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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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mit Bordüren in Gold, Weiß und Rosa bemalt. Die Flammen zahlloser Votivkerzen flackerten Muster von Licht und Schatten über die Wände.
    Am Altar machte sich ein großer, bleistiftdünner Mann in Schwarz zu schaffen, ordnete Tücher und Kerzenleuchter. Megan nahm ihn ins Visier und marschierte den Mittelgang hoch: Es kostete sie einige Mühe gegen den Drang, das Knie zu beugen, anzukämpfen. Als Kind hatte sie weder Zuflucht noch Trost in der Kirche gefunden und ignorierte sie deshalb als Erwachsener 363 Tage im Jahr. Nur an Weihnachten
und Ostern kehrte sie dorthin zurück – sozusagen prophylaktisch.
    Der Mann in Schwarz blieb reglos stehen, während sie sich näherte, sein Blick so ernst und dunkel wie seine Kleidung. Dem Aussehen nach war er etwa sechzig. Er hatte schütteres braunes Haar mit einem Hauch von Silber an den Schläfen. Mit auf den Tisch gestemmten Händen stand er da, den Mund mißmutig verzogen. Sein Gesicht war so schmal, daß er magersüchtig aussah. Megans Nackenhaare stellten sich auf, und sie sprach ein kleines Gebet für die Pfarreimitglieder von St. Elysius für ihren Mut, dieser grimmigen Autorität jeden Sonntag unter die Augen zu treten. Er sah aus wie einer von der Sorte, die glaubten, Selbstgeißelung wäre eine angemessene Strafe für Pupsen in der Kirche.
    Sie hielt ihren Dienstausweis hoch, als sie die Treppe hinaufstieg. »Agent O’Malley, BCA. Ich würde gerne mit Ihnen über Josh Kirkwood reden, Hochwürden.«
    Der Mann runzelte die Stirn. »Die Polizei war bereits hier.« »Ich mache die Nachbefragung«, sagte Megan ruhig. »Soweit ich informiert bin, hatte Josh gerade seinen Dienst als Ministrant hier in St. Elysius begonnen. Wir versuchen uns ein Bild von Joshs Alltag zu machen und reden mit allen Erwachsenen, denen vielleicht eine Änderung seines Verhaltens in letzter Zeit aufgefallen ist oder denen gegenüber er irgendwelche Ängste erwähnt hat.«
    »Und lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn ihrer ist das Himmelreich.« Der Klerikale zitierte diesen Satz aus Matthäus mit so dramatischer Stimme, daß die Damen mitten im Rosenkranz steckenblieben. Die Vorbeterin warf ihm einen giftigen Blick zu. »Wir haben für Josh gebetet«, sagte er jetzt mit gedämpfterem Organ. »Ich erinnere mich nicht, Sie gestern abend beim Gottesdienst gesehen zu haben.« Er kniff die Augen zusammen, der tadelnde Ton war perfekt.
    Megan mußte sich auf die Zunge beißen, um nicht automatisch um Verzeihung zu bitten. Vierhundert Menschen hatten sich zu diesem Gebet in der Kirche versammelt. Sie konnte sich nicht vorstellen, daß er jedes Gesicht registrierte. Trotzdem sagte sie: »Nein, ich war nicht in der Kirche, sondern draußen bei den Cops und habe mich an der Suche beteiligt.«
    »Sein Schicksal liegt in den Händen Gottes. Wir müssen darauf vertrauen, daß der Herr ihn heimführt.«

    »Ich bin seit sieben Jahren Polizistin, Hochwürden, und vertraue Gott ungefähr so weit, wie mein Sehvermögen reicht.«
    Er wich entsetzt zurück, als begännen ihr Laser aus dem Kopf zu wachsen. Megan rechnete fast damit, daß er sie gleich mit dem Finger durchbohren und ›Ketzerin‹ schreien würde. Er rang nach Luft, die bedrohlich in seiner Kehle rasselte. Die Rosenkranzriege verstummte und sah sie mit offenem Mund an.
    Die Spannung wurde jäh von den fröhlichen Weisen eines Gameboy unterbrochen. Alle Köpfe drehten sich in Richtung Sakristei, wo ein interessanter Mann in den Dreißigern sichtbar wurde, den Kopf über den Apparat gebeugt. Breite Schultern sprengten schier die Nähte eines Notre-Dame-Sweatshirts. Seine beigen Cordhosen waren zerknittert, und er trug Cowboystiefel. Das Lied endete mit einer Reihe von Piepsern, er machte eine Faust und flüsterte: »Jawohl, zwölf-einundfünfzig!«
    Megan vermutete, daß ihn wohl die ominöse Stille den Kopf heben ließ. Er blinzelte die versammelten Menschen durch seine goldgeränderte Brille an. Eine leichte Röte überzog sein Gesicht, und er schaltete das Spiel aus.
    »Störe ich etwa?« flüsterte er, und sein etwas verwirrter Blick landete auf Megan.
    »Agent Megan O’Malley, BCA«, stellte sie sich automatisch vor. »Ich brauche ein paar Minuten von Pater McCoys Zeit.«
    »Oh? Na schön. Ich bin Pater Tom McCoy.«
    »Aber …« Megan warf einen Blick auf den hageren Alten.
    McCoy runzelte die Stirn. »Albert, danke, daß Sie Miss O’Malley in meiner Abwesenheit unterhalten haben.« Er nahm Megans Arm, sanft aber

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