Sünden der Nacht
stoßen, was dann? Weiter zu D oder E? Uns kann man nicht überraschen. Wir sind auf alle Eventualitäten vorbereitet, alle Möglichkeiten. Letztendlich sind wir unbesiegbar, und wahrscheinlich wissen Sie es. Das Spiel gehört uns. Das Leid gehört ihnen. Verdiente Opfer des perfekten Verbrechens.
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Kapitel 29
TAG 9
8 Uhr, -31 Grad, Windabkühlungsfaktor: -46 Grad
Die Bodensuche wurde im grauen Licht eines sonnenlosen Morgens wiederaufgenommen. Der Gouverneur hatte von sich aus eine Kaltwetterausrüstung der Nationalgarde zur Verfügung gestellt: zwei Militärlaster standen hinter dem alten Feuerwehrhaus, um arktiserprobte Fäustlinge und Thermoskimasken an jeden Freiwilligen, der sie brauchte, zu verteilen.
Nach der Entdeckung von Joshs Jacke hatte die Panik in der Stadt einen neuen Höhepunkt erreicht. Mehr Freiwillige als je zuvor drängten sich im Einsatzraum des Feuerwehrgebäudes und boten wild entschlossen ihre Dienste an. Sie drängten sich zum Zentrum der Suchaktion mit dem Eifer der Massen, die Dr.
Frankensteins Tore stürmten. Sie waren ergrimmt,
verängstigt und des Wartens müde, wollten ihre Stadt und ihre Sicherheit zurückhaben; ihrer Ansicht nach vermochte
uneingeschränkter Wille die Schlacht zu gewinnen.
Mitch saß in seinem Explorer und schaute zu, wie sich die Suchteams und die Spürhunde aufteilten. Bei den meisten Fällen wurde man von einem Gefühl, einem Rhythmus geleitet, der sich beschleunigte, wenn die Ermittlungen voranschritten, Hinweise eintrafen, Spuren auftauchten und die Beweise sich häuften. Dieser Fall hatte keinen Rhythmus, und sein Gefühl hierbei war durch und durch ungut. Je tiefer sie in dem Wust von Einzelheiten vordrangen, desto verlorener und
desorientierter wurden sie.
Vielleicht gab es zwei Kidnapper, und Olie war einer von 523
ihnen gewesen. Oder auch nicht. Paul könnte beteiligt sein, aber wie und warum? Albert Fletcher desgleichen. Möglicherweise war er wahnsinnig.
Hatte er Olie gekannt, oder war er der Komplize von
jemandem, den sie noch gar nicht in Betracht gezogen hatten?
Gab es überhaupt einen Komplizen?
Ein stämmiger Sergeant der Minneapolis-K-9-Abteilung führte seinen Schäferhund in ein Schilfdickicht. Der Hund sprang auf die Böschung, schwanzwedelnd, die Nase im Schnee.
Uniformierte Beamte trieben Freiwillige aus der Spur, Mitchs Puls begann zu pochen. Der Hund hatte scheinbar eine
Witterung aufgenommen. Er trabte nach Süden, weg von den Häusern, den Snowmobileweg entlang und dann die Mill Road hinauf, die in Richtung Osten in die Stadt führte und nach Westen zum Farmland. Er blieb stehen, wendete den Kopf nach rechts, sah zu dem Feld auf der anderen Seite der Straße, wo aschblonde Maisstauden ungeerntet erfroren waren, Reihe an Reihe, ein Vermächtnis des nassen Herbstes und frühen Winters.
Ende der Witterung! Wie jeder andere Funken Hoffnung, den sie gehegt hatten, war sie verflogen. Mitch legte den Gang in seinem Truck ein und fuhr zu Albert Fletchers Haus in einer halben Meile Entfernung.
Bei Tageslicht erschien es ein phantasieloses schachtel-
ähnliches Bauwerk, in düsterem Grau gestrichen. Keine
weihnachtlichen Überreste zierten Tür oder die Dachrinnen.
Albert war offensichtlich kein Freund auffälliger Dekorationen.
Mitch erinnerte sich, daß es in St. Elysius einen Aufstand wegen der Adventsdekoration gegeben hatte. Die Damengilden
stimmten dafür, der Diakon dagegen, Mitch hatte sich nicht weiter drum gekümmert. Er verbrachte die Sonntagmorgen mit seiner Tochter und seinen Schwiegereltern in der evangelischen Kreuz-Christi-Kirche, während der Predigt übte er sich aus Opposition in Kopfrechnen.
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Die Türglocke schellte, und Mitch wartete auf das Geräusch von Schritten. Nichts war zu hören. Kein Licht drang durch die zugezogenen Vorhänge. Nochmals betätigte er die Glocke und wippte mit den Füßen, ein Versuch, die Kälte abzuschütteln. Die Ohrenschützer umklammerten seinen Kopf wie ein Schraubstock. Die Kapuze seines Parkas verhinderte die Körperwärme am verdunsten.
Keiner kam zur Tür. Natürlich, Albert war der einzige
bekannte Bewohner des Hauses. Mrs. Fletcher lebte nicht mehr, und der Diakon hatte nie eine romantische Beziehung zu jemand anderem angeknüpft. Obwohl er beruflich erfolgreich gewesen war, als Controller bei Buckland Cheese, und wahrscheinlich gut verdiente, betrachteten die Damen ihn offensichtlich nicht als willkommene Partie.
Doris’ langsamer qualvoller Tod hatte
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