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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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ertragen.
    Er dachte an Megan, was war er doch für ein Narr! Ausgerechnet sie …
    Seit Allisons Tod hatte er eine endlose Parade von heiratsfähigen Damen über sich ergehen lassen. Nette Frauen, sanfte Naturen. Frauen, die alles getan hätten, um sein Herz zu gewinnen. Er hatte sie alle weggeschickt auf die Suche nach Männern, die diesen Aufwand wert
waren, hatte sich selbst ihre Gesellschaft und ihr Mitgefühl versagt. Wenn er seine körperlichen Bedürfnisse nicht mehr ignorieren konnte, fuhr er in die Twin Cities und suchte seine Entspannung ohne Konsequenzen. Frauen für eine Nacht waren nur ein weiterer Teil des Rhythmus geworden, in dem sein Leben jetzt ablief.
    Der Gedanke, daß dies nur eine armselige Ersatzexistenz war, kam ihm nie in den Sinn. So paßte es ihm in den Kram, und zu mehr als einer neutralen Lösung war er nicht bereit. Und leer … und einsam … das wollte er heute abend nicht schon wieder durchmachen.
    Ohne lange zu überlegen, legte er den Gang ein und fuhr los in Richtung Ivy Street.

Kapitel 17

TAG 4 0 Uhr 24, – 9 Grad
    Megan träumte von einer Welt, die von einer Schicht Fingerabdruckspuder überzogen war. Er hing in der Luft wie Smog, und ihre Lunge schmerzte, als säße ein Elefant auf ihrer Brust. Die ganze Umgebung starrte von Fingerabdrücken, sie schwebten im Raum wie Asche im Wind. Erschrocken fuhr sie aus dem Schlaf hoch und stellte fest, daß Friday auf ihrer Brust thronte, seine Augen schimmerten golden im Lampenlicht.
    »Mein Gott, du wiegst ja eine Tonne! Runter mit dir«, schimpfte Megan und setzte sich auf.
    Der Kater sprang auf eine Bücherkiste und warf ihr einen giftigen Blick zu, dann hob er wie ein Yogi das Hinterbein über den Kopf und putzte sich seelenruhig seinen Po.
    Megan ließ ihn links liegen und versuchte das Gefühl von Desorientierung loszuwerden, das sie beim Aufwachen an diesem immer noch fremden Ort befallen hatte. Sie mußte schleunigst ihren Kram auspacken und diese Wohnung zu einem Zuhause machen, dachte sie, und band sich den Gürtel um ihren alten, blaukarierten Flanellmorgenmantel. Sie konnte dieses Gefühl, auf der Durchreise zu sein, nicht ausstehen. Aber zugegeben, Durchreise war wohl die zutreffende Bezeichnung für ihren Aufenthalt in Deer Lake, wenn DePalma endgültig ausrastete.
    Wenn sie in diesem Fall eine Spur fände, hätte sie wieder ein bißchen Freiraum, könnte die Aufmerksamkeit der Presse auf etwas anderes lenken, etwas Wichtigeres, als der erste weibliche Agent im Außendienst. Aber die Hauptsache war und blieb Josh, mit einer Spur hätten sie vielleicht die Chance, den Jungen ausfindig zu machen.

    Sie hatte mit ihrem eigenen Identikit Olies Fingerabdrücke genommen, sie auf Karten übertragen und zur Datenbank im Hauptquartier gefaxt, wo man sie durch das MAFIN laufen lassen würde. Das automatisierte System würde die Datenbank nach einer Übereinstimmung absuchen, und bei einem positiven Ergebnis bekäme sie sofort eine Nachricht. Außerdem hatte sie die Fingerabdrücke ans National Crime Information Center im FBI Hauptquartier in Washington, D. C. gefaxt, wo sie durch ihr automatisches Fingerabdruckidentifizierungssystem laufen würden. Die Suche sollte im oberen Mittelwesten beginnen und sich von da aus durch das übrige Land vorwärts arbeiten.
    Irgend jemand irgendwo kannte Olie Swain. Irgend jemand irgendwo mußte ihn ins Gefängnis geschickt haben.
    Vor ihrem inneren Auge tauchten die dünnen blauen Linien auf seinen Fingern wieder auf. Eine schlechte Tätowierung. Eine, die Sträflinge anderen Sträflingen im Knast verpaßten. Sie hatte sie nicht so genau gesehen, um es beschwören zu können, aber ihr Gefühl trügte sie sicher nicht. Er roch nach Sträfling und das in mancherlei Hinsicht.
    Das Klopfen an der Tür war wie der Einbruch einer anderen Welt in ihre Sphäre des Schweigens. Megan sprang auf und griff automatisch nach ihrer Waffe auf dem Beistelltisch. Aus Gewohnheit stellte sie sich hinter die Tür und lehnte sich an die Wand. Wieder ertönte das Klopfen. Sie wartete mit angehaltenem Atem.
    »Megan? Ich bin’s, Mitch.«
    Hörbar erleichtert entriegelte sie die Tür. »Haben Sie Leo auch gelegentlich nach Mitternacht besucht?« Sie öffnete die Tür. »Nein«, sagte er leise.
    Er kam herein, die Hände in den Jackentaschen und den Kopf immer noch wegen der Kälte draußen eingezogen. Sein Blick wanderte zu der schlanken 9-mm-Pistole, die sie jetzt auf den Küchentisch legte, aber er sagte nichts.

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