Suehne
Gibt es Finderlohn?«, fragte Hanna, die auf dem Felsen in der Hocke saß. Eine Spur zu kindisch, dachte sie. »Shit!«, brüllte Axel und machte einen Satz nach hinten. »Shit, Shit, Shit!«, schrie er und fuchtelte abwehrend mit den Händen in der Luft. »Was soll denn das?«, fragte Hanna, die jetzt richtig ärgerlich wurde. »Probst du für einen Oscar oder was?« »Verdammte Scheiße«, sagte Axel. »Da liegt ein Toter im Sack.« Er rannte los, um seine Kleider zu holen. Und das Ganze splitternackt, dachte er. »Was machen wir jetzt?«, fragte Axel mit einem Kopfnicken in Richtung Wagen, der immer noch am Ufer stand. Er dachte nicht im Traum daran, sicherheitshalber noch einmal nachzusehen. Das Einfachste wäre gewesen, nach Hause zu gehen. Immerhin war er jetzt nicht mehr nackt, aber er fror so sehr, dass er zitterte. Von seinem wertvollsten Teil ganz zu schweigen, das plötzlich so ausgesehen hatte, als hätte es den ganzen Winter in einer offenen Rinne in einem zugefrorenen See gelegen.
»Wir verschwinden«, schlug Axel vor. »Wir verschwinden«, wiederholte er.
»Bist du verrückt?«, sagte Hanna. »Wir müssen die Bullen rufen, das ist dir doch klar.« Dann hatte Hanna Brodin, siebzehn, auf ihrem Handy die Notrufnummer 112 gewählt und war rasch mit der Einsatz-zentrale der Polizei verbunden worden, denn sie hatte genauso geklungen, wie sich Leute anhören, die gerade eine Leiche im Wasser gefunden haben.
»Treibt sie in der Nähe des Ufers?«, fragte die Frau in der Einsatzzentrale. Die Ärmste, dachte sie. Wasserleichen waren kein Spaß, das wusste sie aus eigener Erfahrung. »Sie liegt in einer Tasche«, entgegnete Hanna.
»In einer Tasche im Wasser also«, sagte die Frau in der Einsatzzentrale. Was sagt sie da?, dachte sie.
»Sie lag im Wasser. Also diese Tasche. Aber mein Freund wollte baden, und dann hat er sie gefunden. Wir haben sie an Land gezogen und reingeschaut. Er hat reingeschaut, ich nicht.«
»Das kriegen wir schon hin«, sagte die Frau in der Einsatz-zentrale. »Bleiben Sie, wo Sie sind, also Sie und Ihr Freund. Gehen Sie nicht zu der Tasche zurück, legen Sie auch nicht auf, ich sorge dafür, dass ein Streifenwagen kommt. Die helfen Ihnen dann. Wir können uns in der Zwischenzeit weiter unterhalten. « »Danke«, sagte Hanna.
Mein Freund, dachte Axel. Das klang nicht ganz hoffnungslos, obwohl sein Schwanz geschrumpft war und er zitterte wie Espenlaub. Die erste Streife kam von der Polizeidirektion West, Polizeiinspektor Holm und Polizeianwärterin Hernandez. Weder Hanna noch Axe1 mussten die Arme heben und die Beine spreizen, um sich nach Waffen durchsuchen zu lassen. Holm leuchtete sie mit seiner Taschenlampe an, nickte freundlich und stellte sich vor.
»Ich heiße Carsten Holm«, sagte er, »und das ist meine Kollegin Magda Hernandez.« Dann trat Holm auf die Tasche zu, leuchtete mit seiner Taschenlampe hinein, nickte Hernandez zu und nahm sein Funkgerät vom Gürtel.
Hernandez nahm Hanna und Axel mit. Sie holte eine Decke aus dem Kofferraum und schlug vor, dass sie auf dem Rücksitz Platz nehmen sollten.
»Dann braucht ihr nicht zu frieren«, sagte Magda und lächelte. »Das hier dauert nicht lange, und dann fahren wir euch nach Hause.«
Meine Güte, was für eine Polizistin, dachte Axel. So eine gutaussehende Frau habe ich noch nie gesehen.
36
Annika Carlsson fasste die Lage während der Fahrt zusammen: zwei Jugendliche, beide siebzehn, eine junge Frau und ein junger Mann, die beide im Jungfrudansen in Solna wohnten, auf dem Berg oberhalb des Ulvsundasees. Gegen halb zwölf Uhr nachts waren sie zum See gegangen, um zu baden.
Ihr Haus lag nur etwa hundert Meter vom Badeplatz entfernt.
»Der Typ ist offenbar allein ins Wasser gesprungen, während seine Freundin zusah. Wenn ich es recht verstanden habe, ist er ins Wasser gehechtet und direkt auf eine große Tasche gestoßen«, sagte Annika Carlsson. »Diese Tasche hat er dann ans Ufer geschoben und an Land gezogen. Als er in die Tasche gesehen hat, entdeckte er darin eine Leiche.«
»Und wer sagt, dass es sich dabei um Akofeli handelt?«, sagte Bäckström.
»Holm und Hernandez waren als Erste dort«, erklärte Annika Carlsson. »Holm ist sich ziemlich sicher, dass es sich um Akofeli handelt. Außerdem sagt er, dass er die Tasche wieder erkennt. Es ist die Tasche, die Akofeli offenbar zum Zeitungsaustragen verwendet hat. So ein größeres Modell auf Rädern.« »Holm und Hernandez. Zum zweiten Mal in einer Woche.
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