Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)
unter einem grünen Regenhut hervor finster an, der andere trug eine rote Wanderjacke, und sein Gesichtsausdruck schwankte zwischen gequält und beschwichtigend.
«Stimmt», sagte der Mann mit dem Hut, «wir wussten, dass die Grabung stattfindet, aber uns wurde
nicht
mitgeteilt, dass sie von einem Fernsehteam gefilmt wird, samt dem ganzen Mist, den das mit sich bringt. Und ich will hier keinen Ärger machen, aber ich bin hierhergekommen, um ein bisschen Ruhe und Frieden zu haben. Um zu arbeiten, verstehen Sie?»
«Was ich vollkommen … Ich verstehe Sie, und es tut mir leid. Aber wir sind durch dieses Wetter schon unheimlich weit hinter dem Zeitplan, und wir können es uns einfach nicht leisten, die Sache noch länger aufzuschieben. Ich meine, haben Sie auch nur die geringste Vorstellung davon», der Mann mit der roten Jacke deutete auf den Kran, «was so ein Ding an Miete kostet?»
«Bei allem Respekt, mein Freund, aber das ist nun wirklich nicht mein Problem.»
«Ich sage ja nur, dass wir vor Weihnachten
unbedingt
ein paar Tage im Kasten haben müssen. Und danach, das verspreche ich Ihnen, werden die meisten von uns für eine Woche weg sein und Sie in Ruhe lassen. Okay?»
«Woher nehmen Sie den Strom für die Beleuchtung und so?», fragte der Mann mit dem Hut.
«Wir haben Generatoren.»
«Also verlegen Sie keine Stromkabel, die aus der Weide herausführen? Haben Sie überhaupt offenliegende Kabel?»
«Warum? Gibt es da ein Problem?»
«Vergessen Sie’s.» Dann drehte sich der Mann mit dem Hut abrupt um. «
Oh
.» Beinahe wäre er mit Merrily zusammengestoßen. «Bitte entschuldigen Sie.»
«Das war meine Schuld. Sie konnten mich ja nicht kommen hören.»
«Nein, nein, es war meine … Entschuldigen Sie, aber wohnen Sie hier? Darf ich fragen, ob
Sie
von der Sache hier wussten?»
«Na ja, ich wusste davon», sagte Merrily, «aber ich glaube nicht, dass es eine öffentliche Bekanntmachung gab oder etwas in der Zeitung gestanden hat.»
«Wir geben vorher
nie
etwas an die Presse», sagte der Mann mit der roten Jacke. «Wir wollen hier schließlich kein Riesenpublikum herumstehen haben. Was sicher auch in Ihrem Interesse sein dürfte, Mr. …»
«Winterson.»
Merrily machte unwillkürlich einen Schritt zurück, während der andere sagte: «Ja, natürlich. Ich wollte noch vorbeikommen, um zu sehen, ob wir uns unterhalten können.»
«Wir unterhalten uns doch gerade.»
«Ich meinte vor der Kamera. Entschuldigen Sie, mein Name ist Mike Broderick. Ich bin kein Archäologe, sondern einer der Aufnahmeleiter von
Trench On
e. Wir versuchen immer, ein Interview entweder mit dem Besitzer des Grundstücks oder mit dem nächsten Nachbarn zu bekommen, um etwas über die jüngere Vergangenheit zu erfahren. Jetzt ist mir allerdings klargeworden, dass das in Ihrem Fall …»
«Hören Sie, Mike», Mr. Winterson wedelte ärgerlich mit den Händen, «machen Sie einfach weiter. Tun Sie, was Sie zu tun haben.»
«Also … danke. Wir werden Sie bestimmt nicht so stören, wie Sie befürchten, das kann ich Ihnen versprechen.» Mike Broderick zog dankbar ab und rief über die Schulter zurück: «Und wir haben die ganze Zeit einen Wachmann hier. Tag und Nacht. Und Sie können jederzeit überall herumlaufen, wenn Sie möchten. Uns auf die Finger schauen.»
«Das mache ich.» Mr. Winterson wandte sich an Merrily. «Ich muss mich für diese Szene entschuldigen. Ich muss geklungen haben wie einer dieser grässlichen Städter, die hierherziehen und sich dann über krähende Hähne und läutende Kirchenglocken beschweren.»
Er nahm seinen Hut ab. Er hatte keinen Bart, und sein ergrauendes Haar war kurz geschnitten. Und er wog garantiert keine hundertfünfzig Kilo. Er lächelte entschuldigend. «Elliot Winterson», sagte er und streckte Merrily die Hand entgegen. «Sie sehen total durchnässt aus.»
«Das wird langsam zum Normalzustand hier. Merrily Watkins.» Sie gaben sich die Hand. Seine war weder schlaff noch kalt. «Diese Fernsehleute bilden sich ganz schön was ein, oder?»
«Die glauben, sie könnten auf Wasser wandeln. Ich habe jahrelang als Journalist gearbeitet. Bei der Zeitung, als Schreiberling … Abschaum, wissen Sie? Die vom Fernsehen dagegen sind
Berühmtheiten
. Und das nutzen sie gründlich aus. Ich meine, haben Sie das gehört? Sie bieten den Nachbarn ein Fernsehinterview an, und schon lösen sich alle Beschwerden in Luft auf. Ich bin sicher, das klappt jedes Mal.»
Er sah sie an. Merrily hatte ihre Jacke
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