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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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kriegen, zwang seine Konzentration auf die wirklich wichtigen Dinge.
    Wutentbrannt starrte er das Nachrichtenbrett an. Er konnte sich nicht vorstellen, daß Paul diese kranken Botschaften getippt hatte. Selbstverständlich bekamen Eltern Wutanfälle, drehten durch und begingen Sünden, die sie nie wiedergutmachen konnten. Dann dachte er an Kyle und wie es ihn getroffen hatte, seinen Sohn tot daliegen zu sehen, jeden Tag mit dem Gedanken zu leben, wie alt Kyle jetzt wäre und was er tun würde, wenn er noch am Leben wäre. Es fiel ihm ein, wie weh es tat, wenn er kleine Buben Ball spielen oder die Straße auf Fahrrädern hin und her rasen sah und Hunde, die kläffend hinterherjagten. Er konnte sich nicht mit dem Umstand abfinden, daß jemand vorsätzlich dem eigenen Kind etwas antat – weil die Wunde von Kyles Tod immer noch klaffte.
    Ich glaube, für dich ist es zu verlockend, dich an Paul Kirkwoods Stelle zu versetzen – es könnte uns allerhand kosten.
    Verlockend? Nein, das stimmte nicht.
    Er ging zurück zum Tisch, wo Joshs Notizbuch lag. Wo war ein Verdächtiger? Jemand, der die Kirkwoods kannte, die Gegend kannte. Josh kannte?
    Wiederum blätterte er durch die Seiten voller Gekritzel und Spiele, dem Stolz über die Ernennung zum Co-Captain seines Eishockeyteams, seine Traurigkeit über die Probleme seiner Eltern. Dad ist sauer. Mom ist traurig. Ich fühl mich mies … Eheprobleme hatten Paul Kirkwood nicht zu der Art Monster gemacht, das seinen eigenen Sohn stahl und Zitate über Sünde und Ignoranz hinterließ.
    Sünde.
    Mitch blätterte weiter und sah sich die Zeichnungen sehr genau an. Joshs Interpretation von Gott und dem Teufel, seine Meinung über
den Religionsunterricht – böse Gesichter und Daumen nach unten. Sünde. Vor seinem geistigen Auge erhob sich Albert Fletcher, den Diakon von St. Elysius, wie er am Rand der Old Cedar Road stand und die Kapuze eines schwarzen Parkas sein hageres Gesicht umrahmte.

21 Uhr 57; -34 Grad, Windabkühlungsfaktor: -48 Grad
    »In einer vollkommenen Welt wäre Hannah Kandidatin für den Heiligenstand«, verkündete Kathleen Casey, die auf einer durchgesessenen Couch im Schwesternaufenthaltsraum hockte; ihre Turnschuhe hatte sie auf einen flachen Tisch aus heller skandinavischer Eiche plaziert. Sie trug grüne Operationskleidung und einen Labormantel, aus dessen Brusttasche ein Stethoskop baumelte. Nachdenklich nagte sie an der Plastikkappe einer Spritze und starrte, ohne etwas zu sehen, in den Fernseher an der gegenüberliegenden Wand. »Alle, die dafür sind, die Welt zu einem perfekten Ort zu machen, Hand heben!«
    Megan sank tiefer in die Reste eines ledergepolsterten Sessels. Betonung auf Reste. Nur sie beide befanden sich im Aufenthaltsraum, hinter der offenen Tür war es still in dem kleinen Hospital. Gelegentlich läutete ein Telefon, ab und zu kam eine Durchsage. Eine ganz andere Welt als die großen Stadtkliniken mit ihrer Technik und Hektik. Megan spielte mit dem Gedanken, sich ein leeres Bett zu suchen und hineinzufallen. Vielleicht ein nettes Schlafmittel gespritzt bekommen und dann acht bis zehn Stunden totales Vergessen! Sie rieb sich die Stirn und seufzte.
    »Wie stehen ihre Mitarbeiter zu ihr?« Sie unterstrich das Wort Mitarbeiter in ihrem Notizblock.
    »Wie ich schon den letzten neun Cops sagte, sie ist der Traum jeder Schwester. Ich muß mich immer wieder zwicken, wenn wir zusammenarbeiten.« Die vielen Jahre mit ganz anderen Erfahrungen waren in ihren kleinen, strahlend braunen Augen zu sehen. »Sechzehn Jahre in diesem Geschäft. Ich hab mir die Hörner mit arroganten Assistenzärzten und Chefs abgestoßen, die geschworen haben, sie könnten keinen Gotteskomplex haben, weil sie Götter seien. Wenn diese Typen den Himmel bevölkern bei meiner Ankunft, hoff ich, daß mein Visum am Tor verfällt.«
    »Wie kommt sie mit den anderen Ärzten aus?«
    »Wunderbar – mit Ausnahme von Mr. Möchtegern, Dr. Craig Lomax.

    Er war eingeschnappt, als Hannah zum Chef der Notaufnahme ernannt wurde. Irgendwie ist es seiner Aufmerksamkeit entgangen, daß er ein hundsmiserabler Arzt ist.«
    »Wie eingeschnappt?«
    »Genug, um uns alle mit seiner Schmollerei zu bestrafen. Genug, um Hannahs Autorität zu untergraben.« Sie nahm einen Schluck koffeinfreies Pepsi, dann steckte sie sich die Plastikkappe wieder in den Mund und biß zu. »Wenn Sie mich fragen, ob er so eingeschnappt war, daß er Josh entführt hat, ist die Antwort nein. Lästig ist er schon, aber nicht

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