Suehne
kalt ist, musst du alleine baden.« Dann nahm Axel sie zu seiner Badestelle mit. Seiner und der seiner Freunde, wenn man genau sein wollte. Sie lag nur hundert Meter unterhalb des Hauses, in dem er und Hanna wohnten. Ein großer, abgerundeter Felsen, von dem man in das Wasser des Ulvsundasees springen konnte. Abgelegen und unzugänglich, perfekt an sonnigen Tagen, und mit von dichten Büschen umstandenen Felsspalten, in denen man sich näher kommen konnte. Perfekt zum Springen, da das Wasser bis ans Ufer vier Meter tief war.
Axel hielt sein Versprechen. Er warf seine Kleider ab und hechtete ins Wasser.
Hanna saß auf dem Felsen und sah ihm zu. Mitternacht, aber hell genug, um noch etwas sehen zu können, und den Rest konnte sie sich vorstellen.
Diese Nummer hat er sicher schon früher abgezogen, dachte Hanna. Ihr gefiel aber doch, was sie sah. Jungs, dachte sie. Manchmal sind sie wirklich sehr berechenbar. Axel war hier schon oft gesprungen und immer von derselben Stelle, einer ausreichend breiten Spalte, die sich zwei Meter über der Wasseroberfläche befand. Anlauf nehmen, sich abstoßen, das Kreuz durchdrücken, die Arme ausstrecken, die Handflächen aneinanderpressen, ein kaum hörbares Platschen, ein kurzes Aufwirbeln der Wasserfläche, und er verschwand im See. Dann ein paar Bewegungen der Beine, den Rücken vorbeugen, die Arme ausstrecken, das war alles, um den perfekten Bogen unter Wasser zu beenden und wieder an die Oberfläche zu kommen.
Aber nicht dieses Mal, denn plötzlich stieß er mit den Händen gegen etwas. Etwas Weiches, Großes, Stoff, vielleicht eine Persenning, etwas, was nahe am Grund trieb, im dunklen Wasser aber nicht zu sehen war. Axel nahm die Hände zur Hilfe. Tastete sich vor, fand einen Handgriff, einen weiteren, beugte sich weiter vor und ertastete zwei Räder.
Ein Golfwagen, dachte Axel, dessen Onkel Zahnarzt war und am liebsten nur noch Golf gespielt hätte. Er benutzte seinen Neffen als Caddie und gab ihm nach dem achtzehnten Loch ein Bier aus. Beim Abschied steckte er ihm gewöhnlich ein paar hundert Kronen zu, zwinkerte ihm zu und nahm ihm das Versprechen ab, seiner Mutter nichts zu erzählen. Vor allen Dingen sollte er das Geld nicht auf so nutzlose Dinge wie Schulbücher oder andere Bücher verschwenden.
Axel hatte dieses Versprechen immer gehalten. Schließlich gab es unzählige Mädchen, mehr, als er Geld hatte, wenn er mit ihnen etwas unternehmen wollte, was Spaß machte und kostete. Was für ein Irrer hatte einen Golfwagen ins Wasser geworfen? Im Golfwagen seines Onkels lagen Schläger, die zusammengenommen so viel kosteten wie ein Gebrauchtwagen. Was macht er da eigentlich?, dachte Hanna verärgert. Er war jetzt sicher schon seit ein paar Minuten unter Wasser. Als sie sich gerade erhob, um sich den Pullover auszuziehen, kam er wieder an die Oberfläche. Er winkte ihr zu. »Was machst du da eigentlich?«, fragte Hanna sauer. »Jemand hat einen Golfwagen ins Wasser geworfen«, sagte Axel. »Warte, ich zeige ihn dir«, meinte er und verschwand wieder unter der Oberfläche. Der Wagen saß nirgendwo fest, das war auch kaum vorstellbar, denn bis zwanzig Meter in den See hinein bestand der Grund aus glattem Fels. Axel packte den einen Handgriff und zog den Wagen hinter sich her. Er ließ sich unter Wasser leicht bugsieren, und zwar zu der Stelle in zehn Meter Entfernung, wo es seicht in den See ging. Hanna half ihm dabei, den Wagen aufs Trockene zu bringen. Erst jetzt merkte Axel, wie schwer er war.
»Wieso Golfwagen?«, sagte Hanna. »Ich finde, das Ding sieht aus wie die Wagen, die Zeitungsboten benutzen, um ihre Tageszeitungen auszutragen.«
Shit, dachte Axel.
»Gratuliere, Axe1«, sagte Hanna und lächelte. »Du bist hiermit stolzer Besitzer von zweihundert durchweichten Exemplaren Dagens Nyheter.«
Shit, dachte Axel wieder. Die ganze aufgestaute Energie, kein Sex den ganzen Abend, vielleicht hatte ja gelegentlich was in der Luft gelegen, aber jetzt hatte er sich lächerlich gemacht. Was sollte er bloß mit der Karre anfangen? Mal reinschauen und sie dann ganz aus dem Wasser schleifen und in die Büsche werfen, dachte er.
Erst hatte er die Tasche aufgeschnürt und den Stoffdeckel angehoben. Die Tasche war bis zum Anschlag mit irgendetwas in einer schwarzen Plastikfolie gefüllt. Er befühlte es mit den Händen. Fest, abgerundet, definitiv keine Golfschläger, allerdings auch keine Zeitungen. Dann riss er die Folie auf, um zu sehen, was sich darunter verbarg. »Und?
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