Suehne
er verstohlen einen Blick auf die Uhr. Vielleicht ist es das Beste, das Tonband einzuschalten, dachte er und stellte sein Taschendiktiergerät auf den Tisch. Der Bursche hatte schließlich nicht alle Tassen im Schrank, man konnte also nie wissen.
»Womit kann ich Ihnen dienen, Seppo?«, wiederholte Alm und lächelte. »Die Miete«, sagte Seppo. »Wie soll ich das mit der Miete machen?«, meinte er und reichte Alm einen Einzahlungsschein.
»Wem geben Sie sie denn sonst?«, erwiderte Alm freundlich und betrachtete den Einzahlungsschein, den er erhalten hatte. Knapp fünftausend. Wirklich eine Menge für eine Zweizimmerwohnung in so einem Haus.
»Mama«, sagte Seppo, »aber seit sie krank ist, habe ich den Scheck Kalle gegeben. Aber der ist ja ermordet worden. Was soll ich jetzt machen?«
»Kalle Danielsson hat Ihnen also bei der Miete geholfen«, sagte Alm, »seit Ihre Mutter krank ist. Ich muss jemanden vom Sozialamt verständigen, dachte er und warf nochmals einen verstohlenen Blick auf seine Armbanduhr.
»Ja. So habe ich auch das Geld für Lebensmittel erhalten«, meinte Seppo. »Ich meine, von Kalle. Also seit Mama krank ist.« »Kalle war also so nett und hat Ihnen geholfen«, sagte Alm. Er müsste doch irgendeine Rente oder irgendein Krankengeld bekommen, überlegte er.
»Tja«, erwiderte Seppo und zuckte mit den Achseln. »Er hat mit Mama gestritten.« »Er hat mit Ihrer Mutter gestritten?«
»Ja«, sagte Seppo. »Erst hat er sie beschimpft. Dann hat er ihr einen Stoß versetzt, und sie ist hingefallen und hat sich den Kopf angeschlagen. Bei uns zu Hause am Küchentisch.«
»Er hat ihr also einen Stoß versetzt«, meinte Alm, »bei Ihnen zu Hause. Und Ihre Mutter hat sich am Kopf verletzt?« Was sagt der Bursche da, dachte er. »Ja«, sagte Seppo. »Warum hat er das getan?«
»Dann ist sie krank und bei der Arbeit ohnmächtig geworden. Sie mussten sie ins Krankenhaus bringen, mit dem Krankenwagen«, sagte Seppo und nickte ernst.
»Und was haben Sie getan, als Kalle mit Ihrer Mutter gestritten hat?«
»Ich habe ihn geschlagen«, sagte Seppo. »Karate. Dann habe ich ihn getreten, so karatemäßig. Dann bekam er Nasenbluten. Ich wurde wütend. Ich werde fast nie wütend.« »Was hat Kalle getan, nachdem Sie ihn geschlagen hatten?« »Ich habe ihm in den Fahrstuhl geholfen, damit er runter zu sich fahren kann.«
»Und das geschah an dem Tag, bevor Ihre Mutter krank und ins Krankenhaus gebracht wurde?« »Ja.«
»Und was ist dann passiert, nachdem Ihre Mutter ins Krankenhaus gekommen war?«
»Ich habe einen neuen Computer und eine Menge Computerspiele bekommen.« »Von Kalle?«
»Ja. Er hat mich auch um Verzeihung gebeten. Wir haben uns die Hand gegeben und gelobt, uns nie mehr zu schlagen. Er hat mir versprochen, mir zu helfen, bis Mama wieder gesund ist und wieder nach Hause kommt.« »Und seither haben Sie ihn nie mehr geschlagen?«
»Doch«, sagte Seppo und schüttelte den Kopf. »Einmal habe ich ihn noch geschlagen.« »Und warum haben Sie das getan?«, fragte Alm.
»Sie kommt schließlich nie mehr nach Hause«, sagte Seppo. »Sie ist immer noch im Krankenhaus. Sie will nicht mit mir reden, wenn ich dort bin.«
Was soll denn das schon wieder bedeuten?, dachte Alm. Ich muss Ankan Carlsson auftreiben.
Drei Namen hatte sie bereits von Toivonen erhalten. Hassan Jalib, Farbod Rashid Ibrahim und Farshad Ibrahim. Die Signaturen HJ, FR und FI aus Danielssons Taschenkalender. Bleiben zwei übrig, dachte Nadja Högberg, als sie am Freitagmorgen bereits um acht Uhr früh ihren Computer hochfuhr, und zwar fünf Stunden bevor ihr Kollege, Kriminalinspektor Lars Alm, unerwarteten Besuch in seinem Dienstzimmer erhielt.
SL und R, Vor- und Nachname beziehungsweise Vorname, dachte sie.
Erst nahm sie die Liste sämtlicher Personen zur Hand, die im Umfeld der Ermittlungen der Morde an Karl Danielsson und Septimus Akofeli aufgetaucht waren. Opfer, Familie, Freunde und Bekannte, Kollegen, Nachbarn, Zeugen, Verdächtige und Leute, die nur peripher in Erscheinung getreten waren. Die Liste bestand aus dreihundertsechzehn Personen und hatte drei Treffer ergeben, Susanna Larsson, achtzehn, Sala Lucik, dreiunddreißig, und Seppo Lauren, neunundzwanzig.
Susanna Larsson arbeitete bei der Fahrradkurierfirma und war eine Kollegin Akofelis. Sala Lucik lebte in der Wohnung über Akofeli. Man hatte sie befragen wollen, aber sie war nicht zu sprechen gewesen, da sie seit vierzehn Tagen in Sol-na wegen schwerer Drogenvergehen
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