Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption
schneller. Peter überläuft es kalt. Er begreift, dass der Bursche die Show, die er abzieht, wirklich genießt und dass es sinnlos und gefährlich ist, ihn anzulügen. Der Sheriff mustert Wendy, die sich krümmt, um ihre Blößen zu verdecken.
»Ich höre, Knabe«, sagt er. »Wart ihr die Werkzeuge des Teufels? Habt ihr die Sünde begangen, die das Paradies verdorren lässt? Habt ihr die Sache gemacht?«
»Welche Sache?«
»Der Sheriff will wissen, ob du deinen Schwanz in die Kleine gesteckt hast.«
Die Bullen im Hintergrund brechen in ein schadenfrohes Gelächter aus. Der Sheriff dreht sich wortlos um, und das Lachen erstirbt schlagartig. Abermals betrachtet er Wendy.
»Hast du den Menschensohn in Versuchung geführt, Weib? Hast du ihm deine Brust und deine schmutzige Frucht gezeigt, um ihn ins Verderben zu stürzen?«
»Nein, Sir. Wir kamen aus dem Fluss und haben gefroren und unsere nassen Sachen ausgezogen und uns nebeneinandergelegt, um uns zu wärmen.«
»Schweig, Knabe, ich rede mit der Kreatur.«
»Meinen Sie mich mit der ›Kreatur‹?«
»Hör auf, Wendy.«
Aber Wendy ist nicht mehr zu stoppen. Sie ist weiß vor Wut.
»Glauben Sie ihm kein Wort, Sheriff Arsch. Wir haben uns nicht ausgezogen, weil uns kalt war. Wir haben uns ausgezogen, um die Sache zu machen. Wir haben sie irrsinnig oft gemacht. Sie sollten es auch mal versuchen, statt Ihre Frau zu prügeln und nächtelang Minderjährige zu jagen. Das würde Ihnen verdammt guttun.«
Ein seltsames Lächeln kräuselt Quincys Lippen, als er die Schnalle an seinem Gürtel öffnet und ihn durch die Schlaufen herauszieht. Er wickelt sich das eine Ende ums Handgelenk und beginnt auf die beiden einzuschlagen. Peter schlingt sich um Wendy, um sie vor den Schlägen möglichst zu schützen, und spürt kaum den Schmerz, als das Leder seine nackte Haut peitscht. Je länger die beiden einander in die Augen starren und sich wortlos geloben, nicht zu schreien oder zu weinen, desto heftiger schlägt der Kerl zu. Er schlägt regelmäßig und schwitzt dicke Tropfen, die herabfallen und auf seinen Opfern zerplatzen. Das ist der Hauptgrund, weshalb Peter sich schwört, den Sheriff des Claiborne County umzubringen: wegen dieser Schweißtropfen, die er auf den Körper seiner Freundin fallen lässt, als spuckte er sie an.
Mit einem Ruck schrickt Shepard aus dem Schlaf. Er sitzt noch immer in seinem Schreibtischsessel, am ganzen Körper nass vor Schweiß. Ein fahles Morgenlicht fällt durch das Panoramafenster, in der Ferne ragen die Wolkenkratzer von San Francisco in die Höhe. Mit einer Grimasse steht er auf. Er tritt vor den Spiegel in seinem Büro und zieht sich das Hemd aus der Hose, dann dreht er sich zur Seite und betrachtet die Spuren der Schläge, die sich in Streifen über seinen Rücken ziehen. Alte Narben, die nie ganz verheilt sind.
31
Shepard steht vor dem Fenster. Aus dieser Höhe hat er einen unverbaubaren Blick über die fünf Brücken zwischen den verschiedenen Geschäftszentren. Vom Pazifik her fahren mehrere Frachter in einer Reihe auf die Golden Gate Bridge zu. Der Himmel ist völlig wolkenlos. Shepard kneift die Augen zusammen. Etwas fehlt in all diesem Blau.
»Hörst du mir zu, Shep, oder ist dir schnurzegal, was ich rede?«
Shepard gibt keine Antwort. Er hält nach den Vögeln am Himmel Ausschau. Auf dem Schreibtisch hinter ihm türmen sich Dutzende Akten und Stapel von Faxen und Mailausdrucken. Er hat die letzten zwei Tage daran gearbeitet, die Firmenfusion unter Dach und Fach zu bringen; achtundvierzig Stunden, in denen er nie mehr als ein paar Minuten am Stück geschlafen hat. Eine Linie Koks, vielleicht zwei. Whisky. Seit Barbaras Tod ruiniert sich Shepard gewissenhaft und systematisch, um nicht denken zu müssen.
»Shep, hörst du mir zu oder nicht?«
Shepard dreht sich zu seinem Partner um. Mark Grant ist ein gut aussehender Mann in einem Anzug, der sich salopp gibt, aber gut zweitausend Dollar gekostet hat. Grant ist beunruhigt. Auch bestürzt. Shepard sieht ihn an, als nähme er ihn erst jetzt zur Kenntnis.
»Was sagst du?«
»Seit vierzehn Minuten ist die Fusion perfekt. Der Health-Chemical-Konzern hat uns den vereinbarten Betrag samt einer kleinen Zulage überwiesen.«
»Wie viel?«
»Die vertraglich vereinbarten vierzehn Millionen plus drei Millionen pro Partner.«
»Hast du die Anteile auf unsere Überseekonten transferieren lassen?«
»Kaimaninseln, Venezuela und die Jungferninseln, wie immer.«
Grant will noch etwas
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