Sündenjagd: Deadly Sins 1 - Roman (German Edition)
Nicht, weil er ihr wehtun würde, sondern sie Gefahr laufen könnte, wenn sie sich bei ihm entspannte, nicht mehr ihre sieben Sinne beieinander zu haben, um sich auf das zu konzentrieren, was um sie herum passierte. Ohne ihren Schutzschild könnte sich das Böse einen Weg bahnen.
»Woher weißt du das, Moira?«
»Ich kann Leute gut einschätzen. Das hat mich eine ganze Zeit lang am Leben erhalten.« Jetzt guckte sie weg – unter dem Vorwand, noch etwas Wasser trinken zu wollen. Sie nahm die Flasche in die Hand, bemerkte, dass sie leer war, und stellte sie wieder hin. Was hätte sie darum gegeben, jetzt ein Guinness trinken zu können! Nicht den Mist, den es in Amerika in Flaschen gab, sondern ein frisch gezapftes aus einem Eichenfass zu Hause im irischen Kilrush!
Doch sie konnte weder nach Hause noch während der Arbeit trinken, die sie gerade rund um die Uhr in Anspruch nahm.
»Ich möchte nicht darüber sprechen«, erklärte er.
»Verflucht, Rafe, das wirst du aber müssen! Mein Leben ist ein verdammtes offenes Buch; fass dir ein Herz und spuck es aus! Was ist mit dir passiert? Was weißt du, außer dass du zwei Monate im Koma lagst?«
»Nun ja, es ist so – ich weiß Dinge, die ich an sich nicht wissen kann. Die ich nie gelernt habe. Ich weiß nicht, ob sie etwas mit mir im Krankenhaus gemacht haben. Ich weiß nicht, ob …«
»Ob was?«, bohrte Moira ungeduldig nach.
»Ob ich gefährlich bin! Ich brauche Antworten. Deshalb muss ich zurück ins Krankenhaus. Die Antworten sind dort. Bitte, glaub mir!«
Während er aufstand, durchzuckte eine Welle des Schmerzes sein Gesicht, doch ging er langsam weiter. Moira stand immer noch angelehnt am Schreibtisch, beobachtete ihn und kämpfte dagegen an, ihm zu helfen oder ihn trösten zu wollen. Wie die meisten anderen Männer von St. Michael strahlte auch Rafe
jene physische Präsenz aus. Sie wirkten nach außen ruhig, doch unter der Oberfläche brodelte ihre Energie. In ihrer ruhigen Intensität schwang Lebendigkeit und Bereitschaft für den Kampf mit. Sie waren Teil einer Welt, von deren Existenz und Gefahren, denen sie täglich ausgesetzt waren, die meisten Menschen nichts wussten, geschweige denn verstanden.
Er erzählte: »Als ich das Ritual oben auf den Klippen unterbrach, redete ich in einer Sprache, die ich nicht kenne. Ich wusste, was sie taten, obwohl ich mich in Dämonologie und Zauberkunst nur oberflächlich auskenne. Ich habe als Jäger versagt, als Seminarist versagt und bei den Männern in der Mission auch. Wozu bin ich denn nütze, wenn ich noch nicht einmal das Böse direkt vor meiner Nase erkenne? Ich dachte, hier in Santa Louisa meine Berufung gefunden zu haben, doch dann wurden meine Brüder ermordet. Psychisch gefoltert, abgeschlachtet und vor meinen Augen vergiftet. Vergiftet, weil ich verblendet war …«
Rafe brach den Satz ab und legte seine Hände an die Wand, den Rücken Moira zugekehrt. Sie erschauderte, doch ihre Stimme klang erstaunlich ruhig, als sie ihn fragte: »Benutzt du Zauberei?«
»Nein!«, rief er aus und wandte ihr sein Gesicht zu, das vor Schmerz blass und verzerrt war. »Nein«, wiederholte er. »Nicht bewusst, aber ich weiß nicht, wie ich sie aufgehalten habe – vielleicht hat Dr. Bertrand etwas mit mir gemacht, wodurch ich zu einem von ihnen geworden bin. Was, wenn ich alle in Gefahr bringe? Was, wenn ich derjenige war, der die Dämonen freigelassen hat?«
Jetzt ging Moira doch durch den Raum, legte ihre Hände auf Rafes Schultern und schüttelte ihn, wodurch er schwankte wie ein flatterndes Blatt im Wind, dabei war er mindestens fünfzig Pfund schwerer als sie.
»Daran sind Fiona und ihr Hexenzirkel schuld, nicht du! Geh
nicht so hart mit dir ins Gericht! Glaubst du etwa, wir wären alle perfekt? Wir machen alle Fehler! Jeder von uns hat schon mal richtig Mist gebaut. Wenn sie etwas mit dir angestellt haben, werden wir es herausfinden und ungeschehen machen.«
»Was, wenn sie mich benutzen? Für etwas, das ich noch nicht einmal verstehe! Ich kann nicht gegen etwas kämpfen, das ich nicht kenne.«
»Nun, eins kann ich dir versichern: Du bist weder besessen, noch stehst du unter einem Zauber. Wärst du verflucht, wüssten wir es durch das Zimmer hier.« Sie zeigte auf die Türen, Fenster und Lüftungsschlitze, die sie versiegelt hatte. »Das kannst du getrost ausschließen. Ich bin eine Hexe, Rafe. Ich wende zwar keine Zauberei an, doch kenne ich mich damit aus, weil ich so geboren wurde. Durch sie empfangen
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