Suehne
Reichspolizeichef gesprochen. Die haben versucht, mich dazu zu kriegen, bis zum Schluss zu bleiben. Ich habe mich für ihr Vertrauen bedankt, aber höflich abgelehnt. Ich habe auch einige andere Angebote ausgeschlagen.« »Wann wolltest du das denn bekannt geben?«, fragte Holt. »Nach der Regierungssitzung am Donnerstag wird es öffentlich.« »Was hast du stattdessen vor?«, wollte Holt wissen.
»Kohl anzubauen und in Würde alt zu werden«, meinte Johansson und nickte nachdenklich.
»Und warum erfahre ausgerechnet ich das vor allen anderen hier im Präsidium?« »Weil ich noch eine Frage hatte«, meinte Johansson. Wusst ich's doch, dachte Holt.
»Aber da du jetzt schon so eine Miene machst, will ich dich gleich beruhigen. Ich habe dich nicht hergebeten, weil ich dir einen Antrag machen will. Wie geht es übrigens deinem Kollegen Jan Lewin?«
»Gut«, erwiderte Holt. »Wie geht es denn deiner lieben Ehefrau Pia?«
»Meinem Leben, meinst du«, erwiderte Johansson und wurde plötzlich ernst. »Sie fühlt sich wie eine in Gold gefasste Perle.« »Die Frage«, erinnerte ihn Holt. »Du hattest eine Frage.« »Richtig, die Frage«, sagte Johansson. »Irgendwie muss in meinem Kopf etwas falsch geschaltet sein, denn sobald ich das Thema wechsele ... «
»Jetzt mal im Ernst, Lars. Versuch einfach mal, bei der Sache zu bleiben.«
»Willst du Direktorin der Polizeidirektion West werden?«, fragte Johansson. Direktorin der Polizeidirektion West? Sie hatte doch schon einen Job, der ihr außerdem gefiel. Sie mochte ihre Kollegen, und mit einem von ihnen hatte sie einen Monat zuvor eine Affäre angefangen. Das wäre vermutlich der einzige Grund, die Stelle zu wechseln, dachte Holt. Beziehungen am Arbeitsplatz sind nicht gut für die Liebe, dachte sie, sie sind auch für sonst nichts gut.
Zwanzigtausend Kronen mehr im Monat. Ein Arbeitsplatz, den sie von zu Hause zu Fuß erreichen konnte. Eine ausgezeichnete Organisation, eine der besten im gesamten Stockholmer Raum. Es war eine Herausforderung, Hunderte von Mitarbeitern zu führen, unter anderem einige der besten Polizisten im Lande. Ganz abgesehen davon gab es nur einen Grund, warum Johansson ausgerechnet sie gefragt hatte. »Es gibt nur einen Grund, warum ich dich gefragt habe«, sagte Johansson. »Einen«, wiederholte er und hob seinen langen Zeigefinger. »Und der wäre?«
»Weil du die Beste bist«, antwortete Johansson. »So einfach ist das.«
»Noch eine praktische Frage«, sagte Holt. »Kannst du mir so eine Stelle überhaupt anbieten? Entscheidet so was nicht die Polizeiführung in Stockholm?«
»Inzwischen entscheidet das die Regierung«, sagte Johansson, »und zwar in Absprache mit der Reichspolizeidirektion und in diesem Fall mit der Polizeiführung in Stockholm. Der Bezirkspolizeichef wird sich noch bei dir melden, und zwar unabhängig davon, wie du dich jetzt entscheidest. Überleg es dir.«
»In Ordnung«, erwiderte Holt. Dass sie gut war, wusste sie, und sie hatte im Unterschied zu vielen ihrer Kolleginnen kein Problem damit, das gegebenenfalls auch auszusprechen. Aber dass sie die Beste war? Dass das ausgerechnet von Johansson kam. Beachtlich, wenn man daran dachte, wie viel sie immer gestritten hatten.
»Gut«, sagte Johansson. »Jetzt kümmern wir uns nicht weiter darum, jetzt amüsieren wir uns nur noch. No more business. Back to pleasure. Jetzt darfst du das Thema aussuchen, Anna.«
»Erzähl«, sagte Holt. »Erzähl mir, warum du plötzlich beschlossen hast, deinen Job an den Nagel zu hängen.«
»Wie gesagt«, erwiderte Johansson unbekümmert. »Jetzt amüsieren wir uns nur noch. No more business. Aber wenn du willst, kann ich dir erzählen, warum ich Polizist geworden bin. Wie das Ganze angefangen hat sozusagen.«
»Warum bist du denn Polizist geworden?« Er ist wie immer, dachte Holt.
»Weil es mir gefällt, Dingen auf den Grund zu gehen«, antwortete Johansson. »Das war immer meine große Leidenschaft. Und Pia natürlich, dieses unfassbare Glück, die Frau des Lebens zu treffen, wenn man die Hälfte der Erdenwanderung bereits hinter sich hat.« Jetzt, wo du weißt, wer den Ministerpräsidenten ermordet hat, ist es vermutlich nicht mehr so aufregend, Dingen auf den Grund zu gehen, dachte Anna Holt. Aber du hast ja noch deine Frau, denn die liebst du ja immer noch, dachte sie.
25
Eine Woche später rief die Bezirkspolizeidirektorin in Stockholm bei Anna Holt an und fragte, ob sie sie zum Mittagessen einladen dürfe. Am liebsten so
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