Sündenkreis: Thriller (German Edition)
Mädchen hat gesagt, er wäre vor fünf Minuten weggefahren. Zu einer Probefahrt mit einer Kundin.« Romain Holländer nickte weise. Melinda war eine gute Spionin. »Als ich wissen wollte, ob es sich bei der Kundin um die Frau in dem gelben Mini-Cooper handelte, bekam ich zur Antwort, dass sie darüber keine Auskunft geben würde. Aber sie musste mir auch nicht darauf antworten. Es war auch so klar, dass Frieder mit der Journalistin weggefahren ist.«
»Weißt du, wo sie hinwollten?« Romain Holländer spürte, wie der Zorn sich in ihm regte.
»Nein.« Melinda Weiß sah auf. Ihre Augen waren verschleiert. »Ich habe überlegt, was ich tun soll. Da ich nicht wusste, wo die beiden hingefahren waren, bin ich in der Nähe des Autohauses geblieben. Kurz nach sechs kam Frieder dann zu Fuß zurück. Allein. Er hat seine Sachen geholt und ist hierhergefahren. Das war’s.«
»Das hast du sehr gut gemacht, Melinda.« Romain Holländer fixierte ihre Augen. Es war schade, dass die Frau nicht wusste, was Wörth mit der Journalistin besprochen hatte. Man konnte ihr eine Affirmation einpflanzen, den Mann in den nächsten Tagen weiter auszuhorchen. Er dachte an sein Vorhaben, Wörth zu hypnotisieren, und erwog, ihn sofort zur Rede zu stellen, entschied sich dann jedoch dagegen. Keine übereilten Schritte. Schließlich hatte er bereits vorgesorgt. Schon morgen würde sich das Blatt wenden. Mit einem zufriedenen Grinsen legte er Melinda die Hand auf die knochige Schulter und verabschiedete sich von ihr.
40
Liebe Lara,
entschuldige, dass ich Dich nicht angerufen habe, aber ich hatte keine Zeit. Ich bin da zufällig auf eine sehr brisante Angelegenheit gestoßen und werde ein paar Tage unterwegs sein.
Ich melde mich, sobald ich kann.
Jo
Lara kratzte sich an der linken Augenbraue. Von draußen strahlte die Morgensonne durch die nicht geputzten Redaktionsfenster. Der Drucker neben der Tür klackte leise. Ihr gegenüber nieste Hubert zweimal kurz, dann schnäuzte er sich.
Wann hatte Jo die Mail abgeschickt? Im Header stand: Datum 2. März, 23:40 Uhr.
Zu dieser Zeit war sie schon im Bett gewesen. Aber warum hielt er sich so bedeckt, was die »brisante Angelegenheit« anging, in der er recherchierte? Und seit wann schrieb Jo Mails in einem derart höflichen Ton? Sonst waren sie doch immer eher knapp. Lara dachte noch darüber nach, als die Tür aufschwang, Markus Lehmann mit einem Stapel Post erschien und ein leises »Morgen« in den Raum nuschelte. Ein unmerklicher Geruch nach Zigaretten schwebte ihm voraus. Rauchte der Praktikant jetzt auch?
»Hab was für Sie.« Langsam kam der junge Mann näher und sortierte dabei den Packen Papier in seinen Händen. Drei Schritte vor Laras Schreibtisch stolperte er, ließ einige Briefe fallen und fluchte leise. Lara verbiss sich ein Grinsen.
»Hier.« Im Aufrichten streckte Markus Lehmann die rechte Hand aus. Mit der Linken presste er den Rest der Post an seine Brust. Lara betrachtete den dicken Luftpolsterbrief, den der Praktikant ihr hinhielt. Ihre Hände weigerten sich, zuzupacken. Päckchen waren nie gut. Sie erinnerte sich noch bestens an die Pakete, die ein Serienkiller namens Martin Mühlmann vor anderthalb Jahren in die Redaktion geschickt hatte. Dies hier war nur ein Luftpolsterbrief, viel zu klein für einen abgetrennten Kopf, und trotzdem … Markus Lehmann schnaufte, räusperte sich und schob den Arm noch etwas weiter vor. »Bitte sehr. Er ist an Sie gerichtet: persönlich und vertraulich.« Jetzt griff Lara zu. Der Praktikant wandte sich hastig ab und stolperte hinüber zu Friedrich Westermanns Schreibtisch. Lara betrachtete den Adressaufkleber. Ein Computerausdruck. Der Absender fehlte.
»Etwas Schlimmes?« Hubert hatte sich zurückgelehnt und die Augenbrauen hochgezogen.
»Ich hoffe nicht.« Der Luftpolsterbrief war fest verklebt. Lara gab sich Mühe, das Etikett beim Aufschneiden nicht zu beschädigen. Vorsichtig schob sie die geschlossene Schere zwischen die Plastikbläschen und lugte in die Versandtasche. Als sie erkannte, was sich in dem Umschlag befand, atmete sie tief durch und ließ das Objekt dann auf den Schreibtisch gleiten.
»Hoho!« Huberts tiefer Bass dröhnte durch die Redaktion. »Ist das von einem Informanten?«
»Keine Ahnung. Es steht kein Absender darauf.« Lara spreizte den Umschlag auf und schaute nach einem Schreiben, das den Inhalt erklärte, fand aber nichts. »Sehr mysteriös.«
»Erwartest du denn etwas?«
»Nein. Ich wüsste nicht, wer mir
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