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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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sich mit erhobenen Händen um.
    »In Ordnung.« Megan äffte die Geste nach und entfernte sich von ihm. Sie sah sich die Stapel von Papieren an, die auf dem eichenen Couchtisch lagen. Aussagen von Leuten, die
    Verbindung zur Eishalle hatten, Aussagen der Anwohner dort, der Nachbarn von Olie, zusammengerollte Faxe mit
    Informationen, die die Behörden des Staates Washington und des NCIC in Washington, D. C. geliefert hatten. Und inmitten der Standardformulare mit ihren Standardfragen, die Seiten aus Joshs Notizbuch.
    »Hast du noch mehr Hinweise auf Olie gefunden?« fragte sie.
    Sie kannte die Antwort bereits, weil sie ihre eigene Kopie des Notizbuchs etliche Dutzend Male durchforstet hatte. Es gab viele Zeichnungen von Kreaturen aus dem All, aber nur eine von Olie und daneben die Notiz, bei der sich ihr das Herz umdrehte: hatte Olie Josh verraten? Die Kinder hänseln Olie. Er kann doch nichts dafür, wie er aussieht.
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    »Nein.«
    »Und ich hab die Aussagen durchgewühlt, bis mein Gehirn einen Kurzschluß gekriegt hat, und ich kann immer noch nichts sehen, was wir dem Bezirksstaatsanwalt melden könnten.
    Nichts, außer Vermutungen und Spekulationen und schlichter widerlicher Gemeinheit. Einige von Olies Nachbarn brauchten dringend eine Lektion in Mitgefühl.«
    Josh hätte ihnen da ein oder zwei Sachen beibringen können.
    Die Ironie war zu bitter, um sich mit ihr auseinanderzusetzen.
    »Ich hab ein ganz ungutes Gefühl«, Mitch durchmaß unruhig den Raum, die Hände in den Taschen, die Stirn gerunzelt.
    »Wenn der Kidnapper Olies Notizbuch vor zwei Monaten
    gestohlen hat und diese ganze Sache wie ein Superhirn geplant hat …, dann paßt das einfach nicht zu Olie. Irgendwie ist es makaber. Olie ist ein armseliger Wurm, nicht makaber.«
    »Also ist es sein Partner«, folgerte Megan.
    »Da bin ich mir ebenfalls im Zweifel. Olie ist ein
    Einzelgänger, war es seit jeher. Und jetzt hat er plötzlich einen Partner?« Er schüttelte den Kopf.
    »Ein verurteilter Pädophile sieht einen Jungen am Wegrand und hat einen Van mit Blutflecken auf dem Teppich«, konterte Megan. »Wenn du einen Verdächtigeren weißt, würde ich das gerne hören.«
    »Weiß ich nicht«, gab Mitch zu. »Ich will damit nicht sagen, daß er unschuldig ist, aber komisch kommt es mir trotzdem vor.«
    »Was ist an diesem Fall nicht komisch? Die ganze Sache stinkt zum Himmel, wie ein Schlachthaus während einer Hitzewelle.
    Das Haus war voller Computerausrüstung …«
    »Aber der Printer war nicht mit dem …«
    »Ich hab ein paar Typen losgeschickt, die Printshops mit Laserprinterbenutzung zu überprüfen, man muß nur seine 415
    Diskette reinbringen.«
    »Du lieber Himmel, du glaubst doch nicht etwa, der Typ ist einfach in einen Printshop marschiert und hat einen Packen Psychobotschaften runtergerattert?«
    Megan zuckte mit den Schultern. »Zugegeben, es ist eine vage Vermutung, aber ich nehme alles, was ich kriegen kann.«
    Mitch sagte nichts. Er stellte sich wieder vor den Kamin und starrte in die Flammen, ließ sich die Fakten, Fragen und Theorien durch den Kopf gehen, immer wieder von vorne.
    Megan beobachtete ihn. Seine Zweifel nagten an Stellen, die bereits wund waren. »Stört es dich, daß es Olie ist oder stört dich die Tatsache, daß ich ihn erwischt habe?«
    Er warf ihr einen strengen Blick über die Schulter zu. »Sei nicht gehässig. Ich hab dir bereits gratuliert, Agent O’Malley.
    Mir wär einfach nur wohler, wenn wir ein paar echte Beweise auftreiben könnten – oder noch besser!«
    »Ja, also«, Megan seufzte, »dann sind wir schon zu zweit.«
    Wieder klingelte das Telefon, die Telefonautomatik nahm das Gespräch willig entgegen. Mitch warf einen wütenden Blick darauf.
    »Dann sind wir schon fünfzehntausend – vierzehntausend-neunhundertachtundneunzig haben heute abend bereits hier angerufen.«
    Er schleppte sich bleiern vor Müdigkeit zur Couch und blieb direkt vor Megan stehen. Sie hatte diesen skeptischen Was-glaubst-du-eigentlich-was-du-da-machst-Blick, der wahrscheinlich schon Legionen von aggressiven Männern abgeschreckt hatte. Mitch ließ sich davon nicht beirren. Es war ein Teil ihrer Maske, genau wie die markigen Sprüche, die Männerklamotten.
    Eine Verkleidung schreckte ihn nicht.
    »Was hältst du davon, wenn wir heute Schluß machen«,
    schlug er vor.
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    »Ich weiß nicht, wie das bei dir ist, aber ich hab ein Hirn wie gebratene Auberginen. Laß uns einfach für eine Weile
    Menschen sein.«
    Megan blickte

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