Testament zu züchtigen, obwohl beide Moslems waren.
Hassan Jalib war der Vetter vom Lande, sowohl im übertragenen Sinne als auch buchstäblich. Er war einige Jahre nach den Ibrahims mit seiner Familie nach Schweden gekommen und hatte die erste Zeit im Haus der Verwandtschaft in Sollentuna verbracht. Er war sechsunddreißig Jahre alt, dreiunddreißig davon hatte er in Schweden verbracht. Vorstrafen wegen Totschlags, Körperverletzung, Raubüberfällen, Nötigung und Erpressung. Er war des Mordes und mehrerer schwerer Raubüberfälle verdächtigt worden, dann eines weiteren Mordes sowie eines Mordversuchs. Er war zu drei Gefängnisstrafen von insgesamt zehn Jahren verurteilt worden, von denen er acht abgesessen hatte. Er war Farshads Leibwächter, Killer und Mädchen für alles. Mit seinen zwei Metern Körpergröße, einhundertdreißig Kilo Körpergewicht, rasiertem Schädel, Dreitagebart, braunen, tiefliegenden Augen und einem Unterkiefer, der ständig in Bewegung war, als würde er etwas kauen, war er eine furchteinflößende Gestalt.
So einem Typen sollte man mal mit meiner kleinen Sigge einen neuen Scheitel ziehen, dachte Bäckström. Er stand abrupt auf und zog seine gut geschnittenen, gelben Leinenhosen glatt.
»Come on punks, come on all of you, make my day«, sagte Kriminalkommissar Evert Bäckström halblaut.
Befragung der Nachbarn. Hasselstigen 1, drittes Stockwerk. Jetzt ging es um Farshad Ibrahim, Farbod Rashid Ibrahim, Hassan Jalib und ihre eventuellen Kontakte zu Karl Danielsson. Man verfügte über gute Fotos, eigene, eben erst aufgenommene Überwachungsfotos , im Namen der Gerechtigkeit ergänzt um einige ähnliche Gestalten, die keinesfalls mit der Sache zu tun hatten, weil sie die getreuen Mitarbeiter von Linda Martinez waren, allerdings nur die dunkelhäutige Variante, keine braunen, schwarzen oder blauen, und das, obwohl Frank Motoele seine Dienste angeboten hatte, als er seiner Chefin dabei behilflich gewesen war, das Material für die fotografische Gegenüberstellung zusammenzustellen. Seppo Lauren hatte nichts gesehen, obwohl Alm versuchte, ihm auf die Sprünge zu helfen.
»Die habe ich noch nie gesehen«, sagte Seppo und schüttelte den Kopf.
»Schauen Sie sie sich sicherheitshalber noch einmal an«, drängte ihn Alm. »Die Leute, für die wir uns interessieren, sind also Ausländer, Einwanderer, wenn man so will.«
»Ich verstehe nicht, was Sie meinen«, sagte Seppo und schüttelte den Kopf.
Ein richtiges kleines Genie, dachte Alm, seufzte und packte seine Fotos wieder ein. »Aber da sind doch nur Ausländer oder meinetwegen Einwanderer, wie man heute sagt, auf den Fotos«, stellte Frau Stina Holmberg fest.
»Aber Sie erkennen keinen wieder, Frau Holmberg?«, fragte Jan O. Stigson.
»Hier in Solna wohnen ja fast nur noch Einwanderer«, erwiderte Frau Holmberg und nickte Felicia Pettersson freundlich zu.
»Was auch immer das mit der Sache zu tun haben könnte«, meinte sie dann. Die meisten Nachbarn erkannten niemanden wieder.
Ein irakischer Einwanderer, der im dritten Stock wohnte und in der V-Bahn
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