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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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erklären, wie Viren tatsächlich übertragen werden. Nachdem er nie in einer Krankenhausküche gearbeitet hatte wie ihre Freundin Ione, vertraute Joy seinem medizinischen Wissen nicht.
    Jessie war fertig mit der Schleife und nahm jetzt die Bürste, um den Rücken des Labradors zu bearbeiten. Scotch grunzte zufrieden, rollte sich auf die Seite und bot ihr seinen Bauch zur Behandlung dar. »Oma sagt, der Mann hat lauter schlimme Sachen mit kleinen Kindern gemacht, von denen nur Gott weiß«, fuhr Jessie fort. »Aber wenn Gott der einzige ist, der es weiß, woher weiß es dann Oma?«
    »Sie weiß es nicht, sondern bildet es sich nur ein. Keiner hat bis jetzt bewiesen, daß der Mann irgend etwas gemacht hat.«
    Mitch war erstaunt und beschämt, weil er tatsächlich Olie Swain verteidigte, nur um Partei gegen seine Schwiegermutter zu ergreifen.
    Er wandte sich einem weiteren Blatt zu, dieses war voller Gedanken Joshs darüber, daß er Co-Captain des Eishockeyteams geworden war.
    Es ist wirklich cool. Ich bin ganz stolz, aber meine Mom sagt, ich soll nicht angeben. Einfach meine Sache gut machen. Keiner mag Angeber. Auf der nächsten Seite machte er seinem Unmut Luft, weil er in den Religionsunterricht mußte. Er hatte lauter böse Gesichter gezeichnet und Daumen, die nach unten zeigten, und Gott mit einem langen weißen Bart und einem
    Heiligenschein sowie der grimmigen Fratze eines Teufels.
    »Wie kommt’s dann, daß dieser Mann im Gefängnis ist?«
    »Jessie …« Seine Zähne waren nahe daran zu knirschen. Er beugte sich vor und strich mit der Hand über den Kopf seiner Tochter.
    »Schätzchen, Daddy hat wirklich die Nase voll von diesem Fall. Können wir über etwas anderes reden?«
    Sofort erwachten wieder Schuldgefühle in ihm. Er hatte sich 404
    immer bemüht, Jessie gegenüber so ehrlich wie möglich zu sein.
    Die Fragen seines Kindes abzubiegen warf mehr Probleme auf, als es die Sache wert schien, und heute abend fehlte ihm die Energie für Antworten.
    Jetzt, wo Olie aus dem Verkehr gezogen war, zwangen ihn der Streß und die vielen Überstunden in die Knie. Und mit der Entdeckung der Blutflecken im Van war die Sorge um Joshs Befinden noch größer geworden. Sie konnten nichts machen, außer auf die Ergebnisse zu warten. Unglücklicherweise entsprach Jessies Vorstellung von einem Themenwechsel nicht ganz dem, was Mitch vorschwebte.
    Sie entdeckte eine der Seiten mit Joshs Zeichnungen, vergaß Scotch und robbte auf Knien zum Couchtisch. »Wer hat dir denn diese Bilder gezeichnet?«
    »Das sind Bilder von Josh.« Er strich über die schiefe Linie eines Schiffe-versenken-Vierecks.
    »Kann ich sie ausmalen?«
    »Nein, Schätzchen, das ist Beweismaterial. Warum malst du nicht ein Bild aus in einem deiner Malbücher?«
    Jessie ignorierte den Vorschlag. Sie nahm eine der Seiten, die Mitch beiseite gelegt hatte, und studierte sie.
    »Hast du Josh gefunden?«
    Mitch seufzte und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, das sich wie Stacheln aufrichtete. »Noch nicht, Schätzchen.«
    »Er muß traurig sein«, sagte sie leise und legte die Zeichnung behutsam zu den anderen. Sie zeigte einen Jungen mit
    Sommersprossen und einen großen, zotteligen Hund. Ich und Gizmo.
    »Komm her, Süße«, flüsterte Mitch und breitete einladend die Arme aus. Sie hopste hinein, und er drückte sie fest an sich.
    »Hast du immer noch Angst, daß jemand kommt und dich
    mitnimmt?«
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    »Ein bißchen«, murmelte sie an seiner Brust.
    Er wollte ihr sagen, sie brauchte sich keine Sorgen zu machen, er würde schon auf sie aufpassen und daß nichts Schlimmes geschehen würde, wenn sie alle Regeln befolgte. Aber er konnte ihr keins dieser Versprechen geben und haßte das Gefühl von Ohnmacht und Unzulänglichkeit, das die Realität in ihm auslöste. Er wünschte, die Welt wäre ein Ort, wo kleine Mädchen nichts anderes im Sinn haben müßten, außer mit ihren Puppen zu spielen und ihren Hunden rote Schleifen umzubinden
    – aber dem war leider nicht so. Nicht einmal in Deer Lake.
    Er wiegte seine Tochter sachte hin und her. »Weißt du, Jess, es ist nicht dein Job, dir Sorgen zu machen. Sorgenmachen ist mein Job.«
    Sie legte den Kopf zurück und blickte ihn unsicher an. »Und was ist mit Oma? Sie macht sich immer Sorgen.«
    »Ja, also Oma ist eine Sorte für sich. Aber was dich und mich betrifft, ist das meine Aufgabe, ja?«
    »Okay«, sie versuchte zu lächeln.
    Mitch hielt ihr seine Hand hin, die Handfläche nach oben.
    »Hier, knüll deine

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