Sündenjagd: Deadly Sins 1 - Roman (German Edition)
Abschluss der Ausbildung war er immer noch kein Jäger gewesen. Er konnte sich für diese Aufgabe nicht entscheiden und ging fort. Es war so wie in der Musik: Manche können perfekt nach Noten spielen, machen aber dennoch keine Musik. Andere wiederum machen Fehler in ihrem Spiel, trotzdem ist ihre Musik wunderschön. Rafe konnte zwar Dämonen jagen, aber er besaß nicht diesen Urinstinkt, der einen Dämonenjäger auszeichnete.
Überall hatte er versagt, in St. John’s, in Olivet, in Santa Louisa. Zu alledem gefährdete er jetzt auch noch seine Freunde, die neuen und die alten, und riskierte das Leben Unschuldiger.
Er runzelte die Stirn. Wie konnte er das wissen? Wie konnte er wissen, was Pater Tucci zugestoßen war? Es war niemand im Raum – kein Geist –, warum war es dennoch so kalt?
Er atmete tief ein, bemerkte, dass die Kälte verschwunden war, und fragte sich, ob er sich das Gefühl nur eingebildet hatte, oder ob es Überbleibsel seiner Albträume waren, die seine Empfindungen vernebelten.
Er musste sich den Fragen von Anthony und Moira stellen. Er musste Verantwortung übernehmen.
ZWANZIG
You envy and you fear, so have no envy, no fear
JOSHUA RADIN, »No envy, no fear«
Moira kniff ihre Augen zu. Sie und Anthony hatten den nächsten Schritt immer wieder und wieder diskutiert. Sie hatte genug davon, untätig herumzusitzen.
»Lily wird sterben, wenn wir noch länger warten«, warnte sie Anthony und schaute sich besorgt in dem Hotelzimmer um. »Ihre Mutter ist eine Hexe, und wenn sie vergangene Nacht draußen auf den Klippen war, weiß sie ganz genau, was mit Lily passieren wird. Wenn du mir nicht dabei helfen willst, sie zu retten, werde ich es allein tun.«
»Was ist mit Rafe?«, fragte Anthony mit leiser, rauer Stimme und blickte hinüber zu der Tür, die zu seinem Zimmer führte. »Wenn er nicht im Koma gelegen hat, sondern mit einem Zauber belegt war …« Er runzelte die Stirn. »Ich habe sein Zimmer vor Dämonen geschützt.«
»Es gibt keinen unfehlbaren Schutz«, meinte Moira und verspürte ein klein wenig Sympathie für den Dämonologen, der sich Sorgen um seinen alten Freund machte. Der Gedanke, Rafe könnte wochenlang in einer durch Hexerei herbeigeführten Vorhölle gelitten haben, beunruhigte beide. »Außerdem sind Zaubersprüche wie Bakterien. Sie passen sich an, werden stärker und besiegen den herkömmlichen Schutz, so wie Bakterien resistent gegen Antibiotika werden. Ich weiß nicht, was sie getan haben, aber sie können ihn aus seinem Zimmer transportiert und sämtliche Amulette, die du ihm angelegt hattest, entfernt haben. Wir wissen es zwar nicht genau, aber wir müssen
davon ausgehen, dass sie etwas mit ihm gemacht haben. Aber warum?«
Anthony starrte auf die Tür. »Ich wünschte, ich wüsste es! Er ist nicht besessen, aber er ist auch nicht er selbst.«
»Er steht nicht unter einem Zauber«, überlegte sie.
Anthonys Aufmerksamkeit wanderte von Rafes Tür zu Moira hinüber. Sie fühlte sich unter seinem prüfenden Blick unbehaglich. Seine Miene war steinern und missbilligend. Sie wusste genau, was er dachte, und ihr Herz zog sich zusammen.
»Ich werde Lily holen«, eröffnete sie ihm leise. »Sollte sie nicht zu Hause sein, werde ich sie aufspüren.«
»Wie?«
»Durch ihren Freund. Jared weiß mehr, als er denkt. Aber ich brauche einen sicheren Ort, an den ich sie bringen kann.«
»Fahr mit ihr zu Skyes Haus.«
»Zum Sheriff? Bringst du Skye dadurch nicht in Schwierigkeiten? Immerhin entführe ich hier eine Minderjährige. Lily ist erst siebzehn. Ihre Mutter ist zwar eine Hexe, aber sie wird sich die Gesetze zunutze machen, wenn es ihr passt. Selbst wenn Lily mit mir kommen möchte, setzt du die Karriere deiner Freundin aufs Spiel.«
»Es gibt wichtigere Dinge als das.«
»Was ist mit Rafe? Ich kann ihn nicht dorthin mitnehmen, wir müssen aber zusammenbleiben. Wenn wir uns zu weit voneinander entfernen, schwächen wir uns.« Sie blickte sich im Hotelzimmer um, das um einiges netter war als das, was sie gewohnt war. »Vielleicht kann ich Lily hierherbringen, aber ich weiß nicht, wie sicher dieser Ort ist.«
»Du hast alles sorgfältig abgesichert …«
»Es ist ganz egal, wie gut ich diese Zimmer gegen Zauberei oder Dämonen abgesichert habe; es gibt andere Möglichkeiten, ihn – dich – und mich zu kriegen. Und Lily. Wir schweben alle in Gefahr; es ist nur eine Frage der Zeit. Das hat Fiona heute
Morgen sehr deutlich gemacht. Wir können Rafe
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