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Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Titel: Sündenkreis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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Elefanten erschien sofort vor dem inneren Auge.
    L. Ron Hubbard hatte das Verfahren »Reverie« genannt und behauptet, es sei das Ideal der entspannten Konzentration. Betrachtete man jedoch das Vorgehen, dann handelte es sich eigentlich doch um eine Hypnosetechnik mit anschließender Suggestion. Nur dass der Hypnotisierte nichts davon wusste.
    »Schau nun an die Decke.« Romain Holländer setzte noch einen Anker. Melinda Weiß atmete ruhig. Ihre Augen verdrehten sich nach oben. Schritt eins. Jetzt kam das Zählen. Er sprach mit ruhiger, monotoner Stimme. »Wenn ich von eins bis sieben gezählt habe, werden dir die Augen zufallen. Eins.« Kurze Pause. »Zwei.«
    Bei »fünf« schloss Melinda die Augen und bei »sechs« begannen ihre Lider zu zittern – das Zeichen optimaler Hypnose. Romain Holländer vertiefte die Trance noch ein paar Minuten lang, dann begann er mit der Suggestion. Melinda Weiß bekam den Auftrag, Frieder Wörth in den nächsten Tagen unauffällig auszufragen: Wo ging er hin? Zum wem? Wie oft? Die Antworten sollte sie notieren und in Briefumschlägen verstauen, die sie allabendlich vor der Eingangstür zu seinen Räumen im Obergeschoss deponieren würde. Weigerte sich der Mann, ihr zu erzählen, was er vorhatte, sollte sie versuchen, ihm unauffällig zu folgen, die Observation jedoch sofort abbrechen, wenn er Verdacht schöpfte. Entdeckte Frieder Wörth seine Verfolgerin, würde sie sich mit ihrer Sorge um ihn herausreden und zur Not auch ihre Verliebtheit gestehen. Romain Holländer zog den rechten Mundwinkel hoch. Es amüsierte ihn, sich vorzustellen, wie die hausbackene Frau ihrem Angebeteten hinterherschlich und im Anschluss alles brühwarm aufschrieb. Er sprach mit monotoner Stimme weiter. »Sobald du deine Beobachtungen notiert hast, vergisst du alles, was du gesehen und gehört hast. Du wirst es auch niemand anderem anvertrauen. Es wird so sein, als hättest du es nie erlebt. Du wirst es erst erzählen, wenn ich dich danach frage. Das Kennwort ist Quarzkristall .« Er wiederholte es zweimal. »Quarzkristall« würde wohl kaum jemand unabsichtlich zu ihr sagen. »Sobald du es hörst, fällt dir wieder ein, was du beobachtet hast, und du wirst mir jedes Detail berichten, als sei es eben erst geschehen. Hast du das verstanden?« Ihr Kopf wippte leicht von oben nach unten, die Augenlider flatterten. Die neurolinguistische Botschaft war eingepflanzt.
    »Am Sonnabend nach der Speisung kommst du zu mir und wir sprechen über die Angelegenheit. Ich werde mich um das Problem kümmern, sei unbesorgt. Und nun wirst du auf mein Zeichen hin erwachen und dich wunderbar frei und erholt fühlen. Alles, was wir in diesem Raum besprochen haben, hast du bei eins vergessen. Alles – vergessen – bei – eins.« Romain Holländer zählte langsam rückwärts. Die Frau im Lehnstuhl vor ihm atmete tief ein und aus. Die Lider zitterten stärker, der Körper straffte sich, dann seufzte sie. Bei »eins« öffnete sie die Augen.
    »Wie fühlst du dich?« Er sah ihr ins Gesicht. Melina Weiß’ Blick war klar, sie wirkte gelöst.
    »Wunderbar.« Sie fragte nicht, was in der letzten halben Stunde passiert war. Ihrer Ansicht nach hatten sie ein entspanntes Gespräch über alltägliche Belange der Kommune geführt.
    »Das freut mich.« Ein letzter Ankergriff nach ihrer Schulter. »Es war ein gutes Gespräch.«
    Romain Holländer erhob sich und gab damit das Zeichen, dass das Plauderstündchen beendet war.
    Er sah der Frau nach, wie sie beschwingt hinausging. Dieser Wörth wuchs sich allmählich zu einer Gefahr aus. Romain Holländer nahm sich vor, den Mann in den nächsten Tagen ebenfalls einer Reverie zu unterziehen und ihn ein bisschen auszuhorchen.

16
    Das Schrillen des Weckers bohrte sich in Laras Kopf wie ein geschraubter Metallsplitter. Sie tastete mit geschlossenen Augen nach dem Störenfried und schob den Arm schnell wieder unter das Federbett. Jeden Morgen das gleiche Theater. Ihre Augen weigerten sich, sich zu öffnen, der Körper weigerte sich, das warme Bett zu verlassen, ihr Kopf weigerte sich, die Tatsache zu akzeptieren, dass sie Frühdienst hatte. Sie gab sich noch fünf Minuten. Von draußen drang kein einziger Laut herein. Schwerelose Stille. Mit einem Ruck schwang Lara die Beine aus dem Bett, setzte sich auf und tastete mit geschlossenen Augen nach ihren Hausschuhen. Die Kälte zwickte in ihre nackten Fußsohlen, bis die Füße das weiche Filzgewebe gefunden hatten. Sich die Augen reibend, marschierte

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