Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
Vom Netzwerk:
die seit Mitte November bei Hannah und Paul im Haus waren – Freunde, Nachbarn, Handwerker …«
    Allein der Gedanke an den Arbeitsaufwand, die
    Langwierigkeit, den Papierkram war beängstigend. Und bei der Tatsache, daß der Täter ihnen ein Indiz zugespielt hatte und damit den Heuhaufen, den sie durchwühlten, noch
    undurchdringlicher und größer gemacht hatte, sah er rot.
    Mitch fluchte. »Ich brauche was zu essen und ein Bett.«
    »Das erstere kann ich Ihnen bieten«, sagte Megan vorsichtig.
    »Ein Bett müssen Sie selber finden.«
    Sie redete sich ein, daß sie das nicht gesagt hatte, weil sie seine Gesellschaft wollte und auch nicht, weil ihr bei dem Gedanken, allein in dieser Nacht in ihrer Wohnung zu sitzen, nicht gerade wohl zumute war.
    Sie war fast ihr ganzes Leben lang allein gewesen und fand das mittlerweile halb so schlimm.
    Joshs Bild schwebte wie ein Geist vor ihrem inneren Auge, während die fluoreszierenden grünen Zahlen auf der Uhr im Armaturenbrett eine weitere vergangene Minute anzeigten.
    Alleinsein war eben doch schlimm. Wie die meisten Polizisten bei diesem Fall hätte sie rund um die Uhr gearbeitet, wenn sie ohne Essen und Schlaf auskommen könnte; aber ihr Körper mußte aufgetankt werden. Also würde sie sich für ein paar Stunden von der Straße losreißen und im Bett liegen, ins Dunkle starren und über Josh grübeln, während die Uhr gnadenlos weitertickte. Und Mitch würde dasselbe machen.
    »Wir könnten die kopierten Seiten ungestört durchgehen«, sagte sie.
    »Haben Sie denn inzwischen Wasser und Strom?« fragte
    Mitch, dessen Gedanken eine ähnliche Richtung eingeschlagen hatten.
    192
    »Ich hoffe ja, aber als geborene Zynikerin habe ich
    sicherheitshalber schon mit Ihrem Handy eine Pizza bestellt, während Sie mit Hannah redeten.«
    Er zog eine Braue hoch. »Polizeiausrüstung für private Zwecke mißbraucht, Agent O’Malley? Ich bin schockiert.«
    »Diesen Bedarf einer Pizza betrachtete ich als polizeilichen Notfall, genau wie ich es dem Lieferjungen rate – wenn er keinen Ärger kriegen will.«
    »Wo wohnen Sie denn?«
    »867 Ivy Street. Lassen Sie mich bei meinem Wagen raus, dann fahr ich voran.«
    »Wenn wir uns jetzt im Revier blicken lassen, müssen wir uns den Reportern stellen«, sagte Mitch. »Bei der nächsten dämlichen Frage spring ich einem ins Gesicht.«
    »Dann frag ich wohl besser nicht, ob Sie lieber Pilze oder Pepperoni mögen.«
    »Heute abend nehm ich alles, wenn es nicht lebendig ist oder Haare hat. Wir werden essen und uns diese Kopien ansehen. Mit ein bißchen Glück haben die Presseleute vielleicht aufgegeben, bis wir wieder die Zentrale anpeilen.«
    Sie rollten an der Abzweigung zur Innenstadt vorbei. Mitch setzte den Blinker, als sie die Ivy Street erreicht hatten und parkte den Explorer am Randstein. Das zweistöckige
    Eckgebäude war ein riesiges viktorianisches Herrenhaus, das man in Wohnungen aufgeteilt hatte.
    Die rund ums Haus laufende Veranda war einladend
    beleuchtet, und im künstlichen Licht sah man nicht, wie dringend das Haus einen neuen Anstrich benötigte. An der Haustür hing noch ein Weihnachtskranz.
    Sie stiegen die knarzende Treppe zum ersten Stock hoch und gingen den Korridor hinunter. Aus den Wohnungen waren
    Fernseher und Stimmen zu hören. Jemand hatte zum
    193
    Abendessen Zwiebeln gebraten. Ein Mountainbike lehnte an der Wand, über dem Lenker klebte ein Zettel – ACHTUNG, AN
    SPRENGLADUNG ANGESCHLOSSEN. DIEBE – EUER
    RISIKO. Dann stiegen sie noch eine Treppe weiter und ließen die Nachbarn unter sich.
    »Ich hab den ganzen zweiten Stock für mich«, erklärte Megan und kramte ihren Schlüssel aus der Jackentasche. »Es gibt nur eine Wohnung hier oben.«
    »Wieso haben Sie sich diese ausgesucht und nicht in einem der Wohnblöcke?«
    Die Antwort kam ein bißchen zu schnell und zu lässig: »Ich mag einfach alte Häuser. Sie haben Charakter.«
    Ein Schwall von Hitze prallte ihnen entgegen, als die Tür aufging, und auf Knopfdruck wurde der Eingang taghell.
    »Und siehe, es ward Licht und Strom!«
    »Du lieber Himmel, hier muß es ja dreißig Grad haben!« sagte Mitch, schälte sich aus seiner Jacke und warf sie auf einen Stuhl.
    »Zweiunddreißig«, keuchte Megan und drehte am Thermostat.
    »Muß wohl ein Trick dabei sein. Ich hatte ihn auf
    zweiundzwanzig gestellt.«
    Sie zwinkerte Mitch zu, während sie ihren Parka auszog. »Das müßte Ihnen doch gefallen, Sie sind schließlich aus Florida.«
    »Ich hab mich akklimatisiert,

Weitere Kostenlose Bücher