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Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption

Titel: Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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vierhundert Mitarbeiter. Es hat uns auch reich gemacht. Willcox hat einen Teil seines Vermögens mit miesen Anlagen und unerschwinglichen Frauen verspielt, ich investiere nach wie vor in Nobelbaracken, in denen ich niemals wohnen werde, und du hast nie was ausgegeben und hattest trotzdem nie genug.«
    »Und die Frauen, wie war ich zu ihnen?«
    »Wie ich schon sagte: ein verdammter Idiot. Aber dann kam ja Barbara.«
    »Und – hab ich mich da verändert?«
    »Beruflich nicht. Geschäftlich warst immer ein genialer Drecksack, und die Konkurrenz weiß es. Zwischenmenschlich hat es dich immerhin zugänglicher gemacht. Als hättest du plötzlich gemerkt, dass Leute Gefühle haben – allerdings ohne deshalb selber welche zu empfinden. Es hat dich ruhiger gemacht. Es hat dir auch gezeigt, was Angst ist.«
    »Du meinst meine Phobien?«
    »Ja, the big one , die Vögel, die Brücken über die Bucht, diese ganzen Spinnereien. Willcox und ich wussten übrigens immer von deiner Bank im Golden Gate Park.«
    »Habt ihr mich beschatten lassen?«
    »Das hat schon Barbara besorgt. Sie war überzeugt, dass du sie betrügst, und deshalb ist sie dir mal nachgegangen und hat auf diese Weise deine Zuflucht entdeckt.«
    »Sie hat nie was gesagt.«
    »Was hätte sie sagen sollen? Dass sie’s bereut, einen Typen geheiratet zu haben, dessen Lieblingsbeschäftigung darin besteht, den Abstand zwischen einer Bank und einem öffentlichen Abfalleimer auszumessen?«
    Shepard steigen Tränen in die Augen.
    »Hat sie’s denn bereut?«
    »Nie, Shep, das weißt du. Nie hat sie es bereut. Sie hat einfach verstanden, dass ihre Liebe Grenzen hat. Oder vielmehr: dass es Dinge gibt, gegen die selbst ihre grenzenlose Liebe machtlos war. Das hat sie eingesehen, und ich glaube, dass sie dich von da an noch mehr geliebt hat.«
    »Hat sie dir das gesagt?«
    »Sie hat mich angerufen und mir gesagt, dass du stundenlang auf einer Bank sitzt und ins Leere starrst. Und sie hat geweint.«
    »Du weißt Dinge über sie, von denen ich keine Ahnung hatte.«
    »So ist das immer, Shep.«
    »Und jetzt ist sie tot.«
    Grant ist auf Shepard zugegangen. Er legt ihm unbeholfen eine Hand auf die Schulter.
    »Du musst es akzeptieren und damit leben. Du kannst dich nicht hier einsperren und dich mit Koks und Arbeit zudröhnen. Du musst wieder nach Hause, du musst dich von ihnen verabschieden.«
    »Das geht über meine Kraft.«
    »Das macht dich menschlich.«
    Shepard ist jetzt allein. Er betrachtet den Himmel. Er steht hinter der Scheibe. Er hat immer hinter einer Scheibe gestanden. Er berührt das Glas. Es ist dick und kalt. Es verschluckt Geräusche. Er liebt diese Berührung. Er schließt die Augen. Ein Hauch von Barbaras Parfum steigt an die Oberfläche seines Bewusstseins. Ein Anflug vom Lachen der Zwillinge. Ein Sonnenstrahl. Das türkisblaue Wasser einer Lagune. Er schlägt die Augen wieder auf und atmet tief durch. Grant hat recht. Es ist Zeit, nach Hause zu gehen.
32
    Shepard steht auf der anderen Straßenseite gegenüber dem schönen viktorianischen Haus mit seiner violetten Holztäfelung, nur wenige Meter vom Twin Peaks Park. Er betrachtet das weiße hölzerne Gartentor und den Vorgarten. Die von ihm eigenhändig gebaute Schaukel, die hier darauf gewartet hat, dass seine Mädchen alt genug für sie wären. Den Sandkasten, von dem Barbara schaudernd vor Abscheu sagte, sämtliche Katzen aus der Nachbarschaft verrichteten nachts darin ihr Geschäft. Shepard würde sich am liebsten auf den Bürgersteig legen. Aber er geht zögernd auf das Haus zu. Jetzt, wo er mitten auf der Straße steht, entdeckt er Monicas verlassenes Dreirad neben dem Azaleenbeet, das Barbara vor zwei Monaten angelegt hat. Er öffnet das Gartentor und geht den Weg entlang. Im Näherkommen erkennt er auf der Treppe zur Haustür, in sich zusammengesunken, Merediths Stoffpuppe. Vor der Tür angelangt, lauscht er dem Atem des Hauses. Er meint Stimmengemurmel zu hören, Gelächter, einen im Wind klappernden Fensterladen, Barbaras gedämpfte Stimme, die mit den Mädchen redet. Nackte Füßchen tapsen über das Parkett in der Diele. Es scharrt hinter der Tür. Langsam dreht sich der Knauf in seiner Hand. Seine Finger sind eiskalt. Auf der anderen Seite ein kleines Lachen. Und ein Flüstern: »Papa?«
    Shepard berührt sacht das Holz. Seine Lippen zittern.
    »Entschuldige, Monica, ich hab’s nicht geschafft. Ich hab’s versucht, aber ich konnte nicht.«
    Ein Schluchzen. Ein Räuspern.
    »Böser

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