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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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wollte jemandem die Schuld zuschieben.«
    »Dabei geb ich mir Mühe«, flüsterte sie, und Tränen quollen durch ihre Wimpern, »so viel Mühe.«
    Eine gute Frau zu sein. Eine gute Mutter. Eine gute Ärztin. Ein guter Mensch. Alles für jeden zu sein. Sie gab sich enorme Mühe und glaubte auch, daß es ihr die meiste Zeit gelang. Aber irgend etwas mußte sie falsch gemacht haben, um so bestraft zu werden.
    »Still …« Paul entwand ihr den Dinosaurier und zog sie in seine Arme, ließ sie an seiner Schulter weinen, sich an ihn lehnen. Er rieb ihren Rücken durch den billigen Velourmantel, fühlte, daß sie ihn brauchte. »Still …«
    Er küßte ihr Haar und atmete den Duft ein. Während sie leise vor sich hin weinte, genoß er das Gefühl, daß sie sich an ihn klammerte, und Lust regte sich in ihm. Superwoman. Dr. Garrison. Sie brauchte weder sein Einkommen, noch seine Freunde noch seine gesellschaftliche Position. Mein Gott, sie brauchte nicht einmal seinen Namen. Er war
chronisch überflüssig in ihrem Leben, ein Schatten, ein Niemand. Aber jetzt war es anders. Sie schlang ihre Arme um ihn und klammerte sich fest.
    »Gehn wir ins Bett«, flüsterte er.
    Hannah ließ sich von Joshs Bett hochziehen, dann stützte er sie den Gang entlang zu ihrem eigenen Zimmer. Sie protestierte nicht, als er den Mantel von ihren Schultern streifte und ihren Hals küßte. Sie atmete schauernd aus, als er ihre Brüste mit seinen Händen umfing. Sie hatte sich die ganze Nacht so einsam gefühlt. Emotionell ausgesetzt. Im Exil. Dringend mußte ihr jemand sagen, daß er sie liebte und ihr zu verstehen geben, daß ihr verziehen war.
    Sie drehte den Kopf, und ihr Mund strich über seinen, lud ihn ein zum Kuß, hob sich seinen Lippen entgegen. Ihre Brüste drückte sie an seine, sie bäumte sich auf, als seine Hand sie am Ansatz der Wirbelsäule umfaßte. Ihr Verlangen verbrannte für einige Sekunden die Angst. Er ließ die Zeit stillstehen und bot eine Zuflucht. Hannah packte sie froh, gierig, verzweifelt. Sie zog Paul mit sich aufs Bett hinunter; sie wollte sein Gewicht auf sich spüren. Sie öffnete sich ihm, als er seine Erektion zwischen ihre Beine drückte, mußte ihn in sich spüren. Sie hielt ihn, während er sich wieder und wieder über ihr aufbäumte, wollte nichts als diesen Kontakt, die Illusion von Intimität. Als es vorbei war, schloß sie die Augen und rückte ihren Kopf an seine Schulter, in der Hoffnung, daß das Gefühl von Nähe trotz der schmerzlichen Leere in ihrem Inneren halten würde. Aber es funktionierte nicht, nicht einmal in dieser Nacht, in der sie sich so verzweifelt nach jemandem sehnte, an den sie sich klammern konnte.
    Was ist mit uns geschehen, Paul?
    Sie wußte nicht, wie sie ihn fragen sollte. Diese Distanz und Enttäuschung zwischen ihnen schien ihr unfaßlich. Sie waren so glücklich gewesen, das perfekte Paar, die perfekte Familie, der perfekte Erfolg der Hannah Garrison. Jetzt zerfiel ihr Leben wie ein billiger Wandteppich, und ihr Sohn war gestohlen worden. Gestohlen … geraubt … entführt. Gott, was für ein Alptraum.
    Mit diesem gräßlichen Gedanken schlossen sich ihre Augen. Die Erschöpfung gewann endlich die Oberhand, und sie tauchte unter in willkommener Finsternis.
    Paul spürte sofort, daß sie eingeschlafen war. Ihr Arm über seiner Brust wurde schlaff. Ihr Atem wurde ruhiger. Er lag da und starrte hinaus zum Oberlicht. Irgendwie kam er sich vor, als wäre er in einem
surrealistischen Theaterstück gefangen. Sein Sohn gekidnappt! Morgen um diese Zeit würde jeder im Land Josh Kirkwoods Namen kennen. Zeitungen würden sein Bild auf der Titelseite abdrucken, zusammen mit dem leidenschaftlichen Aufruf, den Paul um vier Uhr früh auf dem Parkplatz der Eishalle veröffentlicht hatte. Bitte, bringt mir meinen Sohn zurück!
    Josh. Josh. Josh.
    Seine Augen brannten, und trotzdem starrte er weiter in den Himmel. Das Spiel ging weiter. Akt Zwei. Seine Frau lag nackt in seinen Armen, nur einige Stunden nach seiner Geliebten. Über ihm hämmerten die Rotoren des Hubschraubers durch die Nachtluft.

5 Uhr 43, – 11 Grad
    Mitch stieg aus seinem Wagen, seine Augen schweiften automatisch zu der kleinen Gasse neben dem Haus, um sicherzugehen, daß dort keine Reporter lauerten; nach dem Debakel im Club war er immer noch etwas nervös. Er traute ihnen ohne weiteres zu, daß sie ihn verfolgten. Holt euch einen Schnappschuß von diesem Versager von Polizeichef, wie er seinen armseligen Arsch nach Hause

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