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Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)

Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)

Titel: Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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einer Art selbstauferlegtem Sabbatical-Jahr. Ich habe in Amerika gearbeitet, als unerwartet mein Vater starb und mir …»
    «Oh, das tut mir leid.»
    «… eine Menge Kram zum Aussortieren hinterließ.» Er quittierte Merrilys Beileidsbekundung mit einer Geste. «Und genügend Geld, um zu überlegen, wo wir leben wollten.» Er verzog das Gesicht. «Ehrlich gesagt wäre es in London vermutlich ruhiger gewesen als hier, aber meine Frau … vielleicht hat sie das Landleben ja irgendwann satt. Oder ich gewöhne mich daran. Ich … denke über ein paar Ideen für ein neues Buch nach. Aber damit bin ich noch nicht weit genug, um darüber zu reden. Tut mir leid, das klingt ein bisschen …»
    «Ich wollte nicht neugierig sein.»
    «Nein, wirklich, Sie haben jedes Recht, neugierig zu sein. Es ist nicht fair, irgendwo aufzutauchen und den Geheimnisvollen zu spielen. Die Leute wollen wissen, mit wem sie es zu tun haben. Und das ist richtig so. Geheimnisse sind bloß Zeitverschwendung.» Er sah sie mit einem flüchtigen Lächeln an. «Und … also … wenn ich meine Frau richtig verstanden habe, sind Sie nicht einfach bloß Pfarrerin.»
    «Niemand ist
einfach bloß
irgendetwas, Mr. Winterson.»
    «Ich vermute, Sie reden nicht besonders gern darüber. Das ist verständlich.»
    «Nein», sagte Merrily. «Überhaupt nicht. Meistens ist es umgekehrt, und die Leute scheuen sich, mich danach zu fragen. Gehen wahrscheinlich davon aus, dass ich ein bisschen eigenartig sein muss.»
    «Das sind Sie ganz bestimmt nicht», sagte Mathew Stooke.
    Merrily sah beinahe vor sich, wie die glühenden Kohlen ausgelegt wurden, über die sie laufen sollte. Man konnte das Amt für spirituelle Grenzfragen natürlich auch auf eine Weise beschreiben, die einem sogar ein Atheist abkaufen würde … höchstwahrscheinlich. Wenn man es zum Beispiel mit Unausgeglichenheit und psychologischen Projektionen erklärte, die alles in die Nähe psychiatrischer Erkrankungen rückten.
    «Tja, irgendwer muss es eben machen», sagte Merrily.
    «Tatsächlich?»
    «Es gibt in jeder Diözese mindestens einen, manchmal auch ein Team. Wir sind uns der Sensationsgier der Medien sehr bewusst, das ist einer der Gründe, aus denen wir wenig darüber reden.»
    «Aber die Leute tratschen doch trotzdem, oder? Ich meine, hier im Dorf zum Beispiel.»
    «Manchmal.»
    «Aber vielleicht entsprechen Sie ja auch zu wenig der Vorstellung, die sich die Leute von einem Exorzisten machen.»
    «Mit einem großen schwarzen Hut und einer schwarzen Tasche? Das passt mehr zu den Jesuiten. Im Kino. Wenn man anfängt, überall etwas Dämonisches zu sehen, kann man schnell aus dem Gleichgewicht kommen. Im Grunde geht es meistens um Menschen, die sich von ihren … Lebensumständen bedroht fühlen. Man muss den Unterschied zwischen einer Geistererscheinung und einer vermeintlichen Geistererscheinung erkennen.»
    «Sie glauben also, es gibt für alles eine rationale Erklärung?»
    «Manchmal gibt es sie jedenfalls. Und dessen muss man sich bewusst sein. Aber, um mit Sherlock Holmes zu reden, wenn man erst mal sämtliche rationalen Erklärungen ausgeschlossen hat …»
    «Und gefällt es Ihnen?»
    Sie waren bei dem verzinkten Gatter angekommen, das den Weg zum Cole Hill versperrte. Diese Frage hatte ihr noch nie jemand gestellt.
    «Ich finde, es lohnt sich», sagte sie.
    «Und wenn Sie es mit jemandem zu tun haben, der glaubt, von einer … paranormalen Wesenheit heimgesucht zu werden, was genau tun Sie dann? Wie stellen Sie fest, ob derjenige die Wahrheit sagt? Oder jedenfalls das, was derjenige für die Wahrheit hält.»
    «Das hängt von den Umständen ab. Oft fange ich mit einem gemeinsamen Gebet an. Was sich zumeist als so sinnvoll erweist, dass man keine … weiteren Maßnahmen braucht. Und manchmal zeigt mir das Gebet, ob mir die Wahrheit gesagt wurde.»
    Das klang echt schwach, oder?
    «Aha», sagte er. «Die Macht des Gebets.»
    «Keine Sorge, ich werde Sie nicht fragen, ob Sie zum Gottesdienst kommen.» Merrily bremste sich. Sie hörte den Generator brummen, übertönt von Gelächter, spitzen Schreien und gespielten Protestrufen aus einem der Zelte. Ein paar dieser Archäologen mussten noch ziemlich jung sein. Vermutlich Studenten.
    «Kommen viele Leute in Ihre Gottesdienste, Merrily? Gegen den aktuellen Trend der ständig schrumpfenden Gemeinden?»
    «Auf dem Land ist es noch nicht so dramatisch. Die Leute vom Land sind immer näher an … Auf jeden Fall zähle ich sie nicht durch. Und nur

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