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Sündenfall: Roman (German Edition)

Sündenfall: Roman (German Edition)

Titel: Sündenfall: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Lipska
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Bezirks geschaffen. Die Behörden – ganz zu schweigen vom Kunden, einem ziemlich unzufriedenen russischen Milliardär – suchten noch immer nach ihm. Slawek verzog empört das Gesicht.
    »Ein Fehler macht noch keinen schlechten Bauarbeiter«, rief er den Flur hinunter, während sich die Aufzugtüren hinter Janusz schlossen.
    Drei Stockwerke tiefer stieg eine Gruppe lachender junger Männer mit Werkzeugen und Farbeimern zu. Janusz sah, dass sie alle ultrakurze Haare hatten, ein Zeichen für den kürzlich abgeleisteten Militärdienst. Viele junge Polen gingen noch freiwillig zum Militär, obwohl die Wehrpflicht im vergangenen Jahr abgeschafft worden war.
    Beim Anblick des älteren Mannes wurden die Jugendlichen still und nickten Janusz zu. »Dzie ń dobry, Panu «, begrüßten sie ihn respektvoll. Gute Jungen, dachte er, doch schon wenige Sekunden später sorgten ihr Stimmengewirr, die Enge des Aufzugs und die Wand in seinem Rücken dafür, dass sich das vertraute Angstgefühl in seiner Magengrube wieder meldete. Sein Atem wurde flach, und der Geruch nach Lösungsmitteln schien ihm die Luft aus der Lunge zu saugen.
    Während der Aufzug weiterfuhr, blickte der größte der Männer Janusz grinsend an, und dieser hatte plötzlich das mulmige Gefühl, sein jüngeres Selbst vor sich zu sehen. Die noch unfertigen Züge, die schlaksigen Gliedmaßen und die leichtsinnige Zuversicht. Im nächsten Moment stand ihm ohne Vorwarnung ein anderes, noch unwillkommeneres Bild vor Augen: Izas sommersprossiges Gesicht, als sie lachend die Treppe der Universität hinunterlief. Er kniff die Augen zu und schob die anderen Erinnerungen beiseite.
    Die behelmte Phalanx der ZOMO -Milizen, die durch den Schneesturm vorrückten. Das widerwärtige Klatschen der mit Blei gefüllten Knüppel auf menschliche Körper.
    Inzwischen ging Janusz’ Atem stoßweise. Er drückte auf den Knopf für das nächste Stockwerk und drängte sich, eine Entschuldigung murmelnd, an den überraschten Jungen vorbei zur Tür. Die restlichen fünf Stockwerke hinunter in die Vorhalle legte er im Laufschritt zurück. Draußen auf der Straße atmete er in tiefen Zügen die kühle Frühlingsluft ein.
    Kurwa ma ć ! Warum nur dieser Ansturm junger Polen, die ihn ständig an die Vergangenheit erinnerten?
    »Verdammte Ausländer«, sagte er, woraufhin ihn eine alte Dame, die an der Bushaltestelle wartete, erstaunt ansah. Janusz unterdrückte ein Grinsen und nuschelte eine Entschuldigung.
    Während Janusz die mit Kreide auf eine Tafel geschriebene Speisekarte studierte, schnupperte er die köstlichen Düfte, die aus der Küche des Cafés heranwehten.
    »Panu?« , fragte das blonde, mondgesichtige Mädchen hinter der Theke und zückte Papier und Stift.
    »Ist der bigos bei euch hausgemacht oder aus der Dose?«, fragte er, worauf sie tat, als wolle sie ihm eine Kopfnuss geben. Er duckte sich grinsend und ging mit einem Glas Zitronentee – echter, nicht dieses fiese Zeug aus Pulver – zu dem einzigen freien Tisch am von Küchendünsten beschlagenen Fenster.
    Das Polska Kuchnia – die Polnische Küche – befand sich zwar fast einen Kilometer von der Olympiabaustelle entfernt, war aber stets gut besucht, da sich die Bauarbeiter in ihrer zementfleckigen Arbeitskleidung hier an den schweren, sättigenden Gerichten ihrer Heimat gütlich tun konnten: pierogi , go łą bki , flaki . Diese Männer waren es, die die Blaupausen der Architekten Wirklichkeit werden ließen: das Stadion, das Velodrom, das olympische Dorf und die hoch aufragenden Apartmenthäuser, die rings um das zweihundert Hektar große Gelände aus dem Boden schossen.
    Das junge Paar, dem das Lokal gehörte, hatte versucht, es gemütlicher einzurichten als die üblichen Imbissbuden im East End: Es gab karierte Tischdecken, bunte Brotkörbe und sogar einen Krokus in einem Marmeladenglas auf jedem Tisch. Janusz fand, dass man sich hier fast wie in einem kleinen Restaurant im Tatra-Gebirge fühlen konnte, wären die vorbeirumpelnden Lastwagen nicht gewesen.
    Als das Mädchen gerade seinen Jägereintopf servierte – und er sah wirklich lecker aus, weil nicht nur das übliche Schweinefleisch und kie ł basa aus dem Sauerkraut lugten, sondern auch Scheiben gebratener Ente –, flog die Tür zur Straße auf: Oskar, wie er leibte und lebte.
    Der gedrungene Mann hatte schütteres Haar und eine breite Brust. Er sah sich, offenbar streitlustig, im Café um, bis er seine Opfer gefunden hatte – eine Gruppe junger Männer, die

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