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Sünden der Faulheit, Die

Sünden der Faulheit, Die

Titel: Sünden der Faulheit, Die Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Peltzer
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hatten.
    Das Polizeiboot stoppte, und zwei Beamte stießen mit langen Stangen in das trübe Wasser. Mertens beobachtete sie von der Brücke. Vorgestern war der Türsteher einer Molukkendiskothek verschwunden, aber das wußten die Polizisten nicht. Anwohner hatten in der Nacht einen verdächtigen Aufschlag im Wasser gehört und Motorengeräusch. Wenn der Jutesack durchgefault wäre, würde die Leiche ans Ufer treiben. Da die Polizisten nichts fanden, tuckerte das Boot weiter.
    In einem Stehausschank trank Mertens ein kleines Pils ohne Schaum. Auf einer Tafel hinter dem Tresen standen in sauberer Kreideschrift die Haschischpreise des Hausdealers. Der leichte Wind hatte sich gelegt. Vor einem Geschäftshaus in der Norderstraat blieb Mertens stehen. Neben dem Eingang hingen untereinander die Messingschilder der Firmen, im Souterrain war ein Buchantiquariat.
    Steenbergens Office lag im zweiten Stockwerk. Eine Sekretärin saß vor einem tickernden Fernschreiber und wartete auf den Ausdruck, eine andere bediente die Tastatur eines Bildschirms, auf dem Zahlen grün leuchteten. Mertens grüßte sie mit einem Kopfnicken und wies auf die dem Eingang gegenüberliegende Türe. Die Frau am Fernschreiber gab ihm mit einer Handbewegung zu verstehen, daß Steenbergen in seinem Büro sei.
     
    »Du bist noch da?« Pieter van Steenbergen, Import-Export, Gerichtsstand Amsterdam, war sichtlich überrascht.
    »Ich hab’s heute morgen nicht mehr nach Schiphol geschafft.« Mertens schloß die Tür und grinste unzweideutig. »Ich fliege heute abend.«
    Im Hintergrund stand Franz Belasc an einem Aktenschrank. Mertens setzte sich in einen Sessel an der Wand und schlug die Beine übereinander. Belasc, der aussah, als habe er den Molukker in die Gracht geschmissen, legte die Papiere zurück in die Lade und postierte sich neben Steenbergen. Mertens zündete sich eine Zigarette an.
    »Du bist eine Allegorie des blühenden Lebens, mein lieber Franz«, der nicht recht verstand, was Mertens wollte.
    »Laß das«, sagte Steenbergen barsch. »Ist noch was?«
    »Interessierst du dich nicht dafür, was dein neuer Geschäftsfreund gestern so getrieben hat?«
    »Interessiert mich nicht!« Steenbergen war irritiert, Mertens sollte nicht mehr in Amsterdam sein. »Was ist los?«
    Mertens nahm den Trenchcoat von seinen Schultern und stützte die Ellbogen auf sein Knie.
    »Was ich dich schon seit längerer Zeit fragen wollte«, er zog an der Zigarette, »eigentlich seit einem halben Jahr … meinst du nicht, daß du Florence zu sehr vertraust?«
    Steenbergen sah ihn entgeistert an, Franz Belasc rieb sich verständnislos das Kinn. Der Holländer lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Florence scheint in der letzten Zeit einen, wie soll ich sagen, einen gewissen Widerwillen gegen mich zu entwickeln.«
    »Des is ja auch kein Wunder«, nuschelte Belasc in seinem Wiener Tonfall.
    Mertens schüttelte den Kopf wie ein Studienrat.
    »Du bist dumm, Franz, darum geht’s in diesem Fall nicht.«
    »Wie darf ich das dann verstehen?« fragte Steenbergen. Mertens erhob sich und klopfte die Zigarette in einem Aschenbecher auf dem Tisch ab.
    »Sie ist merkwürdig neugierig.«
    »Ahnt sie was?«
    »Sie macht sich ihre Gedanken.«
    »Soll sie sich doch ihre Gedanken machen!«
    Mertens nahm wieder Platz. »Neulich zum Beispiel fragt sie mich, ob ich ihre Mutter gekannt hätte.«
    Steenbergens Augen zuckten. »Wie kommt sie darauf?«
    »Weiß ich nicht.«
    Steenbergen blickte aus dem Fenster. »Eigentlich kann ich’s verstehen.«
    »Na ja, wie du den Alten über den Tisch gezogen hast, das ist kein Ruhmesblatt für dich.«
    Mertens’ Stimme hatte jenen hinterhältigen Ton, den Florence verabscheute. Steenbergen war hellwach.
    »Ich bitte dich, Mertens, das hatte mit ihrer Mutter nichts zu tun. Und unterschlag’ nicht ständig deine Rolle bei dem Geschäft!«
    »Wollen wir’s hoffen.« Mertens hatte Steenbergens letzten Satz überhört.
    »Und wenn schon«, sagte Belasc langsam. Steenbergen und Mertens sahen ihn mit dem gleichen Gesichtsausdruck an. Hätte er jetzt einen Anflug von Bedauern gezeigt, hätte Steenbergen ihn nicht angestellt.
    »Wir werden ja sehen«, murmelte Steenbergen.
    »Sowieso!« Mertens nahm seinen Mantel und stand auf.
    Steenbergen kam um den Tisch und legte eine flache Hand auf seine Schulter.
    »Weißt du, Wilhelm, ich fühle mich für sie verantwortlich.« Ihre Blicke trafen sich. Mertens drehte sich zur Türe.
    »Ich

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