Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Titel: Sündenkreis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
Vom Netzwerk:
zu bewegen, hatte er aufgegeben. Die Kellertür quietschte in den Angeln. Er schleppte die bewusstlose Frau hinein, ließ sie keuchend auf den Boden sinken und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    *
    »Ist er schon zurück von der Schule?« Die dürre, großgewachsene Frau bejahte.
    »Ich möchte mit ihm sprechen. Lass ihn zu mir ins Besprechungszimmer kommen.« Romain Holländer sah Gerlind Westfal nach, ehe er sich umdrehte, um sich in den Besprechungsraum zu begeben. Sie stakte wie ein Storch die breiten Stufen zur Eingangshalle hinab.
    Oben war es still. Nicht ein Laut drang zu den breiten Fenstern herein. Er genoss die Abwesenheit aller Farben, straffte sich und rief sich die schmale Gestalt seines Besuchers ins Gedächtnis. Der Junge hatte in den letzten Monaten abgenommen. Man würde seine Suggestionen erneuern müssen. Manchmal verblichen sie mit der Zeit, vergaß das Gehirn die Botschaften. Es klopfte.
    »Prinzipal?« Gerlind Westfal nickte ihm zu und schloss dann die Tür von außen. Romain Holländer blieb unbeweglich sitzen, die Beine locker übereinandergeschlagen, die Hände gefaltet, und musterte den Gast. Nach einigen Sekunden des Schweigens deutete er neben sich. »Nimm Platz.« Der Junge kam zögerlich näher, setzte sich auf die Kante des weißen Sofas und schaute geradeaus.
    »Sieh mich an. Ich möchte mit dir sprechen.« Marcel Wörth drehte langsam den Kopf. Romain Holländer sprach mit schleppender Stimme. »Entspanne dich. Entspanne dich. Es wird dir nichts geschehen. Ich möchte nur mit dir reden.« Die Schultern des Jungen sanken nach unten. »Sieh mir in die Augen. Du fühlst dich wohl.«
    Es dauerte mehrere Minuten, bis der Junge in einen Trancezustand geriet, deutlich länger, als Romain Holländer gedacht hatte, aber er hatte sich den Kleinen auch längere Zeit nicht vorgenommen. Erst als die Lider des Jungen zu flattern begannen und er an die Lehne des Sofas sank, den Kopf nach hinten geneigt, versetzte Romain ihn an einer anderen Ort und begann mit der Befragung. Frieder Wörth hatte sich einem Gespräch mit dem Prinzipal seit Tagen entzogen, so als ahne er, dass dieser ihn ausfragen wollte. Jetzt war er zur Arbeit, und Romain Holländer hatte beschlossen herauszufinden, ob sein Sohn etwas wusste.
    »Wie läuft es in der Schule?«
    »Nicht so gut. Ich muss mir mehr Mühe geben.«
    »Und zu Hause? Vermisst du deine Mutter?«
    »Sie ist eine Hure.« Während er dies sagte, schüttelte Marcel Wörth den Kopf. Zwei Tränen quollen unter den halbgeschlossenen Lidern hervor.
    »Wer sagt das?«
    »Vater.«
    Romain Holländer beschloss, nicht weiter nachzufragen. Anscheinend war Frieder Wörth noch immer so wütend auf seine Frau, dass er sogar seinen Sohn dazu brachte, sie zu verachten. Und das verringerte die Wahrscheinlichkeit, dass er sich an den Abenden, an denen er das Haus verließ, mit ihr traf.
    »Sei ruhig, Marcel. Alles ist gut. Du fühlst dich wohl und bist glücklich.« Der Junge entspannte sich wieder.
    »Liebst du deinen Vater?« Jetzt nickte der Junge träge. Natürlich liebte Marcel Wörth seinen Vater. Geschwister hatte er keine, den Kontakt zu den Großeltern hatten sie vor langer Zeit abgebrochen. Der Vater war die einzige Person, die dem Kind noch geblieben war.
    »Und er kümmert sich um dich?«
    »Ja.«
    »Abends auch?«
    »Nicht immer.«
    »Manchmal geht er weg und lässt dich allein?«
    »Wenn er denkt, ich schlafe.« Der Junge schluckte.
    »Wohin geht er?«
    »Das weiß ich nicht. Er glaubt, ich merke es nicht.«
    »Morgens ist er wieder da?«
    »Ja.«
    »Was hat er an, wenn er weggeht?«
    »Das, was er immer trägt.«
    »Nimmt er etwas mit? Eine Tasche, andere Dinge?«
    »Ich glaube nicht.« Marcel Wörth runzelte die Stirn. »Seine Brieftasche. Den Schlüssel für die Pforte.«
    Romain Holländer betrachtete das weiche Gesicht und überlegte, ob er die falschen Fragen stellte. Andererseits wusste er auch nicht, was er sonst noch fragen sollte.
    »Wann kommt er denn morgens immer zurück?«
    »Ich weiß nicht genau. Wenn ich aufwache, ist er wieder da.«
    »Bringt er dann etwas mit?«
    »Nein.«
    Das führte zu nichts. Das Kind hatte keine Ahnung, wo der Vater hinging, was er dort tat und wann er zurückkehrte. Romain Holländer beschloss, die Befragung zu beenden. Er würde dem Jungen neben der Verstärkung bereits vorhandener Suggestionen noch den Befehl implantieren, den Vater genauer zu beobachten und alle Abweichungen vom normalen Tagesablauf zu

Weitere Kostenlose Bücher