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Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Titel: Sündenkreis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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hievte die Marionette hoch, schlang den Arm um deren Taille und schwankte ob des Gewichts. Die Gliederpuppe lallte etwas und sackte dann zusammen. Die Gliederpuppe war ein betäubter Mensch. Beide setzten sich in Bewegung. Die Füße des Bewusstlosen knickten immer wieder ein, während der andere ihn vorwärtszerrte.
    Eine mächtige Tür schwang auf und gab den Blick auf eine Winterlandschaft im hereinbrechenden Abend frei. Das letzte Bild verschwamm im Flockenwirbel: Zwei einsame Männer, die einander untergehakt hatten, taumelten auf ein dunkles Auto am Straßenrand zu.
    »Geht’s dir gut?« Elsa Breitmann hatte den Kopf nach vorn gereckt. Ihre kurzsichtigen Augen schienen weiter hervorzustehen als sonst. »Du siehst aus, als hättest du den Teufel gesehen.«
    »N… Nein. Alles in Ordnung. Ich war in Gedanken. Ist dir auch so warm?« Den Teufel gesehen! Elsa Breitmann war näher an der Wahrheit, als ihr bewusst war. Laras Wangen brannten, als sie ein Papiertaschentuch aus der Packung nestelte und sich die Schweißperlen von der Stirn tupfte. »Ich glaube, ich komme in die Wechseljahre.« Sie gab ein dümmliches Lachen über ihren faden Scherz ab, und Elsa stimmte ein. »Manchmal bin ich so in meine Recherchen vertieft, dass ich um mich herum gar nichts mehr wahrnehme.« Eine wegwerfende Handbewegung. Die Kollegin nickte. Das kannte wohl jeder hier. Lara klappte ihren Organizer auf und suchte nach einer leeren Seite. Alles, was sie in der Redaktion in ihre Computer tippten, wurde gespeichert. Seit sie in der Vergangenheit mehrfach vergessen hatte, ihren USB -Stick abzuziehen, sodass Tom die Gelegenheit gehabt hatte, ihre inoffiziellen Aufzeichnungen zu durchforsten, war Lara wieder zu der konservativen Methode handschriftlicher Notizen zurückgekehrt. Hastig warf sie ein paar Worte auf das Papier, die Aufmerksamkeit auf die Umgebung gerichtet, doch niemand kümmerte sich um sie.
    »16.2.: zwei Personen (Männer?), Fleischklopfer, Blut?, Parkettboden, Cola, ›leichtgläubig‹, ›jeder nur sein Vergnügen‹, ›arroganter Dummkopf‹, ›für unverwundbar gehalten‹, ›Ausfahrt‹, dunkles Auto.«
    Lara schob den Organizer zurück in die Handtasche, atmete tief aus und versuchte, sich wieder auf ihren Artikel zu konzentrieren, als Elsas geflüstertes »Ach, Lara?« sie hochblicken ließ. Wieso flüsterte die Kollegin eigentlich? Sie waren allein im Raum. Wahrscheinlich hatte auch sie Bedenken, dass Markus Lehmanns Ohren besser waren, als er zugab. »Das hab ich vorhin vergessen: Etwas war da noch bei dieser ›Kirchenleiche‹.«
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis Laras Gehirn von den zwei Männern und dem blutbeschmierten Fleischklopfer zu der Frauenleiche in der Heuerswalder Kirche umgeschaltet hatte.
    Elsas Augenbrauen waren hochgezogen, die Augen weit aufgerissen. »Das hat übrigens auch der Typ von Leipzig live erzählt. Ich hab allerdings keine Bestätigung, dass das stimmt, deshalb kann ich es nicht schreiben.«
    »Was denn?« Lara flüsterte jetzt auch.
    »Etwas soll auf ihrer Stirn gestanden haben. Also auf der Stirn der toten Frau in der Kirche.«
    Laras Unterkiefer senkte sich in Zeitlupe.

15
    »Nimm Platz.« Romain Holländer zeigte auf einen der Sessel vor sich und setzte sich selbst in den anderen. Im Besprechungszimmer war es warm und still. Er ließ seinen Blick über die kleine Frau gleiten und lächelte dabei sein gütiges Lächeln. Melinda Weiß wirkte älter, obwohl sie erst vierzig war. Ihr Rock und die Bluse hatten die Farbe von altem Erbspüree. Die flachen Slipper waren abgetreten. Um ihren Mund hatten sich scharfe Falten eingegraben, rund um die Augen war die Haut zerknittert. Vom Haarefärben schien sie nichts zu halten, das braune Haar war von silbrigen Fäden durchzogen. Mit etwas Rouge, Make-up und einer Tönung hätte sie sicher attraktiver ausgesehen, aber Aussehen war nicht wichtig. Romain Holländer fand es gut, dass Melinda nichts auf äußere Attribute gab. Viel bedeutsamer war es doch, den Prinzipien der Gemeinschaft zu folgen. Die Kinder des Himmels beurteilten den Wert, den ein Mitglied für die Gemeinde hatte, nicht nach dem Aussehen.
    Romain vertiefte sein Lächeln und rückte etwas dichter an die Frau heran, sodass er ihre Schulter berühren konnte. Körperlicher Kontakt in den Momenten, in denen eine positive Atmosphäre herrschte, wurde »Ankern« genannt. Hatte man einmal eine bestimmte Berührung mit solch einem »Gutes-Gefühl-Anker« versehen, konnte man diesen

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