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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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machten ihm Platz, Kameras schwangen in seine Richtung.
    459
    Mitch sprang aus dem Truck und sprintete hinterher, in der vergeblichen Hoffnung, er könne die Szene verhindern, in die Paul sich jetzt stürzte.
    Steiger hielt den bunten Anorak hoch wie eine Trophäe. Paul warf sich mit einem erstickten Schrei auf den Sheriff, entriß ihm die Jacke und stieß ihn weg, so daß Steiger rückwärts stolperte.
    Paul fiel auf die Knie in den niedergetrampelten Schnee. Er hatte den Anorak mit beiden Händen gepackt und begrub
    schluchzend sein Gesicht darin.
    »O mein Gott, Josh! Josh! O Gott! Nein!«
    Mitch schubste sich rücksichtslos durch die Reihen der Presse, die sich um Paul drängten, kochend vor Wut. Als er die Mitte des Kreises erreicht hatte, drehte er sich zu ihnen und schrie:
    »Verschwindet von hier!« Er schlug die Linse einer Videokamera, die gerade auf Paul zoomte, herunter. »Verflucht, habt Ihr denn überhaupt kein Mitgefühl? Verschwindet von hier!«
    Hinter sich hörte er das gräßliche Geräusch von Paul
    Kirkwoods Schluchzen. Es gab in der menschlichen Erfahrung nichts, was mit dem Kummer eines Vaters oder einer Mutter vergleichbar wäre. Es war die Zerstückelung einer lebenden Seele, so ungeheuer schmerzhaft, daß dafür jegliche Worte fehlten. Das war keine Sache, die die Leute bei den Sechs-Uhr-Nachrichten mit ansehen sollten.
    Pater McCoy kniete neben Paul, eine Hand auf seiner Schulter, den Kopf gebeugt, damit seine Worte des Trosts nicht vom schneidenden Wind fortgerissen werden konnten. Steiger stand zwei Meter von ihnen entfernt. Er sah mürrisch und etwas verloren aus. Emotionale Angelegenheiten überschritten seinen Horizont.
    Mitch sah den Sheriff mit einem verbitterten Grinsen an.
    »Danke, daß du mein Büro verständigt hast, Russ.« Russ schniefte und spuckte einen Batzen Schleim in den Schnee.
    »Geht zurück, Leute!« rief Megan und hielt ihre Marke hoch, 460
    während Noogie mit zwei anderen Beamten die Menge zurück zur Old Cedar Road trieb. »Sie befinden sich am mutmaßlichen Schauplatz eines Verbrechens! Wir müssen Sie bitten,
    zurückzutreten!«
    »Laßt mich in Ruhe!« schrie Paul plötzlich. Er schubste Pater Tom beiseite und rappelte sich auf. Der Priester fiel in den Schnee. »Ich will nichts von Ihnen! Verdammt, lassen Sie mich in Ruhe!«
    »He, Paul.« Mitch packte seinen Arm und steuerte ihn auf den Sumpf zu, weg von den wachsamen Augen der Presse.
    »Kommen Sie. Wir müssen uns einen Moment Zeit nehmen und darüber nachdenken, was das bedeutet.«
    »Er ist tot.« Paul versagte die Stimme, er hielt sich die Jacke vors Gesicht und starrte sie an, als wäre sein Sohn gerade daraus entwichen.
    »Er ist tot. Er ist tot …«
    Mitch schob den Anorak beiseite. »Das wissen wir nicht. Wir haben seine Jacke, nicht ihn. Die Jacke wird auf jedem Plakat und jedem Bericht über Josh beschrieben. Der Kidnapper hätte schlau sein sollen, sie gleich am Anfang loszuwerden.«
    Paul befand sich jenseits aller Vernunft. Er fing wieder an zu weinen, ein leises unheimliches Wehklagen. »Er ist tot. Er ist tot. Er ist tot.«
    »Houston!« rief Mitch und winkte einen seiner Beamten, die die Menge in Schach hielten, zu sich.
    Der kräftige, bärtige Cop kam angeschlurft, der Schnee knirschte unter seinen schweren Polarstiefeln. Die Feuchtigkeit seines Atems hing weißgefroren in seinem dichten Barthaar.
    Was von seinem Gesicht zu sehen war, war rot von der Kälte und dem Wind.
    »Du mußt Mr. Kirkwood nach Hause bringen«, ordnete Mitch an. »Erklär Dr. Garrison, was passiert ist, und bleib bei ihnen, 461
    bis ich komme.«
    »Da kannste drauf wetten.« Houston legte einen mächtigen Arm um Pauls Schultern. »Kommen Sie, Mr. Kirkwood. Wir gehn jetzt nach Hause. Es ist zu verdammt kalt, um hier rumzustehen.«
    Bevor sie einen Schritt machen konnten, hatte Mitch Joshs Jacke gepackt und versuchte behutsam, sie Paul zu entwinden.
    »Kommen Sie, Paul«, sagte er ruhig. »Das ist jetzt
    Beweismaterial. Wir müssen sie ins Labor schicken.« Paul ließ widerwillig los, dann schwankte er mit den Händen vorm Gesicht mit Houston davon.
    »Er leidet furchtbar«, sagte Pater Tom und klopfte sich den Schnee von seinem Parka.
    »Wie steht’s mit Ihnen, Pater?« fragte Megan. »Alles in Ordnung?«
    Seine Brille saß schief. Er rückte sie gerade und zog die Ohrenklappen seiner Jagdmütze runter. »So weit, so gut. Ich hätte es wissen müssen. Paul ist nicht gerade ein Fan von mir.
    Aber als Noogie nach St.

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