Sündenkreis: Thriller (German Edition)
das geschickt haben könnte. Aber vielleicht klärt sich ja das Ganze gleich auf.« Lara griff nach der Plastikhülle, nahm die dünne Scheibe heraus und betrachtete sie von allen Seiten. Die DVD funkelte im Sonnenlicht wie flüssiges Silber.
»Halt!« Hubert hatte sich vorgebeugt. Seine Augen funkelten. »Erst die Sicherheit! Was, wenn uns jemand einen Virus oder ein trojanisches Programm schickt?«
»Was dachtest du denn, was ich gerade tun wollte?« Lara konnte ein entnervtes Seufzen nicht unterdrücken. Jetzt hielt Hubert sie auch schon für minderbemittelt. Sie rief das Schutzprogramm auf und schob die DVD in den Eingabeschlitz. Während das Programm die Daten checkte, dachte sie darüber nach, wer ihr den Datenträger geschickt haben mochte und was darauf sein würde. Vielleicht ließ Jo ihr Material von seiner aktuellen Recherche zukommen?
Im Index war nur eine Datei aufgelistet, mpg-Format, ein Film vermutlich. Keine Word-, keine Excel-Datei, keine Erklärungen. Misstrauisch klickte Lara auf das Symbol und wartete, dass der Film begann.
Der Media Player zeigte Schwärze. Dann wurde der Bildschirm grau, hellte sich weiter auf. Das Bild schärfte sich. In der Mitte materialisierte sich ein großer eckiger, mit gelblichem Stoff verhüllter Block, auf dem etwas lag. Ein Körper?
Lara beugte sich nach vorn und runzelte die Stirn. Dann stellte sie den Ton leise. Erst als Hubert hinter ihr zu reden begann, bemerkte sie, dass der Kollege inzwischen um den Tisch herumgekommen war und ebenfalls gebannt das Geschehen auf dem Bildschirm betrachtete.
»Oha! Das ist ja sehr interessant …« Hubert zog sich einen Stuhl heran und rollte damit neben Lara. »Kennst du die Personen auf dem Video?«
»Eine davon.« Lara starrte auf das verzerrte Gesicht des Mannes in Großaufnahme. Die beiden Gestalten neben ihm waren verfremdet, und auch über das Gesicht des Mädchens, das regungslos unter ihm lag, hatte jemand einen Unschärfe-Filter gelegt.
»Sieht nach einer Orgie aus. Wer ist denn der Typ auf dem Mädel?«
Lara hatte gerade eine scharfe Erwiderung auf der Zunge, als eine Stimme sie erstarren ließ.
»Was zieht ihr zwei euch denn da rein?« Tom stand mit einem fetten Grinsen hinter ihnen. Hubert und sie hatten ihn gar nicht hereinkommen gehört. »Pornos in der Arbeitszeit? Das geht entschieden zu weit.«
»Es ist nicht das, wonach es aussieht, Chef.« Hubert hatte sich mit seinem Stuhl halb herumgedreht. Auch er grinste. »Das hat Lara vorhin mit der Post bekommen. Von einem Informanten.«
»Aus dem Bordell? Gehört die Recherche im Rotlichtmilieu jetzt neuerdings auch zu deinen Aufgaben?« Ein maliziöses Lächeln umspielte die Lippen des Redaktionsleiters. Vor Laras Augen wallte roter Nebel.
»Eigentlich passt das nicht so ganz in dein Ressort, aber wenn ich es mir recht überlege …«
»Ich glaube, du verwechselst da etwas, Tom.« Lara bekam kaum noch Luft. Aber der Rest des Satzes musste nun auch noch heraus. »Nicht ich bin hier die Sexsüchtige, nicht ich mache mit Praktikanten rum.«
Hubert atmete scharf ein, während Toms Gesichtszüge in Zeitlupe entgleisten. Dann stieg eine tiefe Röte von seinem Hals aufwärts, färbte sein Gesicht purpurrot. Der Redaktionsleiter öffnete und schloss den Mund mehrmals, wobei er einem fassungslosen Karpfen glich. Die atemlose Stille in der Redaktion dehnte sich aus und zog sich wieder zusammen. Jetzt schüttelte sich Tom wie ein nasser Hund, dann keuchte er die nächsten Sätze heraus. »Sofort in mein Büro, Lara! Jetzt bist du wirklich einen Schritt zu weit gegangen!« Ohne eine Reaktion abzuwarten, drehte er sich auf dem Absatz um und rauschte hinaus. Die Stille hielt noch ein paar Sekunden an, dann setzte leises Getuschel ein.
Lara hob kurz die Augenbrauen und grinste dann Hubert an, der wie eine geschnitzte Figur neben ihr auf seinem Drehstuhl saß. Er erwiderte das Grinsen nicht, sondern schüttelte unmerklich den Kopf, als wolle er sie fragen, ob sie noch bei Sinnen sei. Lara lächelte stärker. Das Summen in ihrem Kopf war verschwunden.
»Das hättest du nicht sagen dürfen.« Hubert flüsterte.
»Es ist die Wahrheit.« Sie ließ die DVD aus dem Schacht gleiten, steckte sie in die Hülle zurück und nahm ihr Handy aus der Tasche. »Ich geh mal eben runter, telefonieren.«
»Hast du nicht gehört? Du sollst sofort zu Tom ins Büro kommen!«
»Das hat auch danach noch Zeit. Falls er fragt, ich bin in zehn Minuten wieder da.« Noch ehe Hubert antworten
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