Suehne
später, Liebling«, sagte Magda, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn leicht auf die Wange.
54
Sandra Kovac, siebenundzwanzig, war Immigrantin der zweiten Generation und stammte aus Tensta. Ihr Vater war Serbe und hatte mehr Haare auf der Brust, als gut für ihn war. Er hatte Sandras Mutter sitzengelassen, als sie zwei Jahre alt gewesen war, und hatte seine Tochter in größte Schwierigkeiten gebracht, als sie sich siebzehn Jahre später an der Polizeihochschule in Solna beworben hatte.
»Ich gehe davon aus, dass ihr wisst, dass Sandra Kovac die Tochter von Janko Kovac ist«, sagte der Polizeidirektor aus der Personalabteilung und lächelte die Vorsitzende der für die Aufnahme zuständigen Kommission nervös an.
»An die Erbsünde habe ich nie geglaubt«, erwiderte diese. »Was war denn dein Vater von Beruf?«, meinte sie noch und sah den Polizeidirektor neugierig an. »Er war Landpfarrer«, erwiderte der Polizeidirektor.
»Das hätte man sich denken können«, sagte die Vorsitzende. An dem Tag, an dem Sandra Kovac ihre Ausbildung beendet hatte, hatte ein durchtrainierter Mann an ihrer Tür im Wohnheim in Bergshamra geklingelt. Ein Kollege, dachte Sandra. Ein zukünftiger Kollege, dachte sie dann, da man es mit solchen Unterschieden sehr genau nahm, und obwohl sie nur einen Bademantel trug und vielleicht auch, weil sie schon in Erwartung der abendlichen Party mit den zukünftigen Kollegen ihres Jahrgangs ein kleines Glas getrunken hatte, hatte sie die Tür geöffnet. »Was kann ich für Sie tun?«, fragte Sandra Kovac und zog sicherheitshalber den Gürtel ihres Bademantels etwas enger, falls sie etwas übersehen haben sollte.
»Einiges, hoffe ich«, sagte der Durchtrainierte, lächelte freundlich und zeigte ihr seinen Ausweis. »Mein Name ist Wiklander. Ich arbeite bei der Sicherheitspolizei. Als Kommissar.« »Surprise, surprise«, erwiderte Sandra Kovac. In der Woche darauf hatte sie selbst dort angefangen. Fünf Jahre später war sie mit ihrem Chef zum Reichskriminalamt gewechselt, da ihr höchster Chef noch weiter befördert worden war und jetzt die Verantwortung für die Nationale Kriminalpolizei, die Nationale Einsatztruppe, die Hubschrauber, die Auslandseinsätze und alles andere trug, angefangen mit dem, was geheim war, bis hin zu dem, worin die Öffentlichkeit weiterhin Einblick besaß.
»Du kommst mit, Wiklander«, sagte Lars Martin Johansson beiläufig, einen Tag bevor seine Beförderung öffentlich gemacht wurde. »Kann ich Sandra mitnehmen?«, wollte Wiklander wissen. »Die Tochter von Janko?«, fragte Johansson. »Ja.«
»Besser könnte es gar nicht sein«, meinte Johansson, der um die Ecke schauen konnte. Magda Hernandez, fünfundzwanzig, war Tochter von Einwanderern aus Chile. Ihre Eltern waren Hals über Kopf in der Nacht geflüchtet, in der Pinochet die Macht übernommen und den Handlangem der Diktatur befohlen hatte, den vom Volk gewählten Präsidenten des Landes, Salvador Allende, zu ermorden. Eine lange Reise hatte begonnen, zu Fuß über die Grenze nach Argentinien. Sie war erst zu Ende gewesen, als sie so weit nördlich gewesen waren, wie man nur kommen konnte, wenn man aus Valparaiso in Chile stammte. Magda war in Schweden zur Welt gekommen und aufge- wachsen. Als sie zwölf Jahre alt gewesen war, hatten alle Männer, denen sie begegnet war, aufgehört, ihr in die Augen zu schauen, und stattdessen den Blick auf ihren Busen gerichtet. Alle Männer zwischen sieben und siebzig, dachte sie. Ihr sieben Jahre älterer Bruder hatte sich aus demselben Grund täglich die Fäuste blutig geschlagen.
Am Tag ihres fünfzehnten Geburtstags hatte sie ein ernstes Wort mit ihm gewechselt. »Ich lasse sie wegmachen, Chico. Das verspreche ich dir.« »Ich will, dass du sie behältst«, hatte Chico erwidert 'und ernst genickt. »Du musst eines verstehen, Magda«, hatte er dann noch hinzugefügt. »Sie sind Gottes Geschenk an uns Männer, und es ist nicht unsere Aufgabe, das zu ändern, was er uns einmal gegeben hat.« »Okay«, hatte Magda erwidert. Zehn Jahre später war sie Frank Motoele, dreißig, begegnet. Obwohl ihre Schicht um sechs Uhr morgens zu Ende gewesen war und sie einen ruhigen Nachtschlaf nötig gehabt hätte, war sie mit ihm nach Hause gegangen.
»Will Fräulein Magda nicht ein Kind von mir?«, fragte er und hob sie so in sein Bett, dass er ihr gleichzeitig tief in die Augen sehen konnte.
»Gerne«, erwiderte Magda, »aber versprich mir, vorsichtig zu sein.«
»Ich
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