Sünden der Nacht
zwischen ihnen funkte, im Griff hatte. Er konnte sie verstehen, sie kontrollieren, bis zu einem gewissen Maß. Aber er hatte nicht mit mehr gerechnet. Wollte nichts, was tiefer ging.
Nimm es ganz leicht, Holt. Es ist nur Sex, keine Ehe. Sie ist mit ihrer Polizeimarke verheiratet. Hast du ein Glück!
»Joy wollte darauf hinweisen, daß Kanal Vier eine
Sondersendung über Deer Lake und unser ›Problem‹ in den Zehn-Uhr-Nachrichten bringt, zusammen mit Sicherheitstips.
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Sie hat wohl gedacht, daß ich vielleicht etwas lernen könnte.«
Megan biß sich auf die Lippe, um nicht zu grinsen.
»Ja«, sagte er, nahm sich eine Schüssel und schaufelte sich einen mittleren Berg Eiscreme hinein. »Diese
Nachrichtensprecherin Shelby weiß vielleicht etwas über Polizeiarbeit, was ich in den über fünfzehn Jahren meines Jobs übersehen habe.«
»Sie meint es doch gut«, besänftigte Megan ihn.
Er schluckte und fletschte die Zähne. »Wenn dem nur so wäre.«
Sie aßen ihr Eis und spielten eine Runde Candy Land. Mitch und Megan verschoben ihre Pläne, die Aussagen noch einmal durchzugehen, bis Jessie im Bett war. Jessie bemühte sich standhaft, bis zu den Nachrichten wachzubleiben und
protestierte, als Mitch ein Machtwort sprach. Sie war müde und überdreht und weinte ein bißchen, als er sie in ihr Zimmer hinauftrug, aber sie schlief ein, kaum daß ihr Kopf das Kissen berührt hatte.
Unten tigerte derweilen Megan ruhelos in seinem
Wohnzimmer auf und ab. Scotch lag mitten auf dem Teppich und wartete darauf, daß sie seinen Bauch kraulte, wedelte jedesmal, wenn sie an ihm vorbeiging, hoffnungsvoll mit dem Schwanz.
»Ein nettes Haus hast du«, sie lehnte sich an die Ledercouch.
»Danke.«
Mitch sah sich mit den Augen eines Fremden um. Die Wände waren kahle, gebrochene weiße Flächen, die nahtlos übergingen in einen beigen Berberteppich. Fad und leblos, nur der Backsteinkamin und zwei verglaste Bücherschränke links und rechts davon belebten das Ganze ein wenig. Die Möbel hatte er selbst ausgesucht. Allisons Einrichtung konnte er nicht mehr um 412
sich haben, diese Stücke weckten allzu schmerzliche
Erinnerungen. Er hatte sie durch langweilige gepolsterte Sitzmöbel in neutralen Farben ersetzt, die aus einem Kaufhaus stammten. Sein einziger Luxus stellte die karamelfarbene Ledercouch dar.
»Eigentlich sollte ich Bilder aufhängen oder so was«,
murmelte er verlegen. »Ich hab da kein Geschick dafür.«
Megan verkniff es sich, ihm ihre Hilfe beim Einrichten anzubieten.
Die Vorstellung war einfach zu häuslich. Häuslich,
aufdringlich und besitzergreifend. Sie würden das haben, was sie wollten, bis es vorbei war. Aus, Äpfel, Amen. Sie waren an erster Stelle Kollegen, an zweiter ein Liebespaar, weit entfernt davon, Tapetenmuster auszusuchen.
»Jessie schläft?«
»Wie ein Stein. Sie war fix und fertig, das arme Ding.«
Mitch ging zum Kamin und warf noch ein Scheit in die
Flammen. Er stocherte in der Glut herum, dann stützte er sich mit einer Hand am Sims ab und schaute in die Flammen. »Ihre Großmutter, die Königin der Panik, hat sie mit Joshs Entführung ganz durcheinandergebracht. Und ich war, Gott weiß, nicht sehr vorsichtig mit ihr, seit das alles angefangen hat.«
»Du hattest ja auch allerhand um die Ohren.«
»Die Geschichte meines Lebens.«
»Na ja, jetzt wo wir Olie haben …«
»Aber Josh nicht!«
»Vielleicht kriegen wir das vom Labor, womit wir bei ihm ansetzen können.«
Mitch wollte nicht an die Blutflecken denken, die man im Van gefunden hatte. Mehr als alles andere fürchtete er bei diesem Fall den Gedanken an eine letzte Mitteilung für Hannah und Paul. Er wollte nicht, daß sie diesen Schmerz erlebten und, um 413
ehrlich zu sein, wollte er ihn auch in sich selbst nicht neu entfachen. Und erst recht wollte er sich nicht vor Augen halten, daß er Hannah und Paul im Stich gelassen hatte, so wie er Allison und Kyle im Stich gelassen hatte. Das endlose Karussell wirbelte durch seinen Kopf, drehte sich unbarmherzig weiter, wie das Rad in einem Hamsterkäfig.
»Hast du mit Hannah darüber gesprochen, daß wir Blutproben von ihr und Paul brauchen?«
Mitch stemmte sich vom Kaminsims ab. Auf der anderen Seite des Raums lag Scotch in einem Sessel und sah sich die David-Letterman-Show an. »Ich mach es morgen.«
»Das Labor braucht sie, um Vergleiche anstellen zu können.«
»Ich weiß. Morgen …«
»Wenn du es nicht machen willst …«
»Ich hab gesagt, morgen!« Er drehte
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