Sünden der Nacht
Entladung entgegen. Sie begann sich in eigenem Rhythmus auf ihm zu bewegen, die Hände in seine Schultern gekrallt, den Kopf zurückgeworfen. Schneller und immer schneller, bis die Hitze zu einem schlüpfrigen Schweißfilm auf ihrer Haut kondensierte und die Erwartung in einem Feuersturm der Gefühle explodierte.
Sie hielten einander fest, als sie zur Erde zurückkehrten, ihr Puls langsamer wurde und die reale Welt wieder Gestalt annahm. Mitch zog die Steppdecke über sie beide. Die kochende Leidenschaft war verebbt, und die Januarnacht streckte ihre eisigen Finger nach ihnen aus.
Gannon sprang aufs Bett und rollte sich an seinem
Lieblingsplatz in Megans Kniekehle zusammen. Als würde Mitch gar nicht existieren.
Megan konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal einen Mann im Bett gehabt hatte. Ihre Beziehungen konnte sie an einer Hand abzählen, samt und sonders schmählich
gescheitert. Die Hauptregel ihres Liebeslebens hatte einen gefährlichen Haken. Sie verabredete sich nicht mit Cops, aber keiner verstand Cops außer anderen Cops, deshalb … Und hinter dieser Ausrede versteckten sich tiefere Gründe, angeborene Ängste, Dämonen, die ihr ihr ganzes Leben lang wie 308
Schatten gefolgt waren, wie die Angst, daß keiner sie je lieben könnte, daß sie von Natur aus nicht liebenswert war, befleckt von ihrer Mutter Sünden. Ängste, die keine Logik kannten, und die in der dunkelsten Ecke ihres Herzens wie Fliegenpilze wucherten.
Es war dumm, ausgerechnet jetzt an sie zu denken. Mitch Holt liebte sie nicht, er hatte sie nur gebraucht. Sie hatten einander gebraucht, um einer einsamen Nacht, einem schrecklichen Fall zu entfliehen. Es war nicht Liebe. Mehr ein Gefallen unter Freunden. In diesem Licht gesehen verblaßte die Schönheit ihres Liebesakts, der Trost, hier beieinander zu liegen, in seiner Wärme aufgehoben.
Er ist nicht mal alleinstehend, dachte sie und starrte auf den Ring an seiner linken Hand. Sie hatte gerade all ihre eigenen Grundsätze über Bord geworfen und das für einen Mann, der mit seiner Vergangenheit verheiratet war. Du hast wirklich ein Händchen, Kleine.
Trotzdem brachte sie es nicht fertig, das, was sie gerade erlebt hatten, zu bedauern. Genausowenig, wie sie sich verbieten konnte, mehr zu wollen. Und schon überhaupt nichts konnte sie gegen diese jämmerliche Angst tun, die dieses Bedürfnis in ihr auslöste.
Mitch fühlte, wie sie erschauderte und zog die Decken höher über ihre Schultern. Sie fühlte sich gut an in seinen Armen, fügte sich wie ein Puzzlestück an seinen Körper. Angenehm.
Tröstlich. Der Sex war unglaublich gewesen. Allein, wenn er daran dachte, begehrte er sie aufs neue.
Er wartete auf den Stich des Schuldbewußtseins, diesen zackigen Dolch, der sich nach jeder sexuellen Begegnung seit Allisons Tod in sein Herz gebohrt hatte. Aber er kam nicht, für eine kleine Weile hatte er eine Oase gefunden, für eine Nacht.
Bald würde der Morgen grauen, dann wären sie wieder Cops, zurückgeworfen in den lebendigen Alptraum, einen Kidnapper 309
ohne echte Spuren und ohne echte Verdächtige und ohne
Motive, außer den eines Wahnsinnigen, zu jagen. Aber bis zum Morgengrauen gehörte die Nacht ihnen.
Er drehte sich auf die Seite und stützte sich auf einen Arm, damit er zu Megan hinunterschauen konnte. Sie erwiderte seinen Blick, etwas mißtrauisch, etwas trotzig.
»Wenn du jetzt die Rede haben willst, von wegen welch großen Fehler wir gemacht haben, spar dir die Spucke«, sagte sie.
»Weil du bereits weißt, daß es ein Fehler war?« fragte er vorsichtig.
Fehler war ein zu kleines Wort, ein zu unschuldiges. Das war einer dieser Fehltritte, der ihre Karriere beenden könnte. Sich zu intensiv mit Mitch Holt einzulassen, konnte für sie nur mit einem gebrochenen Herzen enden, und davon hatte sie, weiß Gott, schon genug für zwei Leben.
»Willst du damit sagen, du bereust es, mit mir geschlafen zu haben?« sagte er.
Sie sah hinauf zu ihm, in sein vom Leben gezeichnetes Gesicht und in seine Augen, die uralt schienen, in denen all seine Gefühle eingemauert waren – Wut, Schmerz, Selbstzweifel –, die er nur in zögernden Dosen entweichen ließ. Seine
Zärtlichkeit und seine Leidenschaft stiegen vor ihr auf, und die ungenierte Liebe, die er seiner Tochter entgegenbrachte. Es wäre schlau gewesen ja zu sagen, die beste Verteidigung war ein guter Angriff. Sie sah keine Zukunft für sie beide, es hatte keinen Sinn, das Unvermeidliche hinauszuzögern. Sie
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