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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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gegen einen Mann.
    Ihr Schrei wurde von einer großen behandschuhten Hand
    erstickt.
    Ein kräftiger Arm packte sie unsanft und drückte sie an sich, dann preßte er sie zwischen sich und die Hauswand. Megan schlug mit der Stiefelspitze gegen sein Schienbein. Er grunzte vor Schmerz, drängelte sie aber nur noch unbarmherziger gegen die Wand.
    »Halt still!« flüsterte er barsch. Ein vertrautes Organ.
    Megan starrte in den Tunnel seiner Kappe. Selbst im Schatten war Mitchs Gesicht unverkennbar. Er nahm seine Hand von ihrem Mund. Megan sagte kein Wort, versuchte lautlos ringend zu atmen. Die kalte Luft hämmerte wie Fäuste an ihre Lunge, und sie legte eine Hand als Filter vor den Mund. Fletchers Autotür knallte zu. Seine Schritte knirschten durch den festgebackenen Schnee zur Hintertür. Die Chancen standen gut, daß er einfach die Treppe hoch und in sein Haus gehen würde, wie er es schon zigmal getan hatte, ohne etwas Ungewöhnliches zu bemerken, wie zum Beispiel eine Fußspur im Schnee, wo 517
    keine sein sollte. Der Mensch war ein Gewohnheitstier, meist unaufmerksam – außer, er hatte das Gefühl, er müßte auf der Hut sein. Er zögerte. Sie stellte sich vor, wie er an der Stelle stand, wo sie den Schnee von Kellerfenster weggeschaufelt hatte. Komm schon, Albert Beweg dich. Beweg dich. Bitte. Er bewegte sich langsam weiter. In Zeitlupe die Treppe hoch.
    Megan hielt den Atem an. Hatte er Verdacht geschöpft? Schaute er zur Südseite der Veranda? Konnte er in der Dunkelheit Fußabdrücke erkennen?
    Das Klappern von Schlüsseln. Das Klicken des Schlosses. Die schwere Tür fiel zu, und die Sturmtür schwang knarrend in ihren Rahmen. Megan seufzte erleichtert auf. Der Adrenalinstoß verebbte, und sie begann zu zittern. Sie sah zu Mitch hinauf:
    »Was, zum Teufel, machst du denn hier?«
    »Was, zum Teufel, machst du denn hier?« zischte er retour.
    »Glaubst du, wir könnten irgendwo in einem Gebäude
    weiterstreiten«, murmelte sie. »Mir friert der Hintern ab.«
    22 Uhr 55, -34 Grad, Windabkühlungsfaktor: -48 Grad Im Saloon ›Zur Blauen Gans‹ war nicht gerade viel los. In der schäbigen Kneipe herrschte gnädigerweise sehr schummriges Licht, damit die Gäste nicht sahen, was für mottenzerfressene, ausgestopfte Tiere an der Wand hingen. Die Bardame, eine stämmige Frau mit mausbraunen Locken, die wie eine
    Pudelmütze ihren Kopf krönten, stand hinter der Bar und rauchte eine Zigarette, während sie mit einem dubiosen Geschirrtuch Bierkrüge abtrocknete; dabei starrte sie
    unverwandt in einen tragbaren Fernseher, in dem eine
    Wiederholung von Cheers lief. Ihre kleinen dunklen Augen verschwanden fast in den Fettfalten ihres Gesichts, wie Rosinen im Brötchenteig. Ihr einziger Kunde an der Bar war ein alter Mann, der sich an seinem Schnapsglas festhielt und ein reges 518
    Selbstgespräch über den traurigen Zustand der Politik in Minnesota seit dem Abgang von Hubert Humphrey führte.
    Mitch hatte sich für die letzte Nische vor dem Billardraum entschieden und sich so plaziert, daß er den Eingang und das Fenster zur Straße im Auge hatte. Alte Gewohnheit. Er bestellte Kaffee und einen Jack Daniels. Den Whiskey kippte er mit einem Zug hinunter und nippte an dem Kaffee, während Megan ihm von ihrem Gespräch mit Kathleen Casey erzählte, vom mysteriösen Ableben Doris Fletchers und der Feindseligkeit ihres Mannes, weil Hannah Garrison sich eingemischt hatte.
    Megan goß ihren Whiskey in den Kaffee und rührte etwas Sahnepulver dazu. Das Gebräu war heiß und stark und wärmte sie von innen nach außen, so daß ihr Zittern allmählich nachließ.
    Sie warf einen Blick auf ihre Hand, kniff die Augen zusammen, weil das Licht so schummrig war. Das Taschenmesser hatte einen kurzen Schnitt hinterlassen, der mit getrocknetem Blut und Handschuhfusseln dekoriert war. Ein Pflaster würde genügen.
    »Warum drei Jahre warten, um sich zu rächen?« fragte Mitch.
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht hat er solange gebraucht, bis er den Plan ausgetüftelt hatte – oder bis er ausgerastet ist.«
    »Er hat an dem Abend, an dem Josh verschwand, eine Klasse in St. Elysius unterrichtet.«
    »Womit wir wieder beim ach so naheliegenden Komplizen
    wären.«
    Im Fernseher über der Bar vollführte Cliff Claven gerade einen Veitstanz, als hätte ihn jemand an ein Stromkabel angeschlossen. Die Zigarette der Barfrau hüpfte vergnügt in ihrem Mundwinkel auf und ab.
    Megan fing wieder an zu zittern und nahm noch einen
    kräftigen Schluck von

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