Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)
die Kontrolle zu behalten, als das schwarze Wasser mit unglaublicher Heftigkeit und
Kraft
um das Auto gurgelte.
Aber dann war sie durch.
Verflucht, da sah man mal, wie leicht es einen erwischen konnte. Merrily testete die Bremsen und atmete schwer aus, während der Moderator Colin im Radio verkündete, dass wahrscheinlich noch vor dem Feierabendverkehr auch der wichtige Belmont-Kreisverkehr in Hereford gesperrt werden würde. Er klang richtig begeistert. Aber das war es bestimmt nicht, was Frannie Bliss gemeint hatte, als er zu Merrily sagte, sie sollte Radio hören.
Sie hatte ihn auf seinem Handy angerufen, nachdem Jane zum Bus gegangen war.
«Kein guter Moment gerade, Madam», sagte Bliss.
Er sprach sie nicht mit Namen an, weil er im Büro der Kripo saß. Verständlicherweise hatte Bliss nie gern Reklame für seine Arbeitsbeziehung mit der Diözesanexorzistin gemacht.
«Könnten Sie mich vielleicht zurückrufen, Frannie? Ich wollte Sie etwas fragen.»
«Ja, hab ich auch schon gehört.»
«Was könnte Ihr Kollege vom Geheimdienst wohl in Ledwardine zu tun haben?»
«Wann?»
«Gestern Abend. Bei der Gemeindeversammlung wegen der Steine auf Coleman’s Meadow. Offensichtlich ist er als Letzter hereingekommen, hat sich hinten in die Nähe der Tür gesetzt und war als Erster wieder draußen.»
«Keine Ahnung, ich gehöre nicht zu seinen Intimfreunden. Vielleicht hat er sich in Ledwardine ein Ferienhaus gekauft. Verdienen schließlich gutes Geld, die Komiker. Haben gewisse Lohnzulagen.»
«Ich wusste gar nicht, dass er noch in der Gegend ist. Ich dachte, er wäre wieder in London oder wo die ihre Zentrale haben.»
«Entschuldigung», sagte Bliss, «aber ich muss los. Ich rufe zurück, wenn ich es schaffe, okay?»
«Ist was passiert?»
«Stellen Sie das Radio an», hatte Bliss gesagt. «Dann hören Sie’s schon irgendwann.»
In den Verkehrsmeldungen wurde vor heftigen Überschwemmungen östlich von Bromyard gewarnt, was für Merrily noch zum Problem werden konnte. Sie musste in den nächsten Tagen dorthin, um Lols Weihnachtsgeschenk abzuholen. Länger konnte sie es nicht aufschieben, denn kurz vor den Feiertagen würde sie garantiert keine Zeit mehr dafür haben. Außerdem brauchte sie noch Ruhe, um sich zu überlegen, wie sie die Mitternachts-Meditation am Heiligabend einführen sollte.
Es gab immer Probleme, wenn man in einem Dorf etwas Neues machen wollte.
«Und falls Sie selbst durch die Überschwemmungen Probleme haben, rufen Sie uns an … unsere Leitungen sind den ganzen Tag und an allen Feiertagen geschaltet»
, sagte Colin im Radio.
Weihnachten. Warum verblasste der Glanz immer mehr, je näher das Fest kam? Warum gab es immer irgendeine verdammte Krise? Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen …
«… allerdings sind, wie Sie vermutlich in den Nachrichten gehört haben, die Überschwemmungen nicht das einzige Problem in Hereford. Die Polizei hat nach der grauenvollen Entdeckung eines menschlichen Kopfes bei der Ruine des Blackfriars-Klosters an der Widemarsh Street…»
Aha.
«… einen Teil des Stadtzentrums abgesperrt. Unsere Reporterin Arabella Finch ist vor Ort. Bella, was geschieht dort jetzt?»
Merrily fuhr langsamer. Sie war inzwischen in den westlichen Vorstadtgebieten von Hereford angekommen. Die Frauenstimme wurde in schlechter Qualität übertragen, vermutlich saß Bella in einem Übertragungswagen an der Straße.
«Colin, ich bin in einer der Querstraßen zwischen Widemarsh Street und Commercial Road, von denen aus man normalerweise die Ruinen des mittelalterlichen Blackfriars-Klosters sehen kann. Aber heute nicht. Der gesamte Bereich wurde von der Polizei abgeschirmt, und in der Cantilupe-Schule neben dem Kloster wurde eine Einsatzzentrale eingerichtet. Für zwölf Uhr ist eine Pressekonferenz angekündigt, bei der wir hoffentlich mehr erfahren. Bisher kann ich Ihnen sagen, dass der Kopf gestern Abend in der Nähe oder sogar auf der mittelalterlichen Betsäule im Rosengarten hinter den Klosterruinen gefunden wurde.»
«Da hat jemand bestimmt einen ordentlichen Schock gekriegt, Bella. Und das alles ist am verkaufsoffenen Abend geschehen, an dem sich in der Stadt die Weihnachtseinkäufer gedrängt haben, nicht?»
«Wie ich höre, waren wegen der Überschwemmungen nicht so viele Einkäufer da wie sonst, Colin, trotzdem wurden die Polizeiermittlungen dadurch erschwert. Mit so vielen Fußgängern in der Stadt war es sicher viel einfacher für den Täter, den Kopf
Weitere Kostenlose Bücher