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Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption

Titel: Sühneopfer - Graham, P: Sühneopfer - Retour à Rédemption Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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zum Ufer zurück. Beißer kläfft sich die Seele aus dem Leib.
30
    Eng an Wendy geschmiegt, wacht Peter auf; sie liegen unter einem Dach aus Zweigen. Ihr Inselchen ist gut gewählt: Rund herum ist der Uferbereich so weich und mit Wurzeln durchsetzt, dass Boote dort nicht anlegen können. Ein zweites schwer zu überwindendes Bollwerk bilden die Ranken der Pfeffersträucher und das Sumachdickicht, und der feuchte Boden ist mit angeschwemmten toten Ästen übersät. In der Mitte der Insel ist eine vom Ufer kaum sichtbare Lichtung. Dort, hat Peter beschlossen, werden sie ein paar Tage bleiben und bei den Behörden hoffentlich in Vergessenheit geraten.
    Tags zuvor, nachdem sie Beißer glücklich entronnen waren, ließen sie sich am anderen Ufer an Land treiben und wanderten weit genug flussaufwärts nach Norden, bis sie hoffen konnten, die Grenze des Claiborne County hinter sich zu haben, und als sie dieses Inselchen entdeckten, wateten sie noch einmal ins Wasser und kletterten mühsam ans Ufer. Sie zogen sich nur die nassen Kleider aus und fielen, ohne Feuer und ohne Liebe, in einen Schlaf der Erschöpfung. Jetzt hat ihn ein bohrender Hunger geweckt. Peter spürt Wendys warme Haut an der seinen. Ihre kleine Brust hebt und senkt sich. Sie schläft auf der Seite, die Beine mit seinen verschränkt, und Peter denkt, dass er gern hier mit ihr alt würde. Sie bekämen Kinder miteinander. Kinder des Flusses, die auf den Bäumen lebten und die Sprache der Reiher verstünden. Er würde gern hier sterben, denkt er in seinem Halbschlaf. Egoistischerweise kurz vor Wendy. Dann besinnt er sich: Er würde gern in derselben Sekunde sterben wie sie und sie dabei in den Armen halten.
    Der Tag bricht an. Hinter seinen Lidern wird es hell. In dem Moment, als er Wendy wecken will, steigt ihm ein starker Pfefferduft in die Nase und überdeckt den Geruch des Bayou. Ein heißer, stinkender Atem haucht ihn an. Geifer tropft auf ihn herab. Er öffnet die Augen. Wenige Zentimeter über seinem Gesicht klafft Beißers Maul. Sein Fell ist gesträubt, und aus seiner Kehle kommt jetzt ein dumpfes Grollen.
    Peter will einen Schrei ausstoßen, doch in dem Moment drückt sich etwas Kaltes auf seine Stirn. Er blickt auf und sieht, unverkennbar im frühen Morgenlicht, einen Gewehrlauf und dahinter, in der Verlängerung der Waffe, ein Gesicht unter einem Hut. Der Mann legt einen Finger an die Lippen und macht: »Psst.« Peter drückt Wendy an sich. Das Mädchen bewegt sich im Schlaf.
    »Sind sie das?«, fragt der Mann mit dem Gewehr.
    Hinter ihm antwortet Brunswick dröhnend: »Jawohl, das sind die zwei minderjährigen Kommunisten, die meinen Beißer gepfeffert haben. Komm her, Beißer. Hierher, mein Kleiner. Jetzt zahlen wir es den beiden heim.«
    Peter begegnet erneut dem Blick des Bewaffneten. Der Mann hat die Statur eines Holzfällers und trägt einen langen schwarzen Vollbart. Auf seiner Uniform steht Sheriff H. Quincy . Wendy schlägt die Augen auf und öffnet den Mund zu einem Schrei, doch Peter legt ihr rasch die Hand auf die Lippen. Sie drückt sich an ihn. Hinter dem Sheriff steht ein Dutzend bewaffneter Polizisten. Ihren Abzeichen nach zu urteilen, kommen etliche aus dem Warren County, der Rest aus Claiborne. Offenbar befinden sie sich nicht mehr im Zuständigkeitsbereich von Sheriff Quincy. Doch dieser Sheriff, erkennt Peter, ist kein Mann, der sich von solchen Formalitäten abhalten ließe. Der Sheriff lüpft jetzt mit dem Gewehrlauf die Decke, unter der die beiden nackten Jugendlichen liegen, und seine Miene verzieht sich zu einer Grimasse des Abscheus und Zorns.
    »Alles da, Lee. Und mir scheint, dein Beißer hat uns zu einem Paar verderbter Sünder geführt. Stimmt’s, Knabe?«
    »Wir haben nichts getan, Sir. Wir haben uns nur verirrt.«
    »Ach ja, arme Seelen seid ihr, fürwahr, seid vom rechten Weg abgekommen. Aber unser Herr führt alle verlorenen Schafe zur Herde zurück. Denn es gibt kein Vergehen und keine Sünde, die Christus der Erlöser nicht verziehe.«
    Der Sheriff spricht in dem exaltierten Ton eines Mormonenpredigers. Die anderen Bullen lächeln.
    »Aber vor aller Erlösung musst du deine Sünden bekennen. Weit öffne die Tore deiner Seele, damit der Zorn Christi darin Ordnung schaffe. Kapierst du das, Knabe?«
    »Sie müssen mir meine Rechte vorlesen und mich anschließend verhaften.«
    »Zuerst der gerechte Zorn Gottes. Danach der Zorn der Menschen.«
    Ein Hauch Röte färbt die Wangen des Sheriffs, und sein Atem geht

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