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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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sie blieb sitzen, zitternd, zusammengekrümmt. Er zog ihr die Jacke aus, ihre Wolljacke und ihr Schulterhalfter, den Rollkragenpullover und den BH. Dann zog er ihr ein geräumiges Flanellhemd an, das über einem Stuhl hing. Sie legte sich hin, er zog ihr ihre Hose aus und ihre Reservepistole, die sie an einem handgemachten Halfter um die rechte Wade trug.
    »Hast du Medikamente, die du nehmen kannst?« fragte er.
    »Im Medizinschrank«, flüsterte sie und versuchte sich im Kissen zu vergraben. »Imitrex. Schrei nicht so.«
    Er ging und kam mit einer Fertigspritze zurück, dann versuchte er sie zum Krankenhaus zu überreden, als sie ihm Anweisung für die Injektion gab.
    »Megan, ich kann dir keine Spritze geben; ich bin ein Cop und kein Arzt.«
    »Du bist ein Feigling. Halt die Klappe und mach’s.«
    »Was, wenn ich danebentreffe?«
    »Die ist subkutan, da kannst du nichts falsch machen. »Ich würde es ja selber erledigen, aber meine Hände sind zu wackelig.«
    Mit grimmiger Miene setzte er die Patrone an ihren nackten Arm, drückte den Auslöser und zählte bis zehn. Megan beobachtete ihn mit halbgeschlossenen Augen. Er warf die leere Patrone in den Papierkorb und sah hinunter zu ihr.
    »Du bist schon wieder nett zu mir«, murmelte sie.
    »Na ja, gewöhn dich bloß nicht dran.« Der Hieb saß nicht so richtig, und das einzige, was seine Berührung vermittelte, als er ihr das Haar aus dem Gesicht strich, war Zärtlichkeit.
    »Keine Sorge. Ich weiß Bescheid«, flüsterte sie.
    Mitch wußte nicht, ob sie damit ihren Job oder ihre Beziehung meinte. Er war unsicher, ob ihre Verbindung als Beziehung bezeichnet werden könnte, aber im Augenblick konnte er sich darüber nicht den Kopf zerbrechen.
    »Du hast mich zu Tode erschreckt«, sagte er leise. »Ich dachte schon, unser Irrer vom Dienst heute hat dich so zugerichtet.«
    »Wer?« fragte Megan. Gedanken purzelten wieder in wildem Durcheinander durch ihr Bewußtsein.
    »Fletcher ist ausgeflippt und hat Pater Tom einen Kerzenleuchter über den Schädel gezogen. Aber du weißt ja wohl, was das für ein Gefühl ist.«
    »Lächerlich«, murmelte sie. »Habt ihr ihn erwischt?«

    »Das werden wir.« Mitch beschloß, sich den Rest der Fletcher-Story für später aufzuheben. Sie war nicht in dem Zustand etwas über den Fall zu verkraften, schon gar nicht, nachdem man sie davon abgezogen hatte. »Mach dir keine Sorgen deshalb, O’Malley. Da kriegst du nur Ärger im Oberstübchen.«
    Megan dachte, sie würde ein klein wenig lächeln, war sich aber nicht sicher. In ihrem Gehirn passierte ein Kurzschluß nach dem andern, und Schmerz blitzte wie Gewehrsalven hinter ihren Augen.
    »Du mußt dich ausruhen«, sagte Mitch. »Kann ich noch irgend etwas für dich tun?«
    Seltsam, daß sie plötzlich Schüchternheit überfiel. Was sie wollte, war nicht im geringsten intim. Nur ein kleiner Dienst. Aber sie fühlte sich so angreifbar …
    »Machst du mir die Haare auf?« Sie wandte sich ab, damit er an ihren Pferdeschwanz konnte, gleichzeitig wich sie damit seinem Blick aus. Komisch, daß sich das so persönlich anfühlte, dachte Mitch, als er die schlaffe Samtschleife aus ihrem dunklen Haar zog und das Gummiband löste. Er hatte das zahllose Male bei Jessie gehandhabt. Vielleicht war es das – daß sie hilflos wie ein Kind wirkte. Daß er die Rolle des Beschützers erfüllte. Wie mußte sie das hassen! Sie war so enorm unabhängig, so stolz, und jetzt hatte der Schmerz sie so untergebuttert, daß sie bei etwas so Harmlosem wie Haareaufmachen um Hilfe bitten mußte. Die Ironie des Schicksals – daß ihre Verletzlichkeit eine Stärke in ihm auslöste, die ihn letztendlich auch bloßlegte.
    Seine Finger strichen durch die mahagonifarbenen Seidensträhnen, breiteten sie auf dem geblümten Kissen aus. Mit behutsamer Berührung wie Flüstern massierte er ihren Hinterkopf und ihre verspannten Nackenmuskeln. Tränen sickerten durch ihre Wimpern, und sie weinte leise, ließ ihn aber gewähren.
    »Weißt du, bei Leo hab ich das nie gemacht«, sagte er leise, bückte sich und gab ihr einen Kuß auf die Wange. »Versuch ein bißchen zu schlafen, Liebes – darf ich dich Liebes nennen?«
    »Nein.«
    »Okay, harte Braut. Ich bin nebenan, wenn du mich brauchst.« Wenn du mich brauchst … Megan sagte nichts, als er ihr die Decke über die Schultern hochzog, sich aufrichtete und zum Gehen wandte. Um sie allein zu lassen. Sie und ihren Schmerz allein in einem Raum, der nie ihr Zuhause werden würde,

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