Suehne
und goss sich als Allererstes in der Küche ein weiteres großes Glas ein, nahm ein Pils aus dem Kühlschrank und machte sich ein Butterbrot mit sehr viel Leberwurst und Gurkenmayonnaisemischung. Er stellte alles auf ein Tablett und platzierte dieses auf dem Couchtisch vor dem Fernseher. Ich muss der Russin sagen, dass sie ein paar Flaschen Bier mitbringt, dachte er.
Dann zog er seine Kleider aus und stellte sich unter die Dusche. Nach dem Duschen puderte er sich ein und putzte sich die Zähne. Beim Zähneputzen dachte er oft an seine Mutter. Auch dieses Mal, obwohl ihm nie so recht klar war, warum eigentlich. Ich komm schon noch drauf, dachte er träge. Er setzte sich aufs Sofa und machte die Nachrichten an, um bei seinem einfachen Abendessen das ganze einheimische und globale Elend genießen zu können, das sich in den vergangenen vierundzwanzig Stunden ereignet hatte.
Dann schlief er ein, und als er erwachte, war es bereits zwei Uhr nachts. Jemand klingelte bei ihm.
Das kann nur dieser verdammte Nachbar sein, der alles aufgetrunken hat, was er mir letzte Woche abgeluchst hat, dachte Bäckström, der bereits wusste, was er sagen würde.
Dem würde er nichts mehr verkaufen, und wenn er seinen russischen Wodka nur anrührte, wäre er ein toter Mann. Kollegin Annika Carlsson stand angekleidet und scheinbar putzmunter vor ihm.
»Tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe, Bäckström«, sagte sie, »aber dein Handy war abgestellt, und deine Privatnummer hatte auch niemand, und deshalb bin ich einfach auf gut Glück hierher gefahren.«
»Kein Problem«, erwiderte Bäckström. »Ich wollte ohnehin gerade aufstehen. Ich gehe immer um diese Tageszeit joggen.« Du bist doch wohl kaum hier, weil du eine Nummer schieben willst, dachte er. »Du willst sicher wissen ... «
»Sag nichts«, fiel ihr Bäckström ins Wort und hob sicherheitshalber noch die Hand.
»Ich bin nicht dumm«, meinte er noch. »Ich will mir nur erst was überziehen.«
35
Axel Stenberg war siebzehn Jahre alt. Er war ein Meter fünfundachtzig groß, athletisch und durchtrainiert. Er war stärker als die meisten Erwachsenen und geschmeidiger als fast jeder andere, ungeachtet des Alters. Er war eine absolute Sportskanone, aber zu faul zum Trainieren. Trotzdem war er einer der besten der Schule in Fußball, Eishockey, Gymnastik und Schwimmen. Es war einfach angeboren. Sein Sportlehrer und er hatten ein kompliziertes Verhältnis. Warum machte er nichts aus seinen hervorragenden körperlichen Voraussetzungen, der Gabe, mit der er zur Welt gekommen war?
Axel hatte blondes, lockiges Haar, blaue Augen und strahlend weiße Zähne und lächelte gerne. Schon in der Grundschule hatten alle Mädchen mit ihm zusammen sein wollen, und so war es immer weitergegangen. Mit Ausnahme seines Sportlehrers hatte er zu allen Lehrern ein schlichtes, sprich schlechtes Verhältnis. Wieso war ihm die Schule nur so egal? Er war schließlich alles andere als unbegabt.
Axel hatte nur ein Interesse im Leben: Mädchen. Diejenige, die ihn im Augenblick interessierte, hieß Hanna. Sie war genauso alt wie er und vor einem Monat in das Haus gezogen, in dem er auch lebte.
Hanna Brodin war siebzehn. Sie war ein Meter fünfundsiebzig groß, schön, anmutig und durchtrainiert. Sie hatte langes, dunkles Haar, braune Augen, weiße Zähne und ein strahlendes Lächeln. Da sie seit der Grundschule die Klassenbeste gewesen war, hatte sie ein ausgezeichnetes Verhältnis zu ihren Lehrern, und das, obwohl alle Jungs immer mit ihr hatten gehen wollen und auf alle erdenkliche Art um ihre Gunst geworben hatten.
Der Letzte in der Reihe derjenigen, die sie angebaggert hatten, war Axel gewesen, und da ihre Mutter zu einer Fortbildung mit ihren neuen Arbeitskollegen gefahren war, waren sie, bereits als sie sich zum ersten Mal alleine sahen, bei ihr gelandet. Axel hatte die von ihm erwarteten Manöver gemacht, aber in dem Spiel, das sie soeben eingeleitet hatten, war sie ebenso geübt wie er, und es hatte ihr keine Mühe bereitet, sich darauf einzustellen.
»Was hältst du von einem abendlichen Bad?«, fragte Axel. »Dem ersten des Jahres?«
»Ist es nicht noch etwas kalt?«, wandte Hanna ein. »Außerdem weiß ich nicht, wo ich meinen Badeanzug habe. Meine Mutter und ich sind noch nicht dazugekommen, alles auszupacken.« »Ich hatte vor, nackt zu baden«, sagte Axel und lächelte. »Das kann man sich natürlich nicht entgehen lassen«, erwiderte Hanna und lächelte ebenfalls. »Aber wenn es zu
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